Dossier

Kommunistische Partei Chinas feiert 90 Jahre Verbrechen und Erfolge

Der Kommunismus spielt in weiten Teilen der Welt keine Rolle mehr. In China ist die Kommunistische Partei dagegen weiter an der Macht. Zu ihrer Geschichte gehören Revolution, Verbrechen und ökonomische Erfolge.

China feiert das 90-jährige KP-Jubiläum.

China feiert das 90-jährige KP-Jubiläum.

(Foto: REUTERS)

Kommunistische Parteien haben es in diesen Zeiten schwer. In Europa fristen sie ein Schattendasein; in den meisten Ländern sind sie nicht in den Parlamenten vertreten. In den USA spielen Kommunisten überhaupt keine Rolle. Im größten Teil der Welt wird von einem Auslaufmodell gesprochen. Die Unfähigkeit der Kommunisten, in den Industriestaaten auf Veränderungen in der Wirtschafts- und Sozialstruktur zu reagieren, wird dabei als Grund angeführt. Der Platz für die Kommunisten sei der Müllhaufen der Geschichte, heißt es lapidar. Als derzeitiges Negativbeispiel wird gerne die Demokratische Volksrepublik Korea - besser bekannt als Nordkorea - angeführt. Die dortige ökonomische Rückständigkeit und politische Unterdrückung durch die seit 1948 herrschende Kim-Dynastie gilt als abschreckendes Beispiel einer Herrschaft durch eine kommunistische Partei.

Auch in anderen Ländern schlug das kommunistische Experiment fehl. Ende der 1980er Jahre implodierten die sowjetischen Satelliten in Europa. Ende 1991 hauchte auch die Sowjetunion selbst ihr Leben aus - die Politik der allein herrschenden KPdSU hatte den künstlich zusammengezimmerten Vielvölkerstaat in die Sackgasse geführt. Das sowjetische Imperium ist Geschichte.

Mao Zedong ruft 1949 die Volksrepublik China aus.

Mao Zedong ruft 1949 die Volksrepublik China aus.

(Foto: AP)

Dass Verallgemeinerungen falsch sind, zeigt das Beispiel China. Die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) begeht den 90. Jahrestag ihres Bestehens. Rund 80 Millionen Mitglieder hat sie derzeit; in diesen Tagen ertönen überall im Riesenreich revolutionäre Lieder beziehungsweise finden Aufmärsche statt. Seit der Gründung der Volksrepublik 1949 regiert die KPCh allmächtig über das bevölkerungsreichste Land der Erde. Unter ihrer Herrschaft wuchs China zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt. Die Partei hat mehrere gravierende Umbrüche hinter sich. Unter der Führung von Mao Zedong - er herrschte von 1949 bis 1976 über die Volksrepublik China - verloren Millionen Chinesen ihr Leben. Die Entwicklung sowohl Chinas als auch der KPCh war von schweren Fehlern und Verbrechen, seit 1980 aber auch von Erfolgen begleitet.

Gründung der Volksrepublik

Als die KPCh 1921 gegründet wurde, befand sich China im permanenten Bürgerkriegszustand. Nach dem Sturz der Mandschu-Dynastie 1912 war das Land eine Republik faktisch ohne funktionierende Zentralregierung. Von 1923 bis 1927 arbeiteten die Kommunisten mit der Chinesischen Nationalpartei (Kuomintang/KMT) zusammen an der Verwirklichung der Einheit Chinas. Der Tod von KMT-Chef Sun Yat-sen 1925, der für ein Bündnis mit der KPCh eintrat, und die Übernahme der Parteiführung durch Chiang Kaishek bedeutete einen Bruch der Zusammenarbeit. Von diesem Zeitpunkt an setzte die KP unter Maos Führung auf die alleinige Übernahme der Macht. Das blutige Ringen sollte noch mehr als 20 Jahre andauern. Mao rief 1949 die Volksrepublik China aus. Die Kuomintang konnte ihre Herrschaft nur auf der Insel Formosa – besser bekannt als Taiwan - behaupten.

Mao schwimmt 1966 durch den Jangtsekiang. Danach beginnt die "Kulturrevolution".

Mao schwimmt 1966 durch den Jangtsekiang. Danach beginnt die "Kulturrevolution".

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Die folgenden Jahre waren für Chinas keine Erfolgsgeschichte. Zu Beginn kooperierte Mao mit der Sowjetunion. So unterstützten beide Länder während des Korea-Krieges (1950-1953) den in arge Bedrängnis geratenen nordkoreanischen Machthaber Kim Il-sung. Mit dem Tod Josef Stalins und der Machtergreifung Nikita Chruschtschows 1953 verschlechterte sich das Verhältnis zwischen beiden kommunistischen Parteien und damit zwischen beiden Ländern. Chruschtschows Generalabrechnung mit dem Stalinismus auf dem XX. KPdSU-Parteitag wurde von Mao und seinem Gefolge scharf kritisiert. Die Kritik des sowjetischen KP-Chefs am Stalinschen Personenkult bedeutete eine Gefahr für Maos Macht, die auf denselben Prinzipien beruhte. Die sowjetisch-chinesischen Auseinandersetzungen fanden ihren Höhepunkt im Grenzkonflikt am Ussuri 1969.

"Großer Sprung" und "Kulturrevolution"

Mao sah sich selbst als kommender Führer der kommunistischen Weltbewegung. So betrieb er eine Politik ohne Rücksicht auf menschliche und materielle Verluste. Seine Politik des "Großen Sprungs nach vorn" von 1958 von 1961 endete im Desaster. In weiten Teilen des Landes herrschte Hungersnot. Zugleich festigte er mit allen Mitteln seine Macht innerhalb der KPCh. Sein Schwimmen durch den Yangtsekiang gab 1966 das Signal zur sogenannten Kulturrevolution. Mao holte zum großen Schlag aus, um pragmatische Parteikräfte wie Liu Shaoqi, Deng Xiaoping und andere aus den Ämtern zu jagen. Eine aufgeputschte Jugend war dabei das Werkzeug. Die auf Mao eingeschworene Volksarmee stand im Hintergrund Gewehr bei Fuß.

Deng Xiaoping führte China in die neue Zeit.

Deng Xiaoping führte China in die neue Zeit.

(Foto: picture-alliance / dpa)

Das Tragen der Einheitskluft durch die Chinesen kennzeichnete die Mao-Ära. Das große China war am Ende seiner Herrschaft ökonomisch immer noch ein Zwerg; der Lebensstandard der Menschen befand sich auf niedrigem Niveau. Dennoch wurde der noch unerschlossene riesige Markt für den Westen interessant. Noch zu Maos Lebzeiten gaben sich seine Staats- und Regierungschefs, das gespannte Verhältnis Chinas mit der UdSSR ausnutzend, in Peking die Klinke in die Hand. Politiker wie US-Präsident Richard Nixon (1972) oder auch Bundeskanzler Helmut Schmidt (1975) besuchten den nunmehr dahinsiechenden "Großen Vorsitzenden". China begann noch unter Mao, sich dem Westen zu öffnen. Ökonomisch gesehen war es ein richtiger Schritt. 

Deng setzt sich durch

Die KPCh überstand dank des auf die politische Bühne zurückkehrenden Deng Xiaoping die schwere Krise nach Maos Tod. Die Entmachtung der reaktionären "Viererbande" um die Mao-Witwe Jiang Qing machte den Weg in Richtung Modernisierung des Landes frei. Die Partei überstand die Richtungskämpfe in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre. Deng konnte sich gegen den schwachen KP-Chef Hua Guofeng durchsetzen.

Juni 1989: Panzer auf dem Pekinger Tiananmen-Platz.

Juni 1989: Panzer auf dem Pekinger Tiananmen-Platz.

(Foto: AP)

Der 1904 geborene Deng war ein ökonomischer Pragmatiker. "Unverrückbare Prinzipien sind wie Scheuklappen. Man sieht dann sehr wenig von der Wirklichkeit", sagte er einmal. Politisch rührte Deng allerdings die Allmacht der KPCh nicht an. Während er die chinesische Wirtschaft gegenüber dem Ausland öffnete und marktwirtschaftliche Instrumente einführte, blieb er politisch - immer in Sorge um die Einheit Chinas - ein Hardliner. Ökonomisch ging es mit China rasant bergauf. Forderungen nach demokratischen Reformen wurde allerdings mit staatlicher Gewalt begegnet. Im Juni 1989 ließ Deng auf dem Pekinger Tiananmen-Platz Panzer gegen demonstrierende Studenten rollen. Die Demokratiebewegung wurde blutig zerschlagen. KP-Generalsekretär Zhao Ziyang, der zu Diskussionen mit den Studenten bereit war, wurde des Amtes enthoben.

Unter Deng - er starb 1997 - verschwand nach und nach der Personenkult. Die KP-Führung trat nunmehr als Kollektiv auf. Das Amt des Generalsekretärs der KP Chinas wurde bereits unter Zhao-Nachfolger Jiang Zemin nicht mehr in dem Maße wie bislang hervorgehoben. Staatliche Funktionen wie Staatspräsident und Ministerpräsident erfuhren eine Stärkung. Der derzeitige Staatschef Hu Jintao ist - was selten erwähnt wird - gleichzeitig KP-Generalsekretär. Auch die Stellung des Regierungschefs - derzeit ist es Wen Jiabao - ist in den vergangenen 20 Jahren deutlich aufgewertet worden.

Ökonomischer Riese mit vielen Problemen

Derzeit sind Hu Jintao (links) und Wen Jiabao in Peking am Ruder.

Derzeit sind Hu Jintao (links) und Wen Jiabao in Peking am Ruder.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Unter Führung der KPCh ist China zu einer ökonomischen Großmacht aufgestiegen. 35 Jahre nach Maos Tod ist das Land nicht mehr wiederzuerkennen. Städte wie Shanghai wurden international beachtete Wirtschaftsmetropolen. Dennoch gibt es in einigen Landesteilen gravierende soziale Probleme, die den Herrschenden in Peking Kopfzerbrechen bereiten, weil sie unter anderem auch ihre Macht bedrohen. Millionen Menschen leben noch in Armut. Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst. Steigende Preise unter anderem für Lebensmittel bergen weiteren sozialen Zündstoff. In lokalen KP-Ebenen herrscht Korruption, deren Bekämpfung der Führung bis heute nicht gelungen ist. Die Menschenrechte werden nach wie vor mit Füßen getreten. Öffentliche Hinrichtungen finden in China noch immer statt. Regimekritiker wie der Künstler Ai Weiwei werden entweder inhaftiert oder unter Hausarrest gestellt. Dennoch verbucht die Volksrepublik auch Erfolge: So ist es eine große Leistung, dass China seine 1,3 Milliarden Menschen überhaupt ernähren kann.        

Auch außenpolitisch stärkt China immer mehr seine Stellung. Vor allem in Afrika bauen die Chinesen ihren Einfluss aus. Bei der Lösung der Korea-Dauerkrise liegt der Schlüssel in Peking. Ohne Chinas Mitarbeit gibt es kein weitreichendes Ergebnis in Umweltfragen. Kurzum: Es kann kein gravierendes globales Problem mehr ohne die Volksrepublik, und damit ohne die Kommunistische Partei Chinas, gelöst werden.

Quelle: ntv.de

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