BND im Kosovo Wer hat hier wen vorgeführt?
29.11.2008, 14:21 UhrAm Tag der Beendigung der mysteriösen BND-Aktion im Kosovo gibt es immer mehr Fragen ohne Antworten. Wer hat wen in der Öffentlichkeit vorgeführt, lautete am Samstag die Kernfrage. In Deutschland zitieren Medien Geheimdienstler und Politiker mit der Kritik, Berlin habe sich vom Kosovo international lächerlich machen lassen. Und das, obwohl Deutschland einer der wichtigsten politischen Fürsprecher und der größte Geldgeber für den erst seit neun Monaten selbstständigen Ministaat ist.
Im Kosovo selbst reibt man sich verwundert die Augen, wie einfältig und sorglos die Agenten vorgegangen sind. Sie wurden jedenfalls am Ort des Bombenanschlags auf Kosovo-Hauptquartier der EU festgenommen. Was wollten sie dort? Warum hatten sie nicht bemerkt, dass sie wochen- oder sogar monatelang von Spitzeln der Kosovo-Behörden beschattet wurden? Die Kernaufgabe des BND im Kosovo ist der Schutz der deutschen Soldaten in der internationalen Schutztruppe KFOR und die Einschätzung der Sicherheitslage. Doch das deutsche Hauptquartier liegt weitab von Pristina in Prizren.
Auch deutsche Hinweise, die Schlapphüte hätten Informationen über die Verstrickung führender albanischer Politiker in die organisierte Kriminalität sammeln wollen, sind nur wenig einsichtig. Denn im Kosovo gibt es durch die kriegerische Geschichte kaum "saubere" Politiker, auf die das Ausland setzen könnte. Schon seit Jahren gilt als Allgemeinplatz, dass Regierungschef Hashim Thaci und Ramush Haradinaj als einer seiner Vorgänger mächtige Clanchefs sind, die tief in der organisierten Kriminalität stecken. Dutzende andere Spitzenpolitiker sollen es ihnen gleichtun.
Eine Abrechnung mit dem BND, weil auch der deutsche Auslandsgeheimdienst darauf hingewiesen hatte? Das wäre eine sehr kurzsichtige Aktion der Führung des Kosovos gewesen. Denn sie hatte öffentlich beteuert, sie wolle sich nicht mit Deutschland anlegen, von dem man gerade jetzt beim Start der umstrittenen EU-Kosovo- Mission (EULEX) jede Unterstützung benötigt.
Dass die Kosovo-Führung zurückgerudert ist, könnte auch das Auftauchen der bisher unbekannten paramilitärischen "Armee der Republik Kosovo" belegen, die sich plötzlich zu dem Anschlag bekannte, der eigentlich den deutschen Schlapphüten vorgeworfen wurde. Eine solche Organisation existiere überhaupt nicht, sagte Agim Ceku jetzt. Er sollte es wissen, war er doch jahrelang Chef der Kosovo-Streitkräfte und Ministerpräsident.
Inoffiziell heißt es, die Regierung habe auf die Justiz Druck ausgeübt, die drei Deutschen freizulassen, um den Schaden zu begrenzen. Doch das mit dem Fall befasste Kreisgericht habe demonstrieren wollen, dass genau die Kriterien eingehalten werden, die vom Ausland gebetsmühlenartig verlangt werden: Das bisher oft politisch beeinflusste, parteiische und korrupte Justizsystem arbeite jetzt dank westlicher Hilfe nach rechtsstaatlichen Standards.
Quelle: ntv.de