Auf den Spuren eines Frauenmörders Stadtführung sorgt für Diskussion
02.01.2011, 12:03 UhrEine Stadtführung über einen Frauenmörder - darf man so was? In Karlsruhe befürchten manche die Verherrlichung einer "Bestie". Für andere gehört der Fall Pommerenke zur Stadtgeschichte. Die Pläne der Stadt sorgen für Diskussionen.

Pommerenke ermordete vier Frauen auf bestialische Weise. (Im Bild: nach seiner Verhaftung)
(Foto: dpa)
Im Frühsommer 1959 wird eine junge Studentin bei Tempo 120 aus einem Zug zwischen Heidelberg und Basel geworfen. Der Täter zieht die Notbremse, eilt zum schwer verletzten Opfer, tötet es und vergeht sich an der Leiche. Das war nur eine der grausamen Taten des vor zwei Jahren im Gefängnis gestorbenen Frauenmörders Heinrich Pommerenke.
In Karlsruhe wird jetzt über eine Stadtführung auf den Spuren des Serienmörders nachgedacht - schließlich gebe es zum Beispiel in London auch Führungen zum Serienkiller Jack the Ripper. Noch ist nichts entschieden. Doch schon die Pläne sorgen für heftige Diskussionen.
Vier Frauen hat Pommerenke im Südwesten auf bestialische Weise ermordet. Dazu kommen Dutzende weitere Verbrechen wie Mordversuche, Vergewaltigungen, Raubüberfälle und Erpressungen. Vor mehr als 50 Jahren wurde er durch einen Zufall gefasst. Seitdem saß er hinter Gittern. Er starb im Dezember 2008 im Alter von 71 Jahren im Gefängniskrankenhaus Hohenasperg bei Ludwigsburg - nach fast 50 Jahren Haft.
Kein Denkmal setzen, sondern aufklären
Der Karlsruher Journalist Thomas Staisch hat die Geschichte des Mörders lange recherchiert und jüngst dazu ein Buch veröffentlicht ("Heinrich Pommerenke, Frauenmörder. Ein verschüttetes Leben"). Sein Wissen will er weitergeben. Mit Mitarbeitern des Karlsruher Tourismusbüros unternahm er kurz vor Weihnachten eine erste Probe-Tour auf den Spuren des Mörders. Pommerenke hatte 1959 auch in Karlsruhe eine Frau getötet und weitere Verbrechen verübt. Kurzzeitig fand er hier sogar - unweit einer Polizeiwache - Unterschlupf.
"Es geht mir nicht darum, mit der Stadtführung Pommerenke ein Denkmal zu setzen, sondern um aufzuklären", sagt Staisch. "Es ist ein sehr berühmter Kriminalfall, der zu Karlsruhe gehört." Schließlich gebe es zu allen möglichen Themen Stadtführungen. "Man muss auch zu den dunklen Kapiteln der Stadtgeschichte stehen", meint er. Das sahen Mitarbeiterinnen des Tourismusbüros laut Berichten der "Badischen Zeitung" und der örtlichen "Badischen Neuesten Nachrichten" (BNN) offensichtlich nicht viel anders.
"Geschmackloses" Vorhaben
Nachdem bei den "BNN" aber Proteste vor allem älterer Leute gegen das "geschmacklose" Vorhaben eingingen, zeigt man sich beim Tourismus-Büro zugeknöpft. "Es gibt noch keine abschließende Entscheidung", sagt die Chefin Monika Storck. "Wir müssen uns noch Gedanken darüber machen, ob das ganze gegenüber den Opfern und ihren Angehörigen vertretbar ist." Es dürfe jedenfalls keineswegs nur die Täterseite gezeigt werden.
Zugleich verweist Storck auf das breite Spektrum von Angeboten bei Führungen in der sogenannten Residenz des Rechts, der Stadt als Sitz der höchsten deutschen Gerichte und der Bundesanwaltschaft. Und Autor Staisch nennt das Beispiel anderer Städte: "Vor Jahren bin ich in London als Tourist auf den Spuren des Serienkillers Jack the Ripper gewesen. Ich finde eine solche Stadtführung legitim. Und für Karlsruhe wäre aus meiner Sicht eine über Pommerenke genauso legitim."
"Vor ihnen sitzt ein Teufel"
Ein heute 71-jähriger, pensionierter Bahnbeamter, der 1959 beim Nachtdienst von Pommerenke überfallen wurde, sieht das nicht ganz so: "Würdig ist das aus meiner Sicht nicht." Der Karlsruher war das letzte Opfer Pommerenkes, bevor jener kurz darauf festgenommen wurde. Zwar ist auch er dafür, dass das dunkle Kapitel aufgearbeitet wird und bei Führungen erwähnt wird.
"Von einer separaten Stadtführung würde ich aber abraten", sagt der 71-Jährige, der seinen Namen nicht nennen mag. Zum einen wird nach seiner Meinung damit dem Täter ein zu großer Stellenwert eingeräumt. "Und für die Opfer und ihre Angehörigen ist es ein zu trauriges Kapitel." Pommerenke hatte über sich selbst gesagt: "Vor Ihnen sitzt kein Mensch, sondern der Teufel."
Quelle: ntv.de, Susanne Kupke, dpa