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Zwischenruf Unruhe gestiftet - und Freiheit

In Mvezo in der südafrikanischen Transkei, dort wo er geboren wurde, feiert heute ein Mann seinen 90sten, der wie nur wenige andere zum Symbol des Kampfes für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit wurde: Nelson Mandela. 27 Jahre, eine unvorstellbar lange Zeit, verbrachte er hinter Gittern, verurteilt, weil er es mit seinen Gefährten gewagt hatte, zur Waffe zu greifen als alle andere Wege versperrt schienen.

Das Apartheidregime fiel, weil andere seinen Kampf außerhalb der Mauern von Robben Island fortsetzten - und dank seiner Standhaftigkeit. Mandela gelang es, nach seiner Befreiung, um mit den Worten seines Freundes Denis Goldberg zu sprechen, eine "unblutige Revolution" durchzusetzen. Nicht Rache, sondern Eintracht und Versöhnung sollten den Übergang zu einem demokratischen Südafrika prägen. Das ist Mandela gelungen. Viele derer, die ihn jetzt dafür feiern, taten nichts, um ihn aus dem Kerker zu befreien. Es spricht für sich, dass Rolihlahla, der "Unruhestifter", so sein zweiter Vorname, erst vor ein paar Tagen von der Terrorliste der US-Regierung gestrichen wurde.

Armut und Aids folgen Apartheid

Seit Mandela das Gefängnis verließ, hat sich das Gesicht Südafrikas verändert. Unter seiner Präsidentschaft zwischen 1994 und 1997 wurde die "Rassen"-Trennung endgültig abgeschafft. Umfangreiche Hilfsprogramme trugen dazu bei, die soziale Lage der farbigen Bevölkerungsmehrheit zu verbessern. Als unter Mandelas Nachfolger Tabo Mbeki ein Kurswechsel von einer keynesianischen zu einer neoliberalen Wirtschaftspolitik begann, gerieten die Programme ins Stocken.

Die Schere zwischen dem Anspruch, ethnische durch soziale Gleichheit zu ergänzen, und der Wirklichkeit wurde immer größer. Eine schwarze Mittelschicht entstand, viele der einst Ausgegrenzten wurden zu Millionären, nicht wenige von ihnen frühere Befreiungskämpfer und Gewerkschaftsfunktionäre. Wenngleich das Land mit einem Anteil von nur sieben Prozent an der Bevölkerung Afrikas 43 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des Kontinents erbringt, liegt die Arbeitslosenquoten einer Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung zufolge bei 37 Prozent. 30 Prozent der Einwohner der früheren Townships sind ohne Strom, 38 Prozent ohne Wasseranschluss. Betroffen davon sind überwiegend Schwarze.

Mehr als fünf Millionen der insgesamt rund 48 Millionen Südafrikaner sind HIV-positiv. Die sozialen Spannungen entluden sich jüngst erst in den blutigen Übergriffen gegen Immigranten aus anderen afrikanischen Staaten, deren geschätzte Zahl zwischen zwei und acht Millionen liegt. Die Kriminalitätsrate ist eine der höchsten weltweit.

Mandela wird anlässlich seines heutigen Jubiläums liebevoll als Madiba, als Vater des neuen Südafrikas, geehrt. Seine Erben müssen sich einen Ehrentitel erst noch erkämpfen.

Quelle: ntv.de

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