Kommentar zu Guttenberg Der Freiherr steht ohne Kleider da
11.05.2011, 13:32 Uhr
Bewusst getäuscht: Guttenbergs Verteidigungslinie ist nach dem Bericht der Universität nicht mehr zu halten.
(Foto: REUTERS)
Der Bericht der Universität Bayreuth ist eine schallende Ohrfeige für Guttenberg. Der ehemalige Verteidigungsminister ist nicht nur als Täuscher entlarvt. Auch seine sämtlichen Erklärungen fallen wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
Es sind einige wenige Sätze, die im Fall von Karl-Theodor zu Guttenberg ihre Wirkung entfalten: Guttenberg hat vorsätzlich getäuscht, seine Erklärungen sind nicht befriedigend, seine Doktorarbeit weist eine Fülle von Plagiaten auf – so beurteilt die Universität Bayreuth die Plagiatsaffäre um Guttenbergs Doktorarbeit. Der Bericht spricht eine eindeutige Sprache: Hier hat nicht einer den Überblick verloren, etwas schlampig gearbeitet, sondern es wurden bewusst falsche Tatsachen vorgespiegelt. Guttenberg muss sich von nun an gefallen lassen, als Lügner bezeichnet zu werden.
Das liegt nicht nur an den Plagiaten in seiner Doktorarbeit. Guttenberg hat die Affäre durch sein Verhalten nach Bekanntwerden der Vorwürfe erst richtig groß werden lassen. Bis zuletzt sprach der CSU-Politiker von einem "Missverständnis", gab sich als viel beschäftigten und deshalb überforderten Doktoranden, bestritt den Vorsatz der Täuschung, versprach bei der Aufklärung der Vorwürfe zu helfen und drohte Kritikern, die ihn des Plagiats beschuldigten, mit rechtlichen Schritten. Der Bericht der Universität Bayreuth lässt all das wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. Er zeigt, dass die schönen Kleider des Freiherrn eine Täuschung waren.
Fehler gibt er nicht zu
Die Hochschule nimmt Guttenberg seine Erklärungen nicht ab und weist zudem nach, dass sie nicht zu halten sind. Der rund 40-seitige Bericht entlarvt Guttenberg und weist zudem nach, wie groß die Diskrepanz zwischen seinen öffentlichen Erklärungen und den darauf folgenden Taten sind. Bei der Aufklärung der Vorwürfe helfen? Guttenberg verzichtete auf die Möglichkeit, sich persönlich vor der Kommission zu äußern und beschränkte sich auf ein paar dünne schriftliche Erklärungen. Man soll zu seinen Fehlern stehen? Selbst in seiner letzten Stellungnahme an die Universität bringt es Guttenberg nicht fertig, die Plagiate zuzugeben geschweige denn, sich konkret zu den einzelnen Vorwürfen zu äußern. Der Mann der sonst so klaren Worte, der auch unbequeme Wahrheiten aussprechen will, bedient sich bequemer Ausflüchte wie Fahrlässigkeit, Schlamperei und Dauerstress.
Es ist ein wichtiges Dokument, das die Universität Bayreuth vorgelegt hat. Wichtig deshalb, weil damit ein für alle Mal mit dem Mythos Guttenberg aufgeräumt wird und selbst seine treuesten Anhänger einsehen müssen, dass der begabte und beliebte Politiker für seinen Doktortitel zum Betrüger wurde. Zum anderen wird damit der wissenschaftliche Maßstab für alle Doktoranden wieder gerade gerückt.
Guttenberg bleibt Erklärung schuldig
Die große Frage nach dem Warum bleibt. Zum einen, warum Guttenberg um jeden Preis den Doktortitel wollte und dafür auch zum Tricksen und Täuschen bereit war. Zum anderen, warum er nach Bekanntwerden der Vorwürfe nicht gleich mit der Wahrheit herausrückte. Schließlich musste er doch um das trügerische Flickwerk seiner Arbeit wissen.
Die Antwort auf die zweite Frage bleibt Guttenberg schuldig. Er hat es mit den üblichen politischen Mitteln des Aussitzens und der Salamitaktik probiert. Die Wahrheit hätte ihn wohl als Blender entlarvt, die schöne Fassade seines Überflieger-Bilds in der Öffentlichkeit wäre irreparabel beschädigt oder ganz zusammengebrochen.
"Familiäre Erwartungshaltung"
Was die Erlangung des Doktortitels betrifft, liefert Guttenberg selbst eine interessante und möglicherweise entscheidende Erklärung, die von der Universität im Abschlussbericht zitiert wird. Der Freiherr verweist auf die "Erwartungshaltung der Familie", dass die begonnene Arbeit zu Ende zu bringen sei, ohne dass die Qualität leiden dürfe. Handelte Guttenberg also unter familiären Leistungsdruck?
Vieles spricht dafür. Etwa auch die "eher mäßige Note", die Guttenberg im Ersten Staatsexamen erhielt. Dass der Student für seine Dissertation dann aber ausgerechnet die Bestnote "summa cum laude" erhielt, ist wohl der Fehleinschätzung seines Doktorvaters Häberle zuzuschreiben. Im Bericht der Universität heißt es dazu, dass Häberle zwar um die mäßigen Leistungen Guttenbergs wusste, er ihm in seinem Seminar aber durch "rhetorisch erstklassig" vorgetragene und in der Sache "hervorragende Diskussionsbeiträge" aufgefallen sei. Das passt ins Bild – auch der Doktorvater hat sich von Guttenberg blenden lassen.
Quelle: ntv.de