Pflicht in Kiel, Kür in New York Abraham will Megafight
29.03.2008, 12:58 UhrEr war noch niemals in New York. Die Weltmetropole am Hudson River lockt Arthur Abraham wie einst Udo Jürgens. Madison Square Garden - das Box-Mekka, da will der Mittelgewichtsweltmeister aus Berlin hin. Dort gibt es weltweiten Ruhm und viel Geld zu verdienen und sportliche Träume zu erleben.
Dafür nimmt Abraham auch einen kleinen Umweg auf sich: Sein Weg in den "Big Apple" führt über Kiel. Dort stellt er sich heute ab 22.10 Uhr dem Amerikaner Elvin Ayala zu einer freiwilligen Titelverteidigung.
Vorboxen im Vorprogramm
"Kiel ist für mich im Augenblick größer als New York", sagt Abraham artig, "von diesem Kampf ist meine Karriere abhängig." So wird eine freiwillige Titelverteidigung, die normalerweise vor allem dem Erfüllen von Fernsehverträgen und Geldverdienen dient, zur Pflicht. "Wenn wir hier verlieren, brauchen wir erst gar nicht in die USA reisen", sagt Trainer Ulli Wegner.
Dabei ist die weitere Strategie von Promoter Wilfried Sauerland bereits mit den mächtigen Fernsehbossen des Pay-TV-Senders HBO genau abgesprochen. Am 7. Juni soll der in 25 Kämpfen ungeschlagene IBF-Weltmeister in New York eine Kostprobe seiner Schlagkraft abliefern. Im Vorprogramm von US-Star Kelly Pavlik, der am gleichen Abend gegen Gerry Locket seine WBC- und WBO-Gürtel verteidigt. Nächster Gegner von Pavlik soll dann Abraham sein. "Beide sollen Ende des Jahres oder im Januar einen Vereinigungskampf gegeneinander bestreiten", erklärt Sauerland.
Blutiger Mythos
In Deutschland ein Star - dies trifft auf Abraham mittlerweile zu, reicht aber nicht. Gewandet wie der legendäre mittelalterliche König Artus mit dem Schwert Excalibur in der Hand ist er auf dem Kampfplakat für den Fight in Kiel zu sehen. Der einstige "Schlumpfboxer" wird so zu einem Mythos überhöht. 20 K.o.-Siege und die blutige Ringschlacht mit mehrfachem Kieferbruch vom September 2006 gegen Edison Miranda trugen zum Ruf der Unbesiegbarkeit bei.
Gesteuert wird das Image des 28-Jährigen mittlerweile von mehreren Beratern, die sich um mediale Präsenz kümmern, dafür sorgen, dass er in Talkshows auftritt oder bei Thomas Gottschalk wettet. Vorläufiger Höhepunkt der Popularitäts-Offensive wird die feierliche Uraufführung des 90-minütigen Dokumentarfilms "Es geht um alles" am 30. April im Rahmen des Filmkunstfestes in Schwerin.
Traum von 40 Millionen
Angesichts der zahlreichen Pflichten außerhalb des Ringgevierts kann da schon mal die Konzentration auf das alles entscheidende Handwerk mit den zwei Fäusten abhanden kommen. Eine Sorge, die Wegner ständig umtreibt. "PR-Termine müssen sein, aber das Training darf nicht darunter leiden", meint der erfahrene Coach, der seinen Schützling in Binz auf Rügen fit drillte.
Ayala, 18-mal in 21 Kämpfen siegreich, kann eigentlich nur darauf hoffen, dass Abraham wie oft Probleme in den Anfangsrunden hat, auf Dauer wird der Herausforderer dem Druck und der Schlagkraft des Weltmeisters nicht widerstehen können. Kaum vorstellbar, dass sich Abraham bei seinem Weg aus einem Asylbewerberheim in Bamberg zu den Mega-Börsen in Amerika von Ayala aufhalten lässt. "Wenn ich 40 bin, möchte ich 40 Millionen verdient haben", sagt er. New York ruft.
von Andreas Hardt, sid
Quelle: ntv.de