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Scylla und Charybdis Zwischenruf

Von Manfred Bleskin

Die bisherige Strategie im Irak habe nicht funktioniert, das Ruder könne noch herumgerissen werden, aber die Zeit sei knapp. Was Admiral William Fallon, designierter Chef des US-Zentralkommandos, da bei einer Anhörung vor dem Streitkräfteausschuss des Senats in Washington verkündet hat, ist eine schallende Ohrfeige für Präsident George W. Bush.

Doch der beratungsresistente große Steuermann scheint die Klatsche von seinem Rudermaat nicht einmal verspürt zu haben. Fallon, zuständig für die Truppen in Nah- und Mittelost, Afghanistan und am Horn von Afrika, stellt nicht mehr und nicht weniger in Frage als die "neue" Irakstrategie des Mannes im Weißen Hauses, der mit der Entsendung von immer mehr Truppen wenig mehr als alten Wein in neuen Schläuchen verkauft. Selbst wenn heuer US-Offiziere mit Dollars in den Taschen im sunnitischen Dreieck herumreisen und käufliche Clanälteste bestechen, Innovation in der Politik sieht anders aus. Auch die nunmehr verstärkte Errichtung von "Wehrdörfern" ist untauglich. Siehe die US-Erfahrungen in Vietnam oder die des französischen Kolonialismus in Algerien.

Statt die wenigen konstruktiven Anregungen des Baker-Hamilton-Reports aufzugreifen und Syrien sowie den Iran in die Suche nach Lösungen einzubeziehen, schwingen Bush und seine Außenministerin Condoleezza Rice die Keule.

Nicht unbedingt neu ist sicher auch der Lösungsvorschlag von Bushs russischem Amtskollegen Wladimir Putin, aber durchaus Erfolg versprechend. Der forderte mit Blick auf seine Reise nach Saudi-Arabien (!) und Katar im nächsten Monat die Einberufung einer internationalen Irakkonferenz. Einem Frieden im Irak solle dann die Errichtung eines kollektiven Sicherheitssystems in der Region unter Einschluss des Iran folgen. Dies bedeute unter den gegenwärtigen Bedingungen zwar, Moskau in einer US-Domäne einen institutionalisierten Einfluss zuzugestehen. Aber eine Art Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Vorderasien nach KSZE-Vorbild könnte Ruhe in den Unruheherd bringen.

Putin sollte Gelegenheit nehmen, Bush beim G-8-Gipfel im mecklenburgischen Heiligendamm, von seiner Idee zu überzeugen. Vielleicht gelingt es ja so, das Ruder herumzureißen. Sonst steuert Kapitän Bush mitten in Scylla und Charybdis hinein.

Quelle: ntv.de

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