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Zwischenruf Kouchner setzt neuen Akzent

Mit dem Vorschlag, eine Tobin-Steuer zu erheben und davon die Kosten des Klimaschutzes in den armen Ländern zu decken, ist Kouchner ein doppelter Coup gelungen.

Ganz neu ist der Vorschlag des französischen Außenministers Bernard Kouchner eine Steuer auf internationale Finanztransaktionen zu erheben nicht. Ähnliches hatte der verstorbene US-amerikanische Wirtschaftsnobelpreisträger James Tobin gefordert. Die nach ihm benannte Steuer soll auf Devisentransaktionen angewendet werden und vor allem kurzfristige Spekulation deckeln. Auch Paul Krugmann unterstützt diese Idee, die zu einer der zentralen Forderungen der Globalisierungskritiker geworden ist.

Bernard Kouchner schnappt der französischen Linken ein Thema weg..

Bernard Kouchner schnappt der französischen Linken ein Thema weg..

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Kouchner und mit ihm seine Kollegin vom Wirtschafts- und Finanzressort, Christine Lagarde, gehen einen bedeutenden Schritt weiter. Mit Blick auf den Weltklimagipfel in Kopenhagen fordern sie eine Steuer von 0,005 Prozent auf unterschiedslos alle internationale Finanztransaktionen. Fünf Cent auf 1.000 Euro macht kein Kreditinstitut arm, die 35 Milliarden, die dabei herauskommen können, wären eine Riesenhilfe für jene, die aus eigener Kraft kaum einen effektiven Beitrag zur Bewahrung des Weltklimas leisten könnten. Die Achillesferse des Vorstoßes sind Verteilung und Kontrolle der Mittel. Korrupte "Eliten" von Angola bis Zimbabwe müssten sich internationalem Druck beugen.

War einem Tobin die Verwendung der Steuereinnahmen im Wesentlichen egal, so wollen Lagarde/Kouchner die Mittel für Klima- und Gesundheitsschutz, Armutsbekämpfung und Bildungsförderung in den Entwicklungsländern einsetzen.

Mit dem Vorstoß ist dem Duo ein doppelter Coup gelungen: Zum einen Frankreich setzt in der dänischen Hauptstadt international einen neuen klima- und entwicklungspolitischen Akzent, zum anderen schnappt die konservativ-neogaullistische Führung in Paris der kriselnden Linken im eigenen Land wieder einmal eines ihrer Hauptthemen vor der Nase weg.

Die Parlamente in Frankreich – wie auch in Belgien – hatten sich schon vor geraumer Zeit für eine Tobinsteuer ausgesprochen, die allerdings nur dann erhoben werden soll, wenn die anderen EU-Staaten mitmachen. Auch Deutschland könnte weltweit punkten, wenn sich die Bundesregierung der Kouchner/Lagarde-Initiative anschließt. Bis zum Ende des Kopenhagener Gipfels sind es noch genau elf Tage.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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