Reise

TGV und ICE In vier Stunden nach Paris

Fast auf die Minute pünktlich fährt um 8.29 Uhr der erste ICE der Hochgeschwindigkeitsverbindung aus dem mit hunderten französischen Fahnen geschmückten Frankfurter Hauptbahnhof. Mit an Bord des silberglänzenden ICE 9554 ist die französische Sängerin Patricia Kaas, die in Saarbrücken aussteigt und dort zur Feier des Tages ein Konzert gibt. Für die Tochter einer Deutschen und eines Franzosen ist dieser Tag etwas ganz Besonderes: Sie werde künftig dank des TGV häufiger von Paris zu ihrer Familie ins Elsass kommen, sagt sie. Viele Deutschen verspürten demnächst sicher auch noch mehr Reiselust. "Am Anfang werden sicherlich mehr Deutsche nach Paris gehen wollen. Paris ist eine Traumstadt."

In dem Zug mit seinen 413 Sitzplätzen fahren am Sonntagmorgen rund 150 Mitarbeiter und Gäste der Bahn sowie Passagiere mit. Der Rest sind normale Reisende. Eine Chanson-Sängerin mit Akkordeon sorgt von Anfang an für französisches Flair in den Reihen. Richtig voll sind die acht Waggons des Hochgeschwindigkeitszugs der modernen ICE-Generation 3 aber erst ab der Grenze. Der französische Zugchef Detlef Bernard in grauer und der deutsche Antonio Gimmillaro in blauer Uniform kontrollieren gemeinsam die Fahrkarten. Die Fahrgäste werden in Französisch, Deutsch und Englisch angesprochen.

Der Frankfurter Student Hendrik Jedamus hat eines der 10.000 Tickets für den Sonderpreis von 29 Euro ergattert. Als die Tickets im Internet frei geschaltet wurden, habe er bis in die Nacht hinein versucht, eines zu bekommen. Um 2.00 Uhr sei es ihm schließlich gelungen. Der gebürtige Saarbrücker freut sich über die gut zwei Stunden schnellere Zugverbindung in die französische Hauptstadt. "Ich laufe heute als Tourist ein bisschen in der Stadt rum und fahre morgen Nachmittag wieder nach Frankfurt zurück."

Auch in Stuttgart herrschte am Sonntag echte Feiertagsstimmung. Der französische Hochgeschwindigkeitszug TGV war pünktlich um 7.24 Uhr vom Pariser Ostbahnhof losgefahren und kam mit 18 Minuten Verspätung in der baden-württembergischen Landeshauptstadt an. Grund waren die vielen Schaulustigen an der Strecke. Empfangen wurden die Reisenden mit einem roten Teppich. Darauf warteten Polit-Prominenz aus Baden-Württemberg, Bahnchef Hartmut Mehdorn und auch zwölf Stuttgarter Cheerleader, die mit Tänzen und Gesängen wie "Ein Hoch auf den TGV" einheizten. Danach ging es für viele auf dem Stuttgarter Schlossplatz mit einem Konzert weiter.

"Es ist ein ausgesprochen angenehmer Zug und ein ausgesprochen angenehmes Reisen. Eine echte Alternative zum Fliegen", schwärmte Karlsruhes Oberbürgermeister Heinz Fenrich (CDU). Auch die französische Bahn SNCF war zufrieden. Der Zug war fast voll besetzt. Yolande Baldeurek, Journalistin aus dem Elsass, zeigte sich in Stuttgart bewegt: "Ich habe seit mehr als 20 Jahren über den TGV geschrieben. Als er heute Morgen aus Paris ankam, war das schon sehr emotional. Es war schön, die vielen Menschen entlang der Strecke zu sehen." Der Zug führe Menschen zwischen Ost und West zusammen.

Kurz vor der deutschen Grenze, in Straßburg, wurde für die Fahrgäste ein grüner Teppich ausgerollt, Bäckereien in Bahnhofsnähe boten Schokoladen-TGVs an und die Restaurant-Terrassen hatten mit Tagesgästen aus Paris Hochkonjunktur. Doch nicht alle Franzosen freuen sich über die neue Verbindung. Manche klagen laut über den Abbau von Nahverkehrsverbindungen und häufige Verspätungen auf Nebenstrecken. "Ich bin Rentner, ich habe nichts dagegen, mit einem guten Buch vier Stunden lang im Zug zu sitzen", sagt ein 67-jähriger Straßburger, der den "normalen" Bahnfahrten nach Paris nachtrauert.

(Ira Schaible, Heike Sonnberger und Petra Klingbeil, dpa)

Quelle: ntv.de

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