Der Niedriglohnbereich Zahlen und Fakten
12.06.2007, 16:06 UhrDie große Koalition ringt schon seit langem um die Neuregelung des Niedriglohnsektors. Die SPD dringt auf Mindestlöhne, die Union lehnt sie als "Arbeitsplatz-Killer" ab.
Daten zur Niedriglohn-Debatte
2004 waren laut Arbeitsministerium 18,4 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Niedriglohnsektor tätig. Das waren rund 3,6 Millionen Arbeitnehmer, davon 70 Prozent Frauen. Drei von vier Niedriglohn-Beschäftigten haben eine Ausbildung oder ein Studium absolviert. Über eine Million der Beschäftigten verdienen so wenig, dass sie zusätzlich Arbeitslosengeld II erhalten, um ihren Lebensunterhalt zu decken. Laut Statistischem Bundesamt liegen die niedrigsten Tariflöhne in Ostdeutschland bei 3,82 Euro pro Stunde für Friseure und bei 4,38 Euro für Beschäftigte des Wach- und Sicherheitsgewerbes. Im Westen betragen die Mindesttarife in diesen beiden Branchen 5,78 und 6,28 Euro je Arbeitsstunde. Für Beschäftigte des Bundes liegen die untersten Tariflöhne bei 7,59 (West) und 7,02 Euro (Ost). Die Gewerkschaften fordern einen gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro.
Mindestlohn
Er stellt eine untere Lohngrenze dar, die nicht unterschritten werden darf, und wird durch Gesetz oder Vereinbarung der Tarifparteien festgelegt. Im ersten Fall gilt er flächendeckend und branchenübergreifend, im zweiten Fall für die Beschäftigten der jeweiligen Branche. Der Mindestlohn soll dafür sorgen, dass in Branchen, in denen es entweder gar keine oder nur extrem niedrige Tariflöhne gibt, Lohndumping ein Riegel vorgeschoben wird. Die SPD hat dafür einen so genannten Auffang-Mindestlohn vorgeschlagen, der bei bundesweit 6 Euro bis 6,50 Euro liegen soll.
Kombilohn
Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Niedriglohn und staatlichem Zuschuss. Die Zuschüsse werden an Arbeitgeber als Anreiz zur Einstellung von Erwerbslosen bezahlt oder an Arbeitslose als Anreiz zur Aufnahme einer auch gering entlohnten Beschäftigung. Verständigt hat sich die Koalition auf Kombilöhne für junge und ältere Arbeitslose. Ferner sollen rund 100.000 schwer Vermittelbare in geförderte Beschäftigung gebracht werden. Kritiker warnen vor Missbrauch: Ohne Mindestlohn-Regelung könnten Arbeitgeber durch Kombilöhne zur Lohndrückerei ermuntert werden.
Allgemeinverbindlichkeitserklärung
Tarifverträge können auf zwei Wegen für allgemein verbindlich erklärt werden: a) wenn beide Tarifparteien im Tarifausschuss zustimmen. Dann gelten die Bedingungen dieses Vertrages für alle inländischen Arbeitnehmer. b) seit 1996 auch über das Arbeitnehmer-Entsendegesetz.
Arbeitnehmer-Entsendegesetz
Die darin enthaltene Mindestlohnverordnung kann der Bundesarbeitsminister für die im Gesetz aufgeführten Branchen allein erlassen, und zwar ohne Mitwirkung des Tarifausschusses. Zunächst galt die Regelung nur am Bau, kürzlich wurde die Gebäudereinigerbranche einbezogen, mit einem Mindestlohn von 7,87 Euro im Westen und 6,36 Euro im Osten. Teile der Union plädieren nun auch für eine Ausdehnung des Entsendegesetzes auf weitere Branchen. Über die Allgemeinverbindlichkeit soll aber das Bundeskabinett entscheiden, nicht der Arbeitsminister.
Verbot sittenwidriger Löhne
Die Arbeitsgerichte gehen schon jetzt gegen sittenwidrigen Lohnwucher vor, wenn Arbeitnehmer dagegen klagen. Die Rechtsprechung ist aber uneinheitlich. Häufig gelten Entgelte als sittenwidrig, wenn sie 30 Prozent unter Tariflohn oder ortsüblicher Bezahlung liegen. In einigen Urteilen wird sogar eine Unterschreitung um 50 Prozent akzeptiert. Die Union hat ins Gespräch gebracht, das Verbot sittenwidriger Löhne per Gesetz zu präzisieren.
Quelle: ntv.de