Co-Sponsoren wanken Adidas lässt Radsport sausen
28.11.2007, 13:13 UhrDer Ausstieg mehrerer potenter Geldgeber bedroht den deutschen Profi-Radsport. Nach dem Rückzug der Deutschen Telekom AG hat auch der Sportartikelhersteller adidas das sofortige Ende seines Engagements beim T-Mobile-Team beschlossen. Adidas werde seinen bis Ende 2008 laufenden Ausrüstungsvertrag nicht verlängern und "ab sofort nicht mehr als Ausrüster des Teams auftreten", erklärte das Unternehmen aus Herzogenaurach. Die weiteren Co-Geldgeber Giant und Audi wollen ihr Engagement bei der bisherigen T-Mobile-Mannschaft prüfen, die unter dem Namen "High Road" und unter dem bisherigen Team-Manager Bob Stapleton weiterfährt. Dies teilten Europas größter Fahrradhersteller und der Auto-Konzern mit.
Doch zumindest in den kommenden beiden Jahren ist das Stapleton-Team finanziell bestens ausgestattet. Rund 25 Millionen soll die Telekom nach ARD-Informationen als Abfindung für die Auflösung des bis 2010 gültigen Kontrakts gezahlt haben. "Es ist klar, dass das für uns kein preiswertes Unterfangen war", sagte Telekom-Sponsoringchef Stefan Althoff im WDR. Audi und adidas sind vertraglich bis Ende 2008 an das Team gebunden, Giant bis 2010. "Wir werden mit dem Team reden und uns in den nächsten Tagen äußern", kündigte Audi-Sprecherin Iris Altig an.
Ähnlich zurückhaltend äußerte sich Giant Deutschland. "Wir prüfen die Optionen und welche Möglichkeiten es gibt, kurzfristig auf diese Entwicklung zu reagieren", erklärte Marketing- und Vertriebsleiter Oliver Hensche. Er betonte: "Unser Interesse ist, dass wir im Profi-Radsport weiter sichtbar sind." Alle drei bisherigen Co-Sponsoren machten über die Höhe der jährlichen Aufwendungen keine Angaben.
Bereits vorher hatte Gerolsteiner den Rückzug nach 2008 angekündigt, das Zweitliga-Team Wiesenhof macht schon nach diesem Jahr Schluss. Für den Kölner Marketing-Experten Hartmut Zastrow ist die krisengeplagte Sportart dauerhaft geschädigt. "Ich glaube, dass es auf Jahre hinaus nicht gelingen wird, Sponsoren für den Radsport zu gewinnen. Vor allem für börsennotierte Unternehmen ist das undenkbar: Das würde für massive Proteste der Aktionäre sorgen", sagte das Vorstandsmitglied der Kölner Agentur Sport + Markt. Zastrow taxierte den Wertverlust des Radsports im Bereich Sportsponsoring auf "zwischen 100 und 150 Millionen Euro". Ähnlich äußerte sich die frühere BDR-Präsidentin Sylvia Schenk in der "Stuttgarter Zeitung": "Ich kann mir nicht vorstellen, dass noch eine Firma aufsteht, um sich in diesen Morast zu stürzen."
Dem millionenschweren Kalifornier Stapleton ist indes vor der Zukunft nicht bange. "Wir haben genug Mittel, um die nächsten zwei Jahre weiter zu fahren, ohne einen neuen Sponsor dabei zu haben", sagte der Team-Manager des künftigen Rennstalls "High Road". Doch der Rückzug der Telekom und von adidas könnte anderen Geldgebern die Marschrichtung vorgeben. "Es kann sich natürlich hier und da auf andere Sponsoren auswirken. Das kann ich nicht ausschließen", sagte Verbandschef Rudolf Scharping.
Die Nationalteams des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) werden ebenfalls von adidas ausgerüstet. "Wir stehen in enger Verbindung mit unserem Partner BDR um im Gesamtkontext über die Problematik im Radsport zu sprechen", sagte adidas-Sprecher Oliver Brüggen.
Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien äußerten Verständnis für die Entscheidung der beiden Sponsoren. Viele bezeichneten den Rückzug als "überfällig". Der Sportausschuss-Vorsitzende Peter Danckert befürchtet, dass möglicherweise auch andere Sportarten und Rad-Teams von der Entscheidung betroffen sein könnten: "Ich denke, das wird Kreise ziehen."
Von Benjamin Haller und Heinz Büse, dpa
Dem millionenschweren Kalifornier Stapleton ist trotz der ersten Sponsoren-Rückzieher nicht bange. "Wir haben genug Mittel, um die nächsten zwei Jahre weiterzufahren, ohne einen neuen Sponsor dabei zu haben", sagte der Team-Manager des künftigen Rennstalls "High Road". Doch der Rückzug der Telekom und von adidas könnte anderen Geldgebern die Marschrichtung vorgeben. "Es kann sich natürlich hier und da auf andere Sponsoren auswirken. Das kann ich nicht ausschließen", sagte Verbandschef Rudolf Scharping.
Bund Deutscher Radfahrer eingeschaltet
Die Nationalteams des Bundes Deutscher Radfahrer werden ebenfalls von adidas ausgerüstet. "Wir stehen in enger Verbindung mit unserem Partner BDR um im Gesamtkontext über die Problematik im Radsport zu sprechen", sagte adidas-Sprecher Oliver Brüggen.
Politik macht Druck
Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien äußerten Verständnis für die Entscheidung der beiden Sponsoren. Viele bezeichneten den Rückzug als "überfällig" und "konsequent". Der Sportausschuss-Vorsitzende Peter Danckert befürchtet, dass möglicherweise auch andere Sportarten von der Entscheidung betroffen sein könnten: "Ich denke, das wird Kreise ziehen." Er erwarte, dass auch andere Sponsoren einen Ausstieg überlegten: "Wenn die Hauptsponsoren wie Adidas und Telekom aussteigen, und andere haben das ja auch schon gemacht, werden andere das auch überlegen. Dann ist natürlich der Profiradsport in Deutschland am Ende."
Es sei bitter, dass sich mit dem Radsport eine beliebte Sportart in einen permanenten Doping-Verdacht verstrickt und daraus nicht die nötigen Konsequenzen gezogen habe. Danckert fürchtet Auswirkungen der Radsport-Krise auch auf andere Sportarten: "Ich glaube, dass sich andere Sponsoren überlegen werden, ob sie sich nicht aus der Unterstützung des Sports zurückziehen", sagte der SPD-Politiker.
Millionenförderung auf dem Prüfstand
Nach Angaben des Sprechers aus dem zuständigen Bundesinnenministeriums muss der deutsche Radsport auch um öffentliche Fördermittel in Millionenhöhe fürchten. Derzeit lägen die jährlichen Zuwendungen des Bundes bei etwa zwei Millionen Euro. "Ob das in Zukunft auch so sein wird, ist offen", ergänzte der Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Dies hänge zu einem wesentlichen Teil vom Sonderbericht einer Kommission ab, die Innenminister Wolfgang Schäuble Mitte des Jahres eingesetzt habe, um zu prüfen, ob die deutsche Sportförderung insgesamt den Richtlinien entsprechend eingesetzt wird. Dazu gehöre auch, für einen dopingfreien Sport zu sorgen.
Der Sportausschuss-Vorsitzende Danckert bekundete Verständnis für die Forderung, die Fördermittel für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) nach den jüngsten Vorgängen einzufrieren. Zunächst sollte man aber die nächsten Entwicklungen abwarten. Sollte sich bewahrheiten, dass das BDR-Präsidium schon früher von Unregelmäßigkeiten wusste, habe der Verband schwere Zeiten vor sich, sagte Danckert voraus.
Quelle: ntv.de