Dossier

Zehn Niederlagen Von Kirchhof bis Klima

Stoiber bekam zwar den Vortritt - verlor aber die Wahl.

Stoiber bekam zwar den Vortritt - verlor aber die Wahl.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Ob das "Wolfratshausener Frühstück" oder der Fehlgriff Paul Kirchhof - Merkels Karriere ist mit einigen Niederlagen gepflastert. Wahlen zählen in der zehnjährigen Amtszeit als CDU-Chefin auch dazu.

Kanzlerkandidatur 2002

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber lud die CDU-Chefin Angela Merkel 2002 in seinen Heimatort in den Freistaat ein. Beim "Wolfratshausener Frühstück" einigten sich die beiden darauf, dass Stoiber bei der bevorstehenden Bundestagswahl als Spitzenkandidat den Vorzug bekam. Merkel hatte ihr Interesse, Bundeskanzlerin zu werden, zuvor zwar mehrfach bekundet, musste wegen fehlender Unterstützung dem CSU-Politiker aber den Vortritt lassen.

Votum für den Irakkrieg

2003 hagelte es harte Kritik für Angela Merkel als Oppositionsführerin. Sie unterstützte die Pläne des US-amerikanischen Präsidenten George W. Bush, der in den Krieg gegen den Irak ziehen wollte. Die rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder war gegen diese Pläne. Schröder nutzte die Aussagen Merkels, um sich als Friedenspolitiker darzustellen. Merkel gewann mit ihrem Kurs zwar die Anerkennung der Diplomaten, verlor jedoch an Zustimmung in der Bevölkerung.

Kirchhofs Einheitssteuer-System

Merkel holte 2005 als Bundeskanzlerkandidatin den ehemaligen Verfassungsrichter Paul Kirchhof in ihr Schattenkabinett. Der Jurist aus Heidelberg hatte ein vereinfachtes Steuersystem entwickelt, das Merkel unterstützte. Darin ging es vor allem um das Prinzip einer Einheitssteuer. Merkel erntete mit der Befürwortung dieses Systems Kritik aus allen politischen Lagern, die eigene Partei eingeschlossen. Der Hauptvorwurf: Das System sei in hohem Maße sozial ungerecht. Das Festhalten an Kirchhof wurde zusammen mit der "Kopfpauschale" schließlich maßgeblich für das schlechte Wahlergebnis verantwortlich gemacht.

Die "Elefantenrunde" 2005

Die Runde mit den Spitzenkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien wurde am Wahlabend 2005 zur "Gerd-Show". Noch-Kanzler Gerhard Schröder haute einen flapsigen Spruch nach dem anderen raus, fiel den Moderatoren ins Wort und benahm sich äußerst überheblich - obwohl er in den Hochrechnungen bereits hinten lag. Zu einer möglichen Kanzlerschaft Merkels sagte er: "Wir müssen die Kirche doch mal im Dorf lassen". Angela Merkel war auf solche Attacken nicht vorbereitet, sie hatte dem vor Selbstherrlichkeit überschäumenden Schröder nichts entgegenzusetzen. Kanzlerin wurde sie trotzdem.

Der Steinbach-Streit

Die Errichtung der Bundesstiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" sorgte für Streit mit Polen. Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach war und ist die maßgebliche Antriebskraft hinter den Plänen. Die polnische Regierung wirft ihr jedoch vor, die Verbrechen der Nationalsozialisten an der polnischen Bevölkerung relativieren zu wollen. Als Steinbach einen Sitz im Beirat der Stiftung übernehmen wollte, ist Polen erbost. Merkel stellte sich hinter Steinbach - und musste mit viel Geschick die Wogen in Polen glätten.

Treffen mit dem Dalai Lama

Im Herbst 2007 traf sich Merkel mit dem Dalai Lama und sicherte ihm dabei Unterstützung bei seinen Bemühungen um die Wahrung der kulturellen Identität Tibets zu. Die deutsch-chinesischen Beziehungen erlebten einen Tiefpunkt, diverse Dialoge wurden unterbrochen. Es blieb Außenminister Frank-Walter Steinmeier überlassen, die Wogen zu glätten. Nach einer deutschen Zusage, Unabhängigkeitsbestrebungen Tibets oder Taiwans nicht zu unterstützen, erklären Steinmeier und sein chinesischer Kollege den Konflikt im Januar 2008 für beendet.

General Motors übergeht Merkel

Im Sommer 2009 war die Bundeskanzlerin gerade auf dem Weg zum Washingtoner Flughafen, als sie von der Nachricht überrascht wurde, dass General Motors nun doch nicht mehr beabsichtigte, sich von der deutschen Tochter Opel zu trennen. Merkel hatte vehement für die Übernahme von Opel durch den Zulieferer Magna und die russische Sberbank geworben - sie hatte dafür sogar den Rücktritt ihres neuen und populären Wirtschaftsministers riskiert. Die Nachricht war ein Affront für die Kanzlerin - keiner ihrer amerikanischen Gesprächspartner hatte eine Andeutung gemacht. Der Groll saß tief. Im November sagte sie in ihrer Regierungserklärung, GM sei über Monate nicht in der Lage gewesen, "seiner Verantwortung als Mutterkonzern gerecht zu werden".

Rekordtief bei der Bundestagswahl 2009

Mit nur 33,8 Prozent erreichte die Union unter Angela Merkel bei der Bundestagswahl 2009 ihr zweitschlechtestes Ergebnis in der Nachkriegszeit. Dass es trotzdem für die erklärte Wunschkoalition mit der FDP reichte, lag einzig daran, dass diese einen historischen Stimmzuwachs verzeichnete - und die SPD unter Frank-Walter Steinmeier regelrecht abstürzte.

Keine Klima-Kanzlerin

Der Weltklimagipfel in Kopenhagen war eine absolute Null-Ergebnis-Konferenz. Die Aufgabe bestand im Dezember 2009 darin, ein Nachfolgeabkommen des auslaufenden Kyoto-Protokolls zu entwickeln. Außer einer schwammigen Vereinbarung, die nicht einmal alle Teilnehmer unterzeichnen, kommt es in der dänischen Hauptstadt zu keinem Resultat. "Blamage der Klimakanzlerin", schreibt die "Süddeutsche Zeitung". Doch eine Klimakanzlerin ist Merkel schon lange nicht mehr.

Poker statt Bildung

Ende des Jahres 2009 musste Bildungsministerin Annette Schavan eine Pressekonferenz absagen. Sie wollte dort die Ergebnisse des vorangegangenen Bildungsgipfels präsentieren - und leider gab es keine. Merkel konnte sich mit ihren Ministerpräsidenten nicht auf ein einziges konkretes Projekt im Bildungssektor einigen. Stattdessen stellte sie den Ministerpräsidenten ein paar Milliarden zusätzlich in Aussicht - ab 2015. Damit sicherte sie sich die Zustimmung zu dem hoch umstrittenen Wachstumsbeschleunigungsgesetz.

Quelle: ntv.de

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