Reise

Berge, Bäder, Buddhisten Die japanische Insel Shikoku

Das Thermalbad Dogo Onsen ist Japans älteste heiße Quelle. Den ganzen Tag stehen Besucher vor dem 1894 gebauten Badehaus, fotografieren sich und stehen für Eintrittskarten an.

Der Dogo Onsen ist das älteste Thermen-Badehaus (Onsen) in Japan. Wie Mönche enteilen die Touristen im Morgengrauen ihren Hotels. Sie sind in Yukatas genannte dünne Baumwollkimonos gehüllt und tragen Badeschlappen an den Füßen. Jedes Hotel besitzt eigene, unverwechselbare Yukatas. Sie sind wild gemustert oder in dezenten Farben, so dass es aussieht, als gehörten die Träger gegnerischen Mannschaften an. Dabei machen sich alle bloß auf den Weg zum Gemeinschaftsbad - ins Thermalbad Dogo Onsen, Japans älteste heißer Quelle, die in Matsuyama auf der Insel Shikoku liegt.

In den meisten Badehäusern baden Männer ...

In den meisten Badehäusern baden Männer ...

(Foto: REUTERS)

Das 1894 gebaute Badehaus ist ein dreistöckiger Holzbau. Den ganzen Tag über stehen die Besucher in Trauben vor dem Eingang, fotografieren sich und stehen für Eintrittskarten an. Für den Fremden ist das System nicht ganz leicht zu durchschauen. Das Personal spricht wenig Englisch, und die Verständigung erfolgt mit Händen und Augen. Dennoch sollte man sich nicht abschrecken lassen - der Besuch eines Onsen-Bades gehört unbedingt zu einem Japan-Aufenthalt dazu.

Frauen und Männer getrennt

... und Frauen getrennt. (Badehaus in Tokio)

... und Frauen getrennt. (Badehaus in Tokio)

(Foto: REUTERS)

Die Bäder gibt es in vielen Formen: klein und eng oder großzügig, schäbig oder elegant, mit berauschenden Blicken in die Natur oder von Mauern umgeben. In den meisten baden Frauen und Männer getrennt. Das Wasser ist mindestens 40 Grad heiß, und die wichtigste Vorschrift lautet: sich ausgiebig zu waschen, bevor man ins Wasser gleitet.

Rund um das Becken befinden sich Waschplätze mit Spiegeln. Auf Hockern nimmt man Platz und beobachtet verstohlen die Einheimischen. Die schrubben sich, als wollten sie sich das letzte bisschen Farbe vom Körper reiben: von den Zehen bis zu den Ohrenspitzen. Sie putzen ihre Gesichter, waschen sich die Haare und wenden sich jedem noch so kleinen Teil ihrer Körper zu, als hätten sie alle Zeit der Welt. Und erst nach einer geraumen Weile steigen sie dann ins Wasser, setzen sich hinein, häufig in Gruppen - Kaffeeklatsch auf Japanisch.

Im Dogo Onsen ist das Bad am Abend ein überfüllter Ort, wo sich vom Kleinkind bis zum Greis alles trifft. Es ist so laut, dass sich Entspannung erst gar nicht einstellt. In anderen Bädern aber herrscht himmlische Ruhe. Besonders schön ist es, wenn sich ein Außenbereich anschließt, man beim Baden hinausschauen kann auf sich im Wind wiegende Bambusbäume und sich die Gäste an der Luft abkühlen dürfen.

Auf andere Europäer trifft man im Bad in der Regel nicht. Und naturgemäß beäugen die Japaner die Fremden genau so neugierig wie die Touristen die Japaner. Da muss man durch. Nach dem Baden hüllen sich dann wieder alle in ihre Baumwollgewänder. In vielen Einrichtungen wird man außerdem mit grünem Tee und filigranem Gebäck verwöhnt.

Pilgerweg über 88 Stationen

Matsuyama liegt im Westen der Insel Shikoku, auf der sich ein buddhistischer Pilgerweg über 88 Stationen windet. Er ist die berühmteste Pilgerstrecke Japans. Allein in Matsuyama befinden sich 8 Stationen. Nur etwa 15 Minuten vom Dogo Onsen entfernt, erstreckt sich zum Beispiel der im Jahr 728 gegründete Ishiteji-Tempel. Im Zentrum der Anlage thront eine himmelstürmende dreistöckige Pagode.

Die kleinste der vier Hauptinseln Japans: Shikoku liegt im Süden des Inselstaates.

Die kleinste der vier Hauptinseln Japans: Shikoku liegt im Süden des Inselstaates.

Die 88 Stationen liegen entlang einer 1100 Kilometer langen Strecke. Wer alle abgeklappert hat, ist von seinen Sünden befreit und bereit, gereinigt zu sterben. Die Strapazen einer solchen Pilgerroute nehmen aber nur noch die wenigsten Menschen auf sich. Viel lieber lassen sie sich in Reisebussen von Tempel zu Tempel kutschieren. Da wundert man sich dann auch nicht mehr über die 88 mit Sand gefüllten kunterbunten Säckchen im Ishiteji-Tempel. Wer alle inbrünstig berührt, kann sich den Pilgerweg beinahe schenken, heißt es.

Ein Besuch der Tempel ist so entspannend wie ein Bad im Onsen. Man kann in Ruhe die Rituale der Pilger beobachten, die sich meist in Gruppen nähern. Oder einfach umherwandern, Buddhastatuen auf sich wirken lassen und über kleine Brücken in entlegene Winkel spazieren. Die Heiligkeit des Ortes vermittelt sich unmittelbar, auch wenn man nicht alles versteht und sich nicht wundern würde, wenn gleich der Zauberer von Oz um die Ecke lugte. Die Atmosphäre ist so licht und klar wie die Kleidung der Pilger, und man wird ganz ruhig dabei. Nicht einmal die in Japan unausweichlichen hässlichen Getränkeautomat-Ungetüme stören den himmlischen Frieden.

Burg mit Rundumblick

Die Burg von Matsuyama.

Die Burg von Matsuyama.

(Foto: Wikipedia)

Die schönste Pilgerfahrt in Matsuyama ist aber wohl der Weg hinauf zur Burg. Sie thront auf dem 132 Meter hohen Katsuyama-Hügel, dem Hausberg der Stadt. Im Jahr 1606 hat sie der Herrscher Yoshiakira Katoh in Auftrag gegeben. Kriege und Feuersbrünste zerstörten die Burg mehrmals, immer wieder wurde sie originalgetreu aufgebaut. Vom höchsten Punkt des Turms aus genießt man dann einen Rundumblick über die Stadt, vor dessen Hauptbahnhof ein Riesenrad seine Runden dreht.

Den Weg zurück zum Dogo Onsen verkürzt eine Fahrt mit der altmodischen Straßenbahn, die zum alten Bahnhof rattert, nicht weit vom Badehaus entfernt. Gleich um die Ecke lädt ein Brunnen zum Verweilen ein. Menschen tunken ihre Füße und Hände in das heiße Wasser, um in den Genuss seiner heilenden Wirkung zu gelangen. Manche von ihnen hat man schon mehrmals gesehen: im Badehaus oder in einem der umliegenden Tempel. In Matsuyama führen eben viele Wege zum Heil.

Quelle: ntv.de, dpa

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