Person der Woche

Person der Woche: Markus Söder Das Erfolgsgeheimnis des Corona-Sheriffs

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Im Pandemie-Advent definiert der bayerische Ministerpräsident abermals die nationale Corona-Politik. Die Kritik daran wächst. In München kommt es sogar zu einem CSU-Eklat. Doch seine Umfragewerte sind stark, die von Armin Laschet dagegen miserabel. Warum eigentlich?

Markus Söder bekommt plötzlich von allen Seiten Druck. Von rechts wird er als Lockdown-Despot und Panikmacher kritisiert, von links als Blender, der in Bayern eine besonders schlechte Bilanz zu verantworten habe. Die Ministerpräsidenten-Kollegen reagieren zusehends eifersüchtig und genervt, die FDP findet, er verkünde lieber als zu arbeiten. Weite Teile des Mittelstands leiden und rufen nach einem Ende der Verbotspolitik. Und nun kommt auch noch ein erster Frontalangriff aus den eigenen Reihen.

Kanzlerin Angela Merkel überlässt im Advent die Regie über die Corona-Bekämpfung an vielen Stellen Markus Söder.

Kanzlerin Angela Merkel überlässt im Advent die Regie über die Corona-Bekämpfung an vielen Stellen Markus Söder.

(Foto: picture alliance/dpa/AFP/POOL)

Der Münchner CSU-Stadtrat und Kardiologe Hans Theiss wirft Söder eine falsche Politik aus Eitelkeit vor: "Wir brauchen weniger Herrenchiemsee und mehr Ehrlichkeit", ätzt Theiss auf seiner Facebookseite und kritisiert hohe Kollateralschäden durch die Lockdown-Politik. Er habe "den Eindruck, dass mehr Menschen durch als an Corona sterben", schreibt Theiss und verweist auf viele Herzinfarkt- und Krebspatienten, die infolge der Corona-Politik nicht mehr ins Krankenhaus gingen: "Angst(macherei) vor Corona führt leider auch dazu, dass viele ärztliche Behandlungen zu spät kommen."

Theiss kritisiert manches Versagen der Politik - von einer Corona-App, die nachgeschärft werden müsse, über die fehlenden Intensivpflegekräfte bis hin zum mangelnden Schutz in Altersheimen. Seine Attacke auf Söder schließt der Parteikollege mit den Worten: "Wir müssen in der Corona-Politik besser, differenzierter und einfallsreicher werden - AHA alleine reicht nicht."

Sheriff mit Colt in der Hinterhand

Der Theiss-Eklat offenbart, dass Söder zusehends um Akzeptanz seiner Politik kämpfen muss. Doch das kann er. Geschickt findet er jede Woche den richtigen Krisenton in der Kommunikation - streng, aber mitfühlend, klar in den Ansagen, aber ruhig im Tonfall. Es gelingt ihm, die Aura eines Sheriffs zu verbreiten, der breitbeinig auf der Hauptstraße steht und genau weiß, wie man die bedrohte Gemeinschaft beschützen muss. Und sei es damit, den Saloon vorübergehend zu schließen. Und der, auch wenn es schiefläuft, immer noch einen Colt in der Hinterhand zu haben scheint.

Die Rolle als Corona-Sheriff erfährt zwar wachsenden Widerspruch. Doch sie funktioniert. Denn mit ihr verkörpert Söder schiere Führungskraft - und die ist in der Krise besonders gefragt. Zum Jahresende ist Söder daher der nationale Taktgeber in der Corona-Bekämpfung, gerne mit Bayern-Maßnahmen vorpreschend, deutungsmächtig und medial omnipräsent. Sogar die Kanzlerin überlässt ihm im Advent weitgehend Wording und Regie.

Das jüngste RTL/ntv-Trendbarometer zeigt, dass Söder der klare bundespolitische Gewinner des Jahres 2020 ist: Wenn die Bundesbürger ihren Bundeskanzler direkt wählen könnten, würden sich derzeit 35 Prozent für Bayerns Ministerpräsidenten und CSU-Chef entscheiden - damit hätte Söder mehr Unterstützung als Robert Habeck von den Grünen (19 Prozent) und Olaf Scholz von der SPD (14 Prozent) zusammengenommen. Während Söder im Vergleich zur Vorwoche noch einmal einen Prozentpunkt hinzugewonnen hat, musste Scholz einen Punkt abgeben, Habeck sogar zwei.

Die Kanzlerkandidatur scheint greifbar

Söder hatte auch Glück, weil er als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz in den ersten Monaten der Pandemie eine Leitfunktion innehatte und Führungsstärke auf größter Bühne demonstrieren konnte. Doch insgesamt ist Söder in der Corona-Krise über sein Amt weit hinaus gewachsen. So weit, dass sogar eine Kanzlerkandidatur im kommenden Jahr greifbar scheint.

Genau umgekehrt ist es 2020 Armin Laschet ergangen. Der rheinische Brückenbauer startete als gefühlter Merkel-Nachfolger. Der beliebte CDU-Vize und mächtige Ministerpräsident des größten Bundeslandes gewann das Merkel-Lager und sogar Jens Spahn im CDU-Machtkampf für sich. Doch am Ende des Entscheidungsjahres steht der einstige Favorit für die Kanzlerkandidatur als Verlierer da. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend wollen 39 Prozent der CDU-Anhänger Friedrich Merz als Vorsitzenden, nur noch 15 Prozent Laschet. Die Umfrage sieht sogar den Außenseiter Norbert Röttgen (22 Prozent) inzwischen vor Laschet. Neben Merz und Söder wirkt Laschet in vielen Umfragen regelrecht deklassiert.

Offenbar hat Laschet mit seiner abwägenden Tonlage und seinem tastenden Krisenmanagement in der Corona-Krise an Reputation verloren, obwohl manche seiner Initiativen - wie jetzt die Verlängerung der Weihnachtsferien - von Bayern erst kritisiert und jetzt kopiert worden sind. Doch es nützt ihm nichts: Denn wenn Söder zum Sheriff avanciert ist, wirkt Laschet wie der Deputy mit dem kleineren Pferd.

Quelle: ntv.de

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