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"Ungewohnte Ausführlichkeit" Hisbollah-Spion verhaftet

Die Israelis ließen sich fast drei Wochen Zeit für das Verhör, ehe sie die Verhaftung von Khaled K. auf dem Flughafen von Tel Aviv nach seiner Ankunft aus Deutschland veröffentlichten. Mit ungewöhnlicher Ausführlichkeit beschrieb das israelische Presseamt die Aktivitäten des 1979 im israelischen Dorf Kalansua geborenen Mannes.

Marietta Fuhrmann-Koch, Sprecherin der Universität Göttingen, bestätigte per E-Mail der "Jerusalem Post", dass K. in Göttingen im 14. Semester Medizin studiere und sich schon für das Wintersemester 2008/2009 eingeschrieben habe. Am 16. Juli wurde er auf dem Ben-Gurion-Flughafen vom Geheimdienst und der Abteilung für "schwere und internationale Kriminalität" der Polizei festgenommen. Gemäß israelischen Angaben soll K. 13.000 Euro von einem Libanesen in Deutschland erhalten haben, der im Auftrag der Hisbollah Spione rekrutiere.

Im Jahr 2002 habe K. einen gewissen Dr. Hassan H. über einen Verwandten kennengelernt. Dr. H., ein Libanese, lebt ebenfalls in Deutschland und leitet das "Waisenkinderprojekt Libanon e.V. Deutschland" der Hisbollah. Dieses Projekt diene dem Sammeln von Spenden für das "Libanesische Märtyrer Institut", womit die Hisbollah unter anderem Unterstützung an Familien von Selbstmordattentätern anbietet.

Ein erstes konspiratives Treffen mit einem weiteren Libanesen namens Rami fand angeblich im Dezember 2005 in Erfurt statt, wo Khaled K. aufgefordert wurde, sich ein "sauberes" Handy zu besorgen und die Treffen per E-Mail zu vereinbaren. Dieser Hisbollah-Agent Rami, auch Mazen genannt, sei den Israelis als Muhammad H. bekannt und etwa 50 Jahre alt. K. wurde angeblich aufgefordert, die Namen arabisch-israelischer Studenten im Ausland herauszufinden, damit diese für die Hisbollah rekrutiert werden könnten. K. selbst sollte als angehender Mediziner versuchen, Arbeit in israelischen Hospitälern zu finden, um der Hisbollah Informationen über Sicherheitsleute oder Soldaten zu übermitteln, die im Krankenhaus liegen. Bei einem Treffen in Erfurt oder Frankfurt wurde K. eine Google-Satellitenaufnahme seines Heimatdorfes Kalansua gezeigt. Er sollte zeigen, wo gewisse Einwohner wohnen und wo die öffentlichen Gebäude liegen. Kalansua liegt östlich von Natanja, dort wo Israel nur 15 Kilometer breit ist, zwischen dem Mittelmeer und der Grenze zum Westjordanland.

K. erhielt offenbar auch ein Training, um verdeckt agieren zu können und nicht entdeckt zu werden. Beim Verhör gestand K. Kontakte mit einem weiteren "alten Bekannten" des israelischen Geheimdienstes, Kamal S., 1967 in Hebron geboren und einschlägig bekannt für seine Kontakte mit der Hisbollah.

Weiter heißt es in einer Pressemitteilung der israelischen Regierung, die Hisbollah habe seit dem israelischen Rückzug aus Libanon im Mai 2000 ihre Versuche intensiviert, israelische Bürger zu rekrutieren und Informationen zu sammeln, die der libanesischen Miliz zur Vorbereitung des Libanonkrieges vom Sommer 2006 dienten. Nach diesem Krieg habe die Hisbollah ihre Bemühungen weiter verstärkt. Die wichtigste Zielgruppe des Geheimdienstes der Hisbollah seien arabische Israelis, die im Ausland studieren und in Israel dank ihrer israelischen Ausweispapiere völlige Bewegungsfreiheit genießen.

Das Waisenkinderprojekt Libanon e.V. bietet auf seiner Homepage an, für nur 32 Euro im Monat die Patenschaft für ein libanesisches Kind zu übernehmen. Diese Spenden können beim deutschen Finanzamt abgesetzt werden. Amerikanern ist es verboten, für die ursprünglich iranische Empfängerorganisation im Libanon zu spenden, da die Gelder für die Stärkung der Hisbollah-Miliz bestimmt sind. Die Hisbollah steht bei den Amerikanern auf der Liste der "Terrororganisationen", während Deutschland diese Organisation, die 1982 schon die Methode der Selbstmordattentate in der Neuzeit "erfunden" hatte, nicht als Terrorvereinigung führt.

Es ist nicht das erste Mal, dass Spionageaktivitäten der Hisbollah in Deutschland publik werden. An Heilig Abend 1997 veröffentlichten die israelischen Behörden die Verhaftung eines deutschen Konvertiten zum Islam, Stefan Smyrek. Er war der Sohn eines britischen Soldaten und einer Deutschen. Smyrek wurde wie K. bei der Einreise auf dem Flughafen in Tel Aviv verhaftet. Er habe gestanden, ein Selbstmordattentat gegen Israelis ausführen zu wollen. Smyrek soll seine geplanten Verbrechen im Namen der Hisbollah nie bereut haben. Im Rahmen eines Gefangenenaustausches kam er 2004 frei und kehrte nach Deutschland zurück.

Quelle: ntv.de

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