Zwischenruf "Ich liebe die Frauen, na und?"
16.05.2011, 14:51 Uhr
Nicht nur in Frankreich ist die Verhaftung von "DSK" das beherrschende Thema.
(Foto: dpa)
Ob die Vorwürfe gegen IWF-Chef Strauss-Kahn stimmen oder nicht, ist derzeit völlig offen. Klar ist, dass der Mann eine Vita hat. Klar ist auch, dass es Ungereimtheiten gibt.
"Oui, j’aime les femmes, et alors?" Ja, er liebe die Frauen, hatte Domique Strauss-Kahn der Pariser Tageszeitung "Libération" erst kürzlich gestanden. Affären um junge Frauen sind nichts Neues im Leben des weltgewandten Chefs des Internationalen Währungsfonds. Mindestens drei sind öffentlich bekannt geworden, haben ihm aber nicht geschadet. Das bedeutet keinesfalls, dass die Vorwürfe der New Yorker Hotelangestellten stimmen müssen. Zumindest fragwürdig ist die Darstellung, das Zimmermädchen habe das Luxusappartement reinigen wollen, während sich der Gast noch in den Räumen aufhielt. In der Regel fragen Reinigungskräfte in teuren Hotels wie dem "Sofitel", ob sie hineindürfen. Es sei denn, Strauss-Kahn hat die Nachfrage in böser Absicht bejaht. Wenn er aber schon nackt im Badezimmer herumhüpfte, wie konnte er sehen, ob es sich um eine junge Frau oder gar einen Mann handelte? Es sei denn, im "Sofitel" von Manhattan betritt man die Räume übers Klo.
Wenn DSK, wie er daheim in Frankreich gern genannt wird, Opfer eines "frameup" geworden ist, fragt man sich wer dahintersteckt. Präsident Nicolas Sarkozy selbst hatte das Mitglied der Sozialistischen Partei für den IWF-Posten vorgeschlagen. Jetzt sieht es anders aus: Ist doch der eher bürgerliche Strauss-Kahn als "Mann der Mitte"- potentiell - aussichtsreichster Herausforderer von Speedy Sarko. Bei Umfragen liegt er vor dem Amtsinhaber.
Wie eigentlich kann ein Polizeibeamter erklären, der erste Mann einer Institution der Vereinten Nationen genösse keine diplomatische Immunität, wenn die Rechtslage aufgrund fehlender Ratifizierung internationaler Abkommen durch die USA reichlich widersprüchlich ist?
Wie auch immer: Die Geschichte passt ins Bild vom allmächtigen Macho, dem die Welt zu Füßen liegt, der meint, sich über alle Konventionen hinwegsetzen zu können. Den Internationalen Währungsfonds wird die Causa Strauss-Kahn in seiner Arbeitsfähigkeit nicht beeinträchtigen. Gleichwohl artikulieren griechische Regierungsvertreter ihre Sorge, dass der Umgang mit der finanzgewaltigen UN-Institution in Zukunft schwieriger wird.
Wenn sich die Vorwürfe als unwahr erweisen, werden seine Landsleute ihm am anderen Ende der Champs Élysées einen zweiten Triumphbogen errichten. Wenn sie stimmen, werden sich französischen Sozialisten nach einem neuen Spitzenkandidaten umsehen müssen.

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de