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Zwischenruf 341 Wolf mit rotem Käppchen

Von Manfred Bleskin

Der Mai ist gekommen, und nicht nur die Bäume schlagen aus. Sondern auch die Neonazis. Auf Polizisten. So geschehen in Erfurt, wo sich rund 1.500 Braune versammelt hatten. Ganz in der Tradition ihrer altfaschistischen Vorbilder, die, wie Ernst Bloch damals anmerkte, sich unverschämt der Traditionen der Arbeiterbewegung bemächtigt hatten. Nicht wenige sind den Nazis damals auch auf den Leim gegangen, weil sie sich eines verbalrevolutionären Gelabers bedienten ohne zu bemerken, dass sie im selben Atemzug den Konzernen die Profitmaximierung sicherten. Auf der offiziellen Maiplakette von 1934 entblödeten sich NSDAP und Deutsche Arbeitsfront nicht einmal, Hammer und Sichel zu verwenden. Hitlers Erben zogen nicht nur in der thüringischen Landeshauptstadt, sondern auch in Berlin und Dortmund auf. Mit Parolen, die auffordern sich gegen "Kapitalismus und Kommunismus" zur Wehr und für einen "nationalen Sozialismus" einzusetzen.

Die Methode ist also gleich geblieben. Auch die Inhalte sind es. Nur in der Form hat sich einiges geändert: Da ertönen schon mal Songs von Rio Reiser auf Nazi-Zusammenrottungen, manchmal sind auch Che-Guevara-T-Shirts oder das unverständlicherweise zum linken Symbol mutierte Palästinensertuch zu sehen. Nicht, dass der Glatzentyp mit Bomberjacke und Springerstiefeln verschwunden wäre, aber ein zunehmender Teil des deutschen Rechtsradikalismus begreift, dass allein mit Gewalt und brutalem Aussehen wenig zu machen ist.

Mittlerweile tritt die NPD in gutbürgerlicher Verkleidung des sich um den Nachbarn Sorgenden auf. In Thüringen - zum Beispiel - erscheinen in hunderttausendfacher Auflage Lokalblättchen mit unverfänglichen Titeln, die sich um örtliche Belange kümmern und erst auf den zweiten Blick als Hetzpamphlet zu erkennen sind. Im Berliner Umland läuft eine Kampagne der Nazi-Partei zur Gewinnung von Mitgliedern, die den Eindruck erweckt, man würde einer Bürgerinitiative oder einem Karnickelzüchterverein beitreten.

All das beunruhigt und beschäftigt zu Recht nicht nur die demokratische Öffentlichkeit, sondern auch den Verfassungsschutz.

Es ist also Aufmerksamkeit geboten, wenn man heuer durch deutsche Wälder und Auen streift. Der braune Wolf kommt itzo immer häufiger im Schafspelz daher, und manchmal setzt er sich sogar ein rotes Käppchen auf.

Quelle: ntv.de

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