Reise

"Bete zu Gott, dass sie wiederkommen" Pyramiden ohne Touristen

Die Pyramiden von Gizeh sind wieder für Touristen geöffnet. Doch die Urlauber sind schon längst aus dem Land. Dem Fremdenverkehr haben die Unruhen schwere Schäden zugefügt. Immerhin hatten sich zu Beginn der dramatischen Ereignisse mehr als eine Million Touristen im Land aufgehalten. Nun wird jeder einzelne Besucher auf dem Pyramidengelände freudig begrüßt.

Warten auf Touristen - doch die meisten sind abgereist.

Warten auf Touristen - doch die meisten sind abgereist.

(Foto: dpa)

Die fast menschenleeren Karawansereien und Basare am Eingang zu den Pyramiden von Giza bieten einen traurigen Anblick. Dutzende Pferde stehen an einer Mauer aufgereiht und zupfen gemächlich an Gras- und Heuballen. Ein junges Kamel wälzt sich daneben im Staub. Die meisten Geschäfte und Cafés sind geschlossen. In den wenigen geöffneten Lokalen, zu "normalen" Zeiten von durstgeplagten Touristen überlaufen, schlägt das gelangweilte Personal die Zeit bei der Jagd nach lästigen Fliegen tot.

Das Pyramidengelände war nach Ausbruch der Unruhen am 25. Januar für Besucher gesperrt worden. Doch seit Mittwoch ist es wieder geöffnet. Allein - die Touristen sind weg. "Sie sind heute der Zweite, den ich führe", erzählt der Fremdenführer Mohammed, während er einem aufs Pferd hilft und die Mittagssonne winterlich-mild vom Himmel scheint. Vorher führte er am Donnerstag einen Briten, am Tag davor einen Amerikaner.

Von Mohammeds Stallung geht es über einen Seitenzugang aufs Areal der Pyramiden. Ein Beamter der Touristenpolizei freut sich über den seltenen Besucher, ein Sicherheitsmann durchsucht ihn nach Waffen. Vorbei an einer hellbraunen leeren Fläche im Sand - dem Parkplatz für die Autobusse - geht es über sanft gewellte Dünen. Im Hintergrund zeichnen sich die Pyramiden ab. Dicke Wolken werfen geheimnisvolle Schatten auf das Weltwunder.

Nu eine Handvoll Touristen

Da und dort taucht in der Ferne ein Kamel mit einem Urlauber auf dem Rücken auf. Drei Japanerinnen kommen hoch zu Ross entgegen. Drei junge Saudis galoppieren auf ihren Pferden ausgelassen über Steine und Wüstensand. Eine Handvoll Touristen mögen es sein, nicht mehr, die sich zu dieser Zeit auf der weiten Fläche tummeln. Mohammed, 30 Jahre alt, Vater zweier Kinder und, wie er sagt, seit 20 Jahren im Geschäft, redet sich Mut zu: "Sehen Sie? Einen Tag geöffnet, und wir haben bereits wieder Touristen. Ich bete zu Gott, dass sie alle wiederkommen mögen."

Die vom Regime geschürten Unruhen, die Polizeiausschreitungen und die allgemeine Lähmung des Landes haben der Tourismusindustrie enormen Schaden zugefügt. Mehr als eine Million Touristen hatten sich zu Beginn der dramatischen Ereignisse im Land aufgehalten, die meisten von ihnen sind mehr oder weniger vorzeitig abgereist. Auch fast alle der anfangs rund 35.000 deutschen Urlauber sind wieder zu Hause. Und neue kommen nicht nach. Die großen Reiseveranstalter haben vorerst alle ihre Ägypten-Angebote aus dem Programm genommen.

Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftszweig in Ägypten - er sichert etwa zehn Prozent der Arbeitsstellen.

Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftszweig in Ägypten - er sichert etwa zehn Prozent der Arbeitsstellen.

(Foto: dpa)

Für das Land am Nil ist das ein herber Schlag. Der Fremdenverkehr erwirtschaftet elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), die Jahreseinkünfte aus diesem Wirtschaftszweig werden auf 10,8 Milliarden Euro geschätzt. Er sichert zehn Prozent der Jobs im Lande - erste lokale Tourismusfirmen entlassen bereits ihre Mitarbeiter. In einem Land, in dem 34 Prozent der unter 25-Jährigen keine Arbeit haben, ist das eine bedenkliche Entwicklung.

Mitglieder der Schlägertrupps

Die Menschen, die in Gizeh - noch - Arbeit haben, wollen unpolitisch wirken. Doch viele Ägypter haben nicht vergessen, dass aus ihren Reihen Pferde- und Kamelbesitzer rekrutiert wurden, die vor acht Tagen, bei den Angriffen von zivilen Schlägertrupps auf die friedlichen Demonstranten am Tahrir-Platz in Kairo, mit ihren Tieren mitten in die Menge geritten waren und mit Stöcken auf die Menschen eingeprügelt hatten.

Mohammed war nicht unter ihnen, sagt er. Einerseits schimpft er auf den populären arabischen Satellitensender Al-Dschasira, der ein "falsches Bild" von Ägypten gezeichnet und damit die Touristen vertrieben hätte. Zum anderen machen auch ihn die sozialen Verwerfungen im Lande nachdenklich: "Einige wenige an der Spitze besitzen alles, die anderen nichts."

Quelle: ntv.de, Gregor Mayer, dpa

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