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Hartz IV muss steigen Die Chance aus Karlsruhe

Endlich Klarheit: Die Hartz-IV-Sätze für Kinder sind verfassungswidrig.

Endlich Klarheit: Die Hartz-IV-Sätze für Kinder sind verfassungswidrig.

(Foto: dpa)

Das Bundesverfassungsgericht hat gesprochen: Zu einem menschenwürdigen Leben gehört der Anspruch auf Chancengleichheit - Kinder von Hartz-IV-Empfängern brauchen mehr als nur Nahrung und Kleidung. Der Staat muss ihnen deshalb mehr Geld geben, auch wenn die Kosten steigen.

Die Kritiker von Hartz IV haben Recht bekommen: Die bisherigen Regelungen laufen an der Realität des tatsächlichen Bedarfs vorbei und verstoßen sogar gegen die Menschenwürde, den höchsten Wert des deutschen Grundgesetzes. Die Bundesregierung muss die Berechnung der Hartz-IV-Leistungen im Grundsatz überarbeiten und auf völlig neue Füße stellen. Das ist eine Ohrfeige für die Gesetzgebung der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder, die für die Reform hauptverantwortlich ist, und eine Ermahnung an die Politik, sich bei Gesetzen stärker an der Lebensrealität der Betroffenen zu orientieren.

Bildung kostet: Arbeitsministerin von der Leyen setzt zumindest schonmal den richtigen Schwerpunkt.

Bildung kostet: Arbeitsministerin von der Leyen setzt zumindest schonmal den richtigen Schwerpunkt.

(Foto: APN)

Deshalb wird nun eine überfällige öffentliche Debatte losbrechen, an deren Ende die Antwort auf diese beiden Fragen stehen muss: Was braucht ein Mensch zum Leben? Und was muss eine Existenzsicherung für sozial schwache Kinder umfassen, damit sie gleiche Chancen wie ihre wohlhabenden Altersgenossen haben?

Hartz IV wird steigen

Die Antwort aus Karlsruhe ist: Mehr als Hartz IV bislang garantiert. Auch wenn die Richter keine konkreten Zahlen für eine Höhe der Leistungen nennen wollen: Durch die Vorgaben aus Karlsruhe werden die Sätze für Kinder steigen müssen, selbst wenn ein Teil der Unterstützung in Form von Sachleistungen wie etwa kostenlosen Kindergartenplätzen oder Schulbedarf kommen wird. Und das ist auch gut so. Wer die dadurch ebenfalls steigenden Kosten moniert, will an der falschen Stelle sparen. Wenn es eine wichtige Aufgabe für den Sozialstaat gibt, dann die, durch sozialen Ausgleich Chancengleichheit zu garantieren.

Die Karlsruher Richter pochen auf Chancengleichheit.

Die Karlsruher Richter pochen auf Chancengleichheit.

(Foto: REUTERS)

Vor Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und der schwarz-gelben Regierung liegt nun die schwierige Aufgabe, die verkorkste Form der Hartz-IV-Beiträge in einer für die Menschen und ihre Würde angemessene Bahn zu lenken. Dass die Ministerin dabei einen Schwerpunkt auf die Bildung der Kinder setzt, ist ein guter Anfang. Von der Leyens Beharrungskraft in der Vergangenheit als Familienministerin ist zudem eine leise Hoffnung, dass sie sich von diesem Ziel auch nicht abbringen lässt. Sei es durch allzu ehrgeizige Haushaltspolitiker mit falschen Schwerpunkten oder Liberale, die ihre Steuerstrukturreform in Gefahr sehen.

Fehler korrigieren

In der Frage der Hartz-IV-Sätze für Kinder wird es aber sicher größere und schnellere Einigkeit geben als in der Frage, welche Leistungen das Existenzminimum für Erwachsene umfassen und wie dieses erhoben werden soll. Zumal dann auch diskutiert werden muss, wie viel ein Mensch ohne Arbeit im Vergleich zu einem schlecht bezahlten Menschen mit Arbeit bekommen darf.

Die Bundesregierung sollte in jedem Fall bei der Bemessung der Leistungen auf die Karlsruher Richter hören und sie vor allem transparent gestalten, damit die Sätze nachvollziehbar sind. Und sie sollte den Fehler der rot-grünen Bundesregierung nicht wiederholen, zu Korrekturen bereit sein und die neuen Hartz-IV-Gesetze etwa nach einem Jahr wieder überprüfen. Damit nicht wieder das Verfassungsgericht entscheiden muss.

Quelle: ntv.de

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