König, Kirche, Kolonialgeschichte Das Jeronimos-Kloster in Belem
03.11.2006, 10:00 UhrPortugals große Vergangenheit lässt sich nur sieben Kilometer westlich der Hauptstadt Lissabon erahnen. Im Jeronimos-Kloster im Vorort Belem drängen sich heute Touristenscharen.

Das Jeronimoskloster - ein beeindruckendes Bauwerk in Lissabons Vorort Belem.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Portugals große Vergangenheit lässt sich nur sieben Kilometer westlich der Hauptstadt Lissabon erahnen. Im Jeronimos-Kloster im Vorort Belem, wo einst Mönche in der Stille von Kirche und Kreuzgang meditierten, drängen sich heute Touristenscharen.
Die Besucher tauchen ein in die Geschichte von Königen, Kirche und Seefahrern. "Dieses einmalige Monument ist ein steinerner Traum", schrieb 1949 der deutsche Gelehrte Reinhold Schneider in seinem Buch "Iberisches Erbe" über die Anlage. Es waren die Portugiesen, die das erste christliche Kolonialreich errichteten. "Vasco da Gama, der den Seeweg nach Indien entdeckte, betete hier im Kloster vor seiner Abfahrt in einer kleinen Kapelle", erklärt der brasilianische Benediktinerpater Dom Tadeo - ein Tourist wie alle anderen.
Eloysa Ferreira, Geschichtsstudentin aus der nordportugiesischen Universitätsstadt Coimbra, schreibt ihr Diplom über den Klosterbau: "Das Kloster ist im typisch manuelistischen Stil zwischen Spätgotik und Renaissance errichtet", erläutert sie. Den Auftrag gab König Manuel I., dessen prächtiger Sarkophag auch in der Kirche Santa Maria zu sehen ist. Er bedankte sich damit für die erfolgreiche Indienfahrt da Gamas, den er hier 1499 nach der Rückkehr empfing.
Die 300 Meter lange, reich gearbeitete Kalksteinfassade überstand wie die gesamte Anlage ohne größere Schäden das verheerende Erdbeben vom 1. November 1755, bei dem das nahe Lissabon in Schutt versank. So blieb auch die siebenbändige Bibel erhalten, die Papst Julius II. als Dank für ein Goldgeschenk aus Indien an Manuel schickte -laut Ferreira "ein Wunderwerk der Miniaturmalerei".
Dom Tadeo empfiehlt vor allem einen Blick in das Kircheninnere. Sechs Pfeiler, verziert mit reichen Schmuckornamenten, ragen 25 Meter in die Höhe und bilden ein Netzgewölbe. Der Eintritt ist kostenlos. Wer die weiteren Meisterwerke der Steinmetzkunst -wie den zweistöckigen Kreuzgang und das große Refektorium -besichtigen will, zahlt 4,50 Euro. Sonntags ist der Eintritt bis 14.00 Uhr aber auch hier gratis.
Das Kloster gehörte einst dem im späten 13. Jahrhundert gegründeten Orden der Hieromiten, der sich auf den Heiligen Hieronymus berief. Die Bruderschaft wurde 1835 aufgelöst. "Das Leben der Mönche war allzu weltlich geworden", erläutert Ferreira. Das Kloster fiel an den Staat, der im westlichen Teil Museen einrichtete. In Gehweite liegt auch das Museum des armenischen Ölmagnaten Calouste Gulbenkian, der der Nachwelt 5000 Kunstwerke hinterlassen hat.
Zum Jeronimos-Kloster fahren Touristen am besten auf Art der Einheimischen: "Nehmen Sie den Elctrico Nummer 15", rät das Tourismusamt - das ist eine der noch verkehrenden nostalgischen Straßenbahnlinien. Mit der Vorortbahn gelangen Lissabon-Besucher vom Bahnhof Cais do Sodre in nur wenigen Minuten nach Belm. Nur montags sollten sich Touristen ein anderes Highlight in der Region ansehen. Dann bleibt die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärte Anlage geschlossen.
Informationen
Portugiesisches Touristik-und Handelsbüro, Schäfergasse 17, 60313 Frankfurt (Info-Tel.: 0180/500 49 30 für 12 Cent/Minute).
Quelle: ntv.de, dpa