Drei Länder haben gewählt Die "Bunte Republik Deutschland"
30.08.2009, 22:36 UhrNach einem "schrillen Wahlsonntag" thematisiert die Presse mögliche Koalitionsoptionen, vor allem die auf Bundesebene. Besonders das gute Ergebnis der Linken im Saarland befeuert die Spekulationen. Und die Stimmen sind sich nahezu einig: "Deutschland wird bunter!".
Der Mannheimer Morgen macht Farbspiele und richtet sein Augenmerk vor allem auf das Ergebnis im Saarland: "Dieser Super-Wahlsonntag könnte neue Farbverbindungen kreieren, aus denen künftig in der Bunten Republik Deutschland Koalitionen gebildet werden." Das Saarland stehe nun unter besonderer Beobachtung, denn nachdem Lafontaine bewiesen habe, "welcher Stimmenfänger immer noch in ihm steckt, kann das kleine Bundesland zum Versuchsgebiet für die erste rot-rot-grüne Koalition im Westen werden". Im Unterschied zu "Andrea Ypsilantis missglücktem Anlauf im wirtschaftlich und politisch bedeutenderen Hessen" ließe sich "in einem Randgebiet eine Machtoption für die SPD testen, auf die sie bei der Bundestagswahl 2013 setzen könnte".
Auch das Aschaffenburger Main-Echo erwartet eine buntere Republik und hofft nach den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und dem Saarland auf einen Antrieb für den Bundestagswahlkampf: "Der dümpelnde Wahlkampf auf Bundesebene wird hoffentlich vom Ausgang der (…) Wahlen befeuert. Dass der Wähler es nicht goutiert, wenn Politiker Sachfragen nahezu komplett ausblenden, kann man an Dieter Althaus und dessen Wahlkampf studieren. Deutschland wird bunter! Nebenbei bemerkt: auch weniger braun, was ein 'Verdienst' der Linken ist." Der Wahlausgang eröffne völlig neue Koalitions-Varianten. Das Blatt gibt Beispiele: "Schwarz-Gelb-Grün in Thüringen und Rot-Rot-Grün im Saarland sind zwei denkbare Möglichkeiten."
Die Mitteldeutsche Zeitung thematisiert vor allem die Verluste der CDU: "Offenbar bedingt das FDP-Hoch ein ausgedehntes CDU-Tief. In Thüringen und im Saarland ist die Union so dramatisch eingebrochen, dass in der Berliner Parteizentrale die Sorgenfalten immer tiefer werden." Für die Zeitung aus Halle alle steht außer Frage, dass der Wahlsonntag für die Christdemokraten "eine einzige Pleite" gewesen sei. Zwar sei absehbar gewesen, dass sie in Erfurt und Saarbrücken ihre absoluten Mehrheiten verlieren würden. "Dass es aber am Ende nicht einmal dazu reicht, dort schwarz-gelbe Regierungen zu stellen, ist für die CDU verheerend. Ein vergleichbares Ergebnis in vier Wochen wäre für die Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Katastrophe."
Auch die Stuttgarter Nachrichten bewerten den Ausgang der Landtagswahlen mit Hinsicht auf die Bundestagswahl und die Folgen für die Bundeskanzlerin: "Obwohl Landesthemen und regionales Personal in allen drei Ländern eine große Rolle spielten, Angela Merkel hat zweierlei erfahren: Schwarz-Gelb ist bei der Bundestagswahl kein Selbstläufer und vor allem durch die prozentuale Labilität der Union gefährdet." Außerdem halte sich die NPD am rechtsextremen Rand. Es sei der CDU in allen drei Bundesländern nicht gelungen, ihre Wähler zu mobilisieren – "ein Menetekel für den 27. September?", fragt sich das Blatt und mutmaßt, dass über eine neue Machtperspektive im Bund vor dem Bundestagswahltag wohl nicht mehr öffentlich gestritten werde, der Ausgang der Landtagswahlen jedoch der Startschuss für eine neue Orientierung gewesen sein dürfte: "Die SPD (wie die Zünglein-an-der-Waage-Grünen) merkt, dass die Union trotz Merkel zu schlagen ist - aber nur zusammen mit der Linkspartei."
"Dieser schrille Wahlsonntag also soll das Vorspiel zur Bundestagswahl gewesen sein mit allerlei schillernden politischen Farbenspielen. Einerseits", bejaht der Schwarzwälder Bote, ist jedoch angesichts der Koalitionspekulationen skeptisch, denn "just an diesem Wochenende funkt andererseits die amtierende Berliner Regierung mit ihrer Bankenpolitik ihr Signal in die Republik: Noch sitzt Schwarz-Rot am Drücker, noch bestimmt die große Koalition, was geht". "Was immer auch verlautbart wird: Schwarz-Rot ist als Regierungskonstellation für den Bund noch lange nicht abgeschrieben."
"Natürlich: Die Blütenträume mancher Unionsanhänger in Sachsen, doch noch irgendwie wieder die absolute Mehrheit der Landtagsmandate zu erreichen, haben sich nicht erfüllt. Aber dennoch: Unter schwieriger werdenden Bedingungen für die Volksparteien hat die sächsische CDU ihre mit Abstand dominierende Position verteidigt und steht so gut da wie kaum in einem anderen Bundesland", schreibt die Leipziger Volkszeitung und erwartet eine innerparteiliche Signalwirkung. An dem Sieg trage vor allem Ministerpräsident Tillich großen Anteil, "der es als CDU-Spitzenkandidat mit souveräner Ruhe und Zielstrebigkeit geschafft hat, die in ein Milbradt- und ein Biedenkopflager gespaltene Partei wieder zu Geschlossenheit zu führen". "Tillich hat mit seinem Wahlsieg sein Meisterstück abgelegt und tritt endgültig aus dem Schatten seiner Vorgänger heraus."
Zusammengestellt von Nadin Härtwig
Quelle: ntv.de