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Zwischenruf Steinmeiers Agenda 2020?

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier ist zu einer Sommertour durch sechs Bundesländer aufgebrochen, um das Steuer für seine Partei herumzureißen. Er will die Wähler überzeugen, dass die Sozialdemokraten die besseren Wegweiser aus der Krise sind als Angela Merkel und die Ihren. Er hat begriffen, dass die Krise nicht nur auf Finanz- und Realwirtschaft begrenzt ist. Weil es auch an vielen anderen Stellen in der Gesellschaft bröckelt, will Steinmeier nicht mehr und nicht weniger als einen Neustart in die soziale Marktwirtschaft.

Steinmeier weiß, wo er hin will. Doch wahrscheinlich hat er sich in der Vergangenheit den Weg dahin verbaut.

Steinmeier weiß, wo er hin will. Doch wahrscheinlich hat er sich in der Vergangenheit den Weg dahin verbaut.

(Foto: REUTERS)

Das weist in die richtige Richtung. Nur, dass unter Steinmeiers maßgeblicher Mitwirkung das Soziale ins Hintertreffen geriet und der Marktwirtschaft eine so freie Hand gegeben wurde, dass sie in die Krise schlidderte.

Viele Forderungen sind nicht neu. Strengere Regeln für die Finanzmärkte aber verlangt die SPD schon seit Monaten, geändert hat sich wenig. Deutschland zum weltweit führenden Anbieter von energiesparenden und ressourcenschonenden Technologien machen zu wollen, ist richtig. Nur war davon seitens der SPD bislang wenig zu spüren. Die Initiative zum Solarkraftwerk in der Sahara ging von der Privatwirtschaft und vom Club of Rome aus. Dafür drücken sich sozialdemokratische Spitzenfunktionäre bei Opel die Klinke in die Hand.

Papier mit Visionen

Steinmeier hat der Versuchung nicht widerstanden und beim Abbau der Arbeitslosigkeit mit vier Millionen neuen Stellen konkrete Zahlen genannt. Gerhard Schröder sprach von 500.000 neuen Jobs in einer Legislaturperiode. Sein einstiger Kanzleramtschef peilt das Jahr 2020 an. Das ist weitaus ungefährlicher. Wer weiß, was dann ist. Falls die Zahl jedoch auch nur zur Hälfte erreicht werden soll, dann muss sich der Staat mehr als bisher engagieren. Das will auch Steinmeier. Jetzt. Seine SPD hat seit 1998 bis vor kurzem alles unternommen, damit sich der Staat aus der Wirtschaft heraushält.

Steinmeier hat ein Papier mit Visionen vorgelegt. Doch es ist nicht das Wahlprogramm seiner Partei. So bleibt es ein, wenn auch durchaus ernstzunehmender, Versuch, die Bundeskanzlerin zur inhaltlichen Auseinandersetzung zu zwingen.

Ob die Idee aufgeht, sich mit dem "Deutschland-Plan" aus dem Stimmungstief herauszubugsieren, ist fraglich. Zu oft schon hat die Sozialdemokratie Anlauf genommen, ohne dass es etwas genützt hat. An das "Regierungsprogramm" vom April erinnert sich kaum noch einer. Die Agenda 2010 hingegen ist wenigen noch bestens, vielen schlechtestens im Gedächtnis. Sonst hätte Steinmeier seinen Plan Agenda 2020 genannt. Das ist die Crux der SPD.

Manfred Bleskin

Manfred Bleskin

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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