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Der Kommentar Chance für Große Koalition

Es ist so gut wie sicher. Das BKA-Gesetz wird scheitern, nachdem die sächsische SPD ihre Minister in der Koalitionsregierung darauf festgelegt hat, der Vorlage im Bundesrat nicht zuzustimmen. Auch wenn es in den Ländern noch keine Kabinettsbeschlüsse gibt, ist nicht zweifelhaft, dass sich FDP, Grüne und Linkspartei dort, wo sie mitregieren, darauf berufen werden, dass sich das Land der Stimme enthält, wenn sich die Koalitionspartner nicht einig sind. Den Rechts- und Innenpolitikern der Großen Koalition in Berlin wird damit eine Chance eingeräumt, nämlich die Chance, noch einmal nachzudenken.

Rund zwei Jahre haben die Minister und Experten von CDU/CSU und SPD miteinander verhandelt. Sie haben alle Warnungen in den Wind geschlagen, und Kritik kam beileibe nicht nur vom linken Rand des politischen Spektrums. Staatssekretär a.D. Hansjörg Geiger steht als früherer Chef des Verfassungsschutzes, dann des Bundesnachrichtendienstes nicht im Verdacht, von pathologischem Staatsmisstrauen befallen zu sein. Es bleibt unverständlich, dass die Autoren des Gesetzes nicht seine Anregung aufgegriffen haben, einen Bürgerbeauftragten einzusetzen, der unterrichtet wird, wenn das BKA einen Späh- oder Lauschangriffe startet oder im Geheimen einen Computer durchsucht.

Es liegt auf der Hand, dass der Betroffene nicht informiert werden kann, wenn der Präsident des BKA in eiligen Fällen einen solchen Angriff anordnet. Sonst könnte sich das BKA die ganze Operation sparen. Aber weil der Ausgeforschte nichts erfährt, kann sich auch nicht wehren, und niemand ist da, der der an seiner Stelle die Rechte des betroffenen Bürgers schützt. An dem Gesetz ist manches problematisch. Hier legt ein grundsätzlicher Fehler.

Es ist nicht zu befürchten, dass das BKA massenhaft Bürger ausforschen will. Dort arbeiten gesetzestreue Beamte. Zudem ist der Aufwand solcher ihrem Charakter nach geheimdienstlichen Operationen eine Bremse. Aber auch gewissenhafte und gesetzestreue Beamte können irren, und Übereifer ist auch bei Ermittlern und Strafverfolgern kein unbekanntes Phänomen. Der Einwand liegt nahe: Wer sich nichts zu Schulden kommen lässt, hat auch nichts zu befürchten. Rolf Lamprecht hat 30 Jahre lang in Karlsruhe die Justiz beobachtet. Er nennt ihn eine "Lebenslüge der Juristen".

Quelle: ntv.de

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