Ral Castro ist Präsident ... ... aber Fidel regiert Kuba
24.02.2009, 13:31 UhrEr werde sich endgültig aufs Altenteil zurückziehen und sich auf den Tod vorbereiten, hat Kubas Revolutionsführer Fidel Castro erst im Januar der Weltöffentlichkeit mitgeteilt. Er wolle sich im übrigen auch nicht mehr in die aktuelle Politik seiner Nachfolger einmischen, beteuerte er. Doch im Augenblick scheint Fidel Castro das alles vergessen zu haben.
Bereits vor genau einem Jahr, am 19. Februar 2008, hatte Fidel Castro (82) endgültig darauf verzichtet, noch einmal das Präsidentenamt zu übernehmen. Er hatte es 47 Jahre ausgeübt, bis er am 31. Juli 2006 wegen einer Darmoperation die Amtsgeschäfte vorübergehend in die Hände seines Stellvertreters und Bruders Ral (77) legte. Nur wenige Tage nach seinem Verzicht, am 24. Februar 2008, machte die Nationalversammlung Ral endlich zum Präsidenten Kubas.
Alle pilgern zu Fidel
Doch im Augenblick ist Fidel wieder sehr aktiv. Während Ral zu den neuen und alten Verbündeten in Russland, Angola und Algerien reist, um alte Freundschaften wieder aufzufrischen, hat er wieder angefangen zu schreiben. Er macht Vorhersagen und gibt Ratschläge an die Besucher. Denn als wollten sie ihm ein letztes Mal nahe sein, pilgern die Präsidenten Lateinamerikas nach Kuba, um vielleicht doch noch ein letztes Mal von Fidel empfangen zu werden.
Doch Fidel wählt aus und gewährt bei weitem nicht jeden die Gunst einer Zusammenkunft. Ein Foto mit Fidel ist in diesen Tagen eine besondere Auszeichnung für die Besucher aus Lateinamerika. Neben den politischen Erben in Venezuela, Bolivien und Nicaragua, durften zuletzt nur zwei Frauen zu ihm: Christina Fernndez de Kirchner aus Argentinien und die chilenische Präsidentin Michelle Bachelet.
Fidels Bedeutung in Kuba bis zu seinem letzten Tag steht außer Frage. Schon in seiner ersten programmatischen Ansprache vor dem kubanischen Parlament bat Ral Castro die Deputierten um deren Einverständnis, dass er sich in für das Land lebenswichtigen Fragen mit dem "Genossen Fidel" beraten werde. Nur zögernd kündigte er - dem öffentlichen Druck nachgebend - harmlose Wirtschaftsreformen an, die das karge Leben der Kubaner verbessern könnten.
Wann übergibt Fidel Castro die Macht?
Niemand außer Fidel selbst ist offensichtlich in der Lage zu sagen, wann der Zeitpunkt für den tatsächlichen Übergang der Macht gekommen ist. Und so leben die Kubaner weiterhin in der (Un)Gewissheit, dass bei aller Zurückhaltung Fidels immer noch dieser selbst bestimmt, wie es mit Kuba weitergehen soll. Der revolutionäre Kurs wird beibehalten, es wird trotz des möglichen Frühlings in den Beziehungen zu den USA keine politischen Zugeständnisse geben. Kuba ist allenfalls bereit, Dissidenten aus dem Gefängnis zu entlassen, im Austausch gegen fünf kubanische Spione, die in einem US-Gefängnis sitzen, als seien die eigenen Oppositionellen Kriegsgefangene. Darauf hat er seine Nachfolger immer wieder verpflichtet.
So hat sich im Inneren die Lage in Kuba offensichtlich eher verschärft. Hoffnungen auf politische Freiheiten hatten die Castros stets eine Absage erteilt. Um die Opposition ist es in den vergangenen Monaten noch stiller geworden. Drei Hurrikane und die Verteuerung von Lebensmitteln haben der Antilleninsel zudem schwer zugesetzt. Und so wurde der zaghafte Versuch, mit kleinen Reformen die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung zu verbessern, erstickt. Das an Devisen arme Land muss mehr als eine Milliarde Dollar für Lebensmittelimporte aufbringen.
"Historische Schmach"
Fidel Castro befasste sich indessen mit den Problemen anderer Länder. Als die chilenische Präsidentin am vergangenen Samstag mit seinem Segen und einer Reihe von Wirtschaftsabkommen auf dem Weg nach Santiago war, schrieb Castro in einem Kommentar, es sei eine "historische Schmach", dass Chile einst Bolivien den Zugang zum Meer genommen habe. Als Bachelet in Santiago landete, musste sie vor allem die Scherben ihres historischen Kuba-Besuches einsammeln. Denn die Chilenen jedenfalls sind seit Tagen empört über die Einmischung Castros in den Konflikt zugunsten Boliviens.
Quelle: ntv.de, Franz Smets, dpa