Reise

Knallrote Sofas und etwas Nostalgie Fernsehturm strahlt im Retrolook

Der Fernsehturm ist das weithin sichtbare Wahrzeichen Berlins.

Der Fernsehturm ist das weithin sichtbare Wahrzeichen Berlins.

(Foto: dpa)

Rote Sofas und eine Decke glitzernd wie der Sternenhimmel erwarten ab sofort die Gäste des Berliner Fernsehturms am Alexanderplatz. Der gesamte Besucherbereich mit Eingang, Aussichtsplattform und Restaurant wurden im Frühjahr umgebaut und sind zum Osterfest fertig.

Nach fünf Monaten Umbauzeit ist die Verjüngungskur pünktlich zu Ostern abgeschlossen.

Nach fünf Monaten Umbauzeit ist die Verjüngungskur pünktlich zu Ostern abgeschlossen.

(Foto: dpa)

"Die Stadt entwickelt sich, und der Turm muss mithalten", sagte die Geschäftsführerin der Betreibergesellschaft "TV Turm Alexanderplatz Gastronomie", Christina Aue, mit Blick auf die 1,5 Millionen Euro teure Neugestaltung. Aue setzte auf einen Look, der die 1960er Jahre zurückholt.

Ein erdfarbener Teppichboden mit cremefarbenen Kreisen und runde Leuchten erinnern an den Stil der Anfangsjahre des Turms, der 1969 eröffnet wurde. "Damals dominierten warme Farben", sagte Aue, die aus dem Westteil der Stadt stammt und den Turm im Ostteil seit 2007 managt. Den Betreibern gehört auch der Pariser Wolkenkratzer Tour Montparnasse. Französische Innenarchitekten gaben den Entwürfen den letzten Schliff. "Die roten Sofas waren ihr Vorschlag", sagte Aue.

Die Besucher werden die Sofas reichlich nutzen. Mit 1,2 Millionen Gästen pro Jahr ist der Fernsehturm ein Muss auf der Agenda der meisten Berlin-Touristen. Was den Turm so attraktiv macht, sind sein Standort am Alexanderplatz, seine außergewöhnliche Höhe von 368 Metern und der kugelrunde Bauch, in dem sich auf 207 Metern das Restaurant dreht.

Profaner Bau-Grund

Renovierter Eingangsbereich des Fernsehturms.

Renovierter Eingangsbereich des Fernsehturms.

(Foto: dpa)

Dabei war der Grund für seinen Bau denkbar profan: Die DDR hatte von der Internationalen Frequenzkonferenz in Stockholm nur zwei TV-Bereiche zugeteilt bekommen. Um sie optimal ausschöpfen zu können, musste ein möglichst hoher, zentral gelegener Turm gebaut werden. Zehn Jahre planten Architekten und Ingenieure das Bauwerk, mehrmals wurde sein Standort verschoben. In 53 Monaten zogen die Arbeiter schließlich den Turm hoch. Der Bau verschlang mindestens 200 Millionen DDR-Mark, rund sechsmal mehr als die ursprünglich geplanten Kosten.

Doch das störte die SED-Oberen nicht. Ihnen war wichtiger, dass der Turm zum 20. Jahrestag des Arbeiter- und Bauernstaats fertig war, der vier Tage nach der Eröffnung, am 7. Oktober 1969, gefeiert wurde. Sogar einen Spitznamen hatten die Ideologen für den Turm parat: "Telespargel" sollte er genannt werden, ein Name, der nie Eingang in den Volksmund fand. Eher belachten die Berliner die "Rache des Papstes", ein strahlendes Lichtkreuz, das sich auf der Kugel bei Sonnenschein bildet und die kirchenfeindliche Führung zu verspotten schien.

Rundbau war ein Novum

Die Kugel ist die Besonderheit des Baus. DDR-Architekt Hermann Henselmann nahm für sich in Anspruch, ihr geistiger Vater zu sein, doch auch andere Architekten reklamierten diese Rolle. Der Rundbau war Ende der 60er Jahre ein Novum, denn üblich war die zylinderförmige Turmkopflaterne wie beim 1956 eröffneten Stuttgarter Fernsehturm. Die Kugelaußenhaut besteht aus 120 trapezförmigen, goldfarbenen Segmenten. Sie wurden von den Stahlwerken Südwestfalen AG bei Siegen geliefert. Heute zählt der Turm zum Bedeutendsten, was die DDR-Architektur hervorgebracht hat.

Seine Historie soll durch den Umbau stärker gewürdigt werden. "Außerdem sind wir so ein wichtiger Anlaufpunkt in der Stadt - da wollen wir den Leuten etwas bieten", sagte Aue. Zwölf Euro kostet der Eintritt inklusive der Fahrt in einem der zwei Aufzüge, die 40 Sekunden bis nach oben brauchen.

Retro auch auf der Speisekarte

Während das Retrodesign jetzt erst wieder Einzug hielt, greift die Gastronomie schon länger auf Gutes aus alten Zeiten zurück. "Das für den Osten Deutschlands typische Ragout fin und Steak au four stehen bei uns auf der Karte", sagte Aue. Was französisch klingt, ist von deutschen Köchen für ebensolche Gaumen erdacht. Im Ragout finden sich Kalbsfleisch und Innereien, Steak au four ist ein unpaniertes Schnitzel mit Würzfleisch. Doch keine Angst - Aues Köche "interpretieren" die Gerichte "zeitgemäß", wie sie bekräftigte. Auch die Kleidung der Servicekräfte soll dem neuen Stil angepasst werden: Die Uniformen sind kaffeebraun und werden gerade geschneidert.

Quelle: ntv.de, Mechthild Henneke, AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen