Dossier

"Demokratische Revolution" Morales regiert Bolivien weiter

Nach inoffiziellen Ergebnissen bleibt Evo Morales an der Macht. Bolivien erfährt damit einen weiteren Linksruck - ganz zum Ärger der "Weißen" und Reichen.

Alter und neuer Präsident: Evo Morales.

Alter und neuer Präsident: Evo Morales.

(Foto: picture alliance / dpa)

Evo Morales hat nach inoffiziellen Ergebnissen der Präsidenten- und Parlamentswahl vom 6. Dezember in den kommenden fünf Jahren von den Wählern freie Bahn für seine "demokratische Revolution" erhalten. Für den 50-Jährigen stimmten Prognosen zufolge etwa 63 Prozent der Wähler. Aber auch im Senat, der ihm während der ersten Amtszeit das Leben schwer gemacht hatte, erzielte seine Bewegung zum Sozialismus (MAS) nach diesen Angaben eine Zweidrittel-Mehrheit. Damit kann der 2005 zum ersten Indio-Präsidenten des südamerikanischen Armenhauses gewählte frühere Koka-Bauer bis 2015 ohne Rücksicht auf die konservative Opposition regieren. Aber auch für Misserfolge gibt es dann keine Ausreden mehr.

Noch im vergangenen Jahr ging in Bolivien das Gespenst eines Bürgerkrieges um. Das Land war tief gespalten in Ost und West, in Stadt und Land, in Anhänger und Gegner von Evo Morales. Davon ist heute kaum noch etwas zu spüren. Morales sitzt nach seiner ersten Amtszeit fester denn je im Sattel, und die zersplitterte Opposition hat ihm nur wenig entgegenzusetzen. Sein stärkster Herausforderer, der ehemalige Militär Manfred Reyes Villa, kam nach den vorläufigen inoffiziellen Angaben mehrerer Meinungsforschungsinstitute nur auf 23 bis 25 Prozent.

Morales kann wieder in Santa Cruz landen

Die Anhängerschaft des linksgerichteten Präsidenten wuchs unterdessen sogar in der Provinz Santa Cruz im Osten des Landes. Dort liegt das wirtschaftliche Herz des Binnenstaates. Dank hoher Investitionen in die Landwirtschaft und verarbeitende Industrie erwirtschaftet die Region fast ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts des ganzen Landes.

Morales hatte diese bis vor kurzem rebellische Provinz zu einem Schwerpunkt seines Wahlkampfs gemacht. Mit einem Traktor tourte er durch die Provinzhauptstadt. Im vergangenen Jahr während des von der rechten Opposition organisierten Aufstandes gegen Morales wäre das undenkbar gewesen. Damals konnte der Staatschef wegen der Unruhen nicht einmal in Santa Cruz landen.

"Weiße" gegen Stärkung der Indio-Mehrheit

Aber die "weiße", wohlhabendere Minderheit steht dem von Morales betriebenen Umbau der Gesellschaft zugunsten der seit langem benachteiligten Indio-Mehrheit immer noch überwiegend ablehnend gegenüber. Der größte Erfolg des Präsidenten war die Durchsetzung einer neuen Verfassung. Bei der Stimmabgabe kündigte Morales denn auch an, dass dieses neue Grundgesetz ihm eine weitere Kandidatur für eine dritte Amtszeit ab 2015 bis 2020 erlaube.

Morales kommt seine in langen Jahren der Gewerkschaftsarbeit erworbene Fähigkeit zugute, hochgesteckte Ziele zu formulieren und sich diesen dann pragmatisch und kompromissbereit anzunähern. Auch die Verstaatlichung der Erdöl- und Erdgasindustrie und die Verteilung von Land an Bauern schreibt sich die MAS als Erfolg auf die Fahnen. Ausländische Investoren wendeten sich daraufhin jedoch von Bolivien ab.

Wasserknappheit als zukünftiges Problem

Die künftige Regierung wird auch mit ganz anderen Problemen zu kämpfen haben. So warnte die Umweltorganisation Oxfam International, der Klimawandel werde zu extremer Wasserknappheit im westlichen Hochland mit La Paz, dem Sitz der Regierung, führen. Grund ist das Abschmelzen der Gletscher in den Anden, die bisher das Trinkwasser für die bevölkerungsreichsten Regionen lieferten. Das starke Bevölkerungswachstum erschwert zudem die Bekämpfung der Armut, unter der Schätzungen zufolge immer noch etwa 60 Prozent der 9,8 Millionen Bolivianer leiden. Das Durchschnittsalter beträgt nur knapp 22 Jahre. In Deutschland liegt es hingegen bei fast 44 Jahren.

Quelle: ntv.de, Jan-Uwe Ronneburger, dpa

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