CSU spielt nur noch Nebenrolle Seehofer hat seinen Instinkt verloren
02.09.2014, 18:44 Uhr
So schmal ist die CSU geworden: Christine Haderthauer und ihr Ex-Chef Horst Seehofer.
(Foto: dpa)
Die CSU steckt in einer Krise. Nicht wegen der unappetitlichen Modellauto-Affäre von Christine Haderthauer. Sondern weil ihr Parteichef mehrere Fehler gemacht hat.
Zusammen mit ihrem Mann Hubert hatte Christine Haderthauer über Jahre ein Unternehmen, das psychisch kranke Straftäter Modellautos herstellen ließ. Diese wurden dann für viel Geld an Sammler verkauft. Praktischerweise war Hubert Haderthauser Psychiater und Landgerichtsarzt in Ingolstadt. Frau Haderthauer sagte später, es sei ein "von Idealismus getragenes Engagement finanzieller Art" gewesen. Tatsächlich ging es allein um den Gewinn - der wichtigste Modellbauer, ein dreifacher Mörder, bekam für seine Arbeit zwar Vergünstigungen, aber kaum Geld.
Ehemalige Geschäftspartner sagen, die Haderthauers hätten sie übers Ohr gehauen. Schon seit Wochen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen dieses Betrugsvorwurfs und wegen möglicher Steuerhinterziehung. Eine Berichterstattung darüber hatten die Haderthauers mit Abmahnungen und Unterlassungsklagen zu verhindern versucht. (hvo)
Der Fall Haderthauer offenbart das zentrale Problem der CSU. Es heißt: Horst Seehofer. Wie kann das sein? Seehofer war es doch, der das Comeback der Christsozialen nach dem Absturz 2008 organisiert hatte. Seehofer war es, der verantwortlich war für den Erfolg der CSU bei den Wahlen zum Landtag und zum Bundestag vor einem Jahr!
Vielleicht sind diese Erfolge schuld. Als in der Modellauto-Affäre immer mehr Vorwürfe gegen seine Staatskanzleichefin Christine Haderthauer bekannt wurden, als sogar die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnahm, sprach der Ministerpräsident ihr sein "volles Vertrauen" aus. Sieben Wochen brauchte Seehofer, um zu verstehen, dass Haderthauer untragbar geworden war. Sein Gespür für Stimmungen ist dem CSU-Chef offenbar abhandengekommen.
Drei Fehler hat Seehofer gemacht: In einem Anfall von Rechtspopulismus hat er seine Partei politisch auf die Pkw-Maut verengt. Zur Durchsetzung dieses Ziels hat er auf relevante Ressorts im Bundeskabinett verzichtet. Und er hat, vor allem im Europawahlkampf, die CSU auf eine undefinierbare Schlingerstrategie festgelegt: Sie soll eine Dagegen-Partei wie die AfD sein und zugleich die bayerische Staatspartei.
Zugegeben: Das hat jahrzehntelang immer wieder funktioniert. Aber es funktionierte nur solange, wie die CSU bundespolitisches Gewicht hatte. Das hat sie nicht mehr: In den großen politischen Debatten dieser Tage spielen CSU-Politiker keine Rolle. Selbst den Respekt der CDU hat die CSU verloren. Erst kürzlich attackierten drei Merkel-Stellvertreter mehr oder weniger gleichzeitig das Maut-Konzept von Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Die Kritik wirkte abgesprochen, was die CDU-Zentrale dementiert. Dennoch wurde deutlich: Wirklich ernst nimmt die CDU ihre kleine Schwester nur noch aus Gründen der Koalitionsräson.
Die Partei, die früher so breitbeinig auftrat, ist schmal geworden. Nach einer Kampagne gegen angebliche Sozialtouristen erhielt die CSU bei der Europawahl im Mai nur noch schlechte 40 Prozent. Die AfD kam damals in Bayern übrigens auf 8,1 Prozent - ein Punkt mehr als in Deutschland insgesamt.
Haderthauers Rücktritt war überfällig, doch er hat keines der Probleme der CSU gelöst: Die Partei spielt bundespolitisch keine Rolle, und sie hat kein Rezept, wie sie Stammtisch und Regierungsverantwortung unter einen Hut bringen kann. Wenn Seehofer seinen Instinkt nicht bald wiederfindet, wird sich die CSU einen anderen Vorsitzenden suchen.
Quelle: ntv.de