Zwischenruf Der Staat muss eingreifen
28.06.2008, 17:53 UhrEs nützt nichts: Weder die internationale Erdölkonferenz im saudischen Dschidda noch die anschließende Ankündigung Riads die Fördermengen zu erhöhen. Der Ölpreis erreicht mit 142,26 US-Dollar pro Barrel ein neues Allzeithoch. Der Anstieg ist keineswegs auf eine einzige Ursache zurückzuführen, sondern auf ein ganzes Bedingungsgefüge, in dem die Kriegsgefahr im Nahen und Mittleren Osten ein Schwergewicht darstellt.
So ist der Preis Anfang Juni weiter in die Höhe geschnellt, nachdem Israels Transportminister Schaul Mofaz gedroht hatte, den Iran bei Fortsetzung von dessen Atomprogramm anzugreifen. Nun sitzt der selbst in Teheran Geborene glücklicherweise nicht allein der Regierung. Es ist gut zu wissen, dass es im Kabinett nicht nur Hardliner wie Mofaz, sondern eben auch besonnene Kräfte wie Außenministerin Zippi Livni gibt.
Märkte reagieren irrational
Doch Mofaz steht mit seinen Drohgebärden nicht allein. Jüngst hatte auch US-Präsident George W. Bush auf seinem Abschiedstrip nach Gesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel wieder die Keule wider die Machthaber im Iran geschwungen. Doch auch ihre Bekräftigung der deutschen Position, den Streit ausschließlich mit friedlichen Mitteln lösen zu wollen, half nichts. Märkte reagieren irrational, und es ist stets die schlechteste Nachricht, die deren Verhalten bestimmt.
Neben der militärischen Komponente spielt die Preisspekulation eine entscheidende Rolle. Waren natürliche Ressourcen noch vor zehn Jahren als Investmentkategorie kaum relevant, so fühlen sich global agierende Finanzhaie heuer von Erdöl und anderen Rohstoffen angezogen wie die Motten vom Licht. Auch die Ankündigung von Venezuelas Staatschef Hugo Chvez, einen Ölboykott gegen die Europäische Union wegen der Verschärfung der Abschiebegesetze zu verhängen ist von Belang. Auf den wachsenden Rohstoffhunger von Boomstaaten wie China und Indien zu verweisen, benennt weitere Gründe. Über allem schwebt das absehbare Ende des Erdöls als Blut des modernen ökonomischen Kreislaufs.
Ohne alternative Energien geht es nicht
Die Preisentwicklung bei Erdöl und Erdgas bedroht weltweit in zunehmendem Maße die soziale Lage immer breiterer Bevölkerungsschichten. Soll eine Wende herbeigeführt werden, sollte zunächst der Erdgaspreis von den Kosten des Rohöls abgekoppelt werden. Doch ohne alternative Energien wird es nicht gehen. Da sollte auch eine - sinnvolle - Nutzung von Biosprit nicht ausgeschlossen werden.
Politische Strategien müssen das Handeln in Konfliktbereichen wie dem Mittleren Osten und Venezuela bestimmen. Und schließlich sollte sich der Staat seiner Verantwortung bewusst werden und sich ein Kontrollrecht über Mineralölkonzerne und Finanzspekulanten erkämpfen. Das Wohl und Wehe der Weltwirtschaft kann nicht von Privathand bestimmt werden.
Quelle: ntv.de