"Warum gibt er das überhaupt zu?" Agassi-Beichte empört Becker
03.11.2009, 18:55 UhrWie zuvor schon Roger Federer und Rafael Nadal sieht auch Ex-Tennisprofi Boris Becker durch die Drogenbeichte von Andre Agassi seinen Weißen Sport beschmutzt. Doch Beckers Argumentation ist ebenso beliebt wie naiv.

Andre Agassis Biographie erscheint am 10. November.
(Foto: AP)
Boris Becker ist mit seinem alten Konkurrenten Andre Agassi hart ins Gericht gegangen. "Er schadet nur dem Tennissport", sagte der dreimalige Wimbledonsieger der "Sport Bild" zu dem Doping-Geständnis des Graf-Ehemannes. Agassi gibt in seiner in Kürze erscheinenden Autobiografie zu, 1997 die Droge Crystal Meth konsumiert und nur durch eine Lüge eine Sperre durch die Profispieler-Organisation ATP verhindert zu haben. "Für mich stellt sich die Frage: Warum gibt er das überhaupt zu?" so Becker: "Wem bringt das was?"
Vor Becker hatten vor allem Roger Federer und Rafael Nadal ihr Unverständnis erklärt. Zudem hat die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA die ATP zu einer Stellungnahme aufgefordert, warum der inzwischen verjährte Fall bislang verschwiegen worden ist und keinerlei Folgen gehabt hat. "Er hat ein Schreiben an die ATP geschickt, dass es nicht absichtlich passiert ist. Und dann haben die, wer immer bei der ATP dafür zuständig war, beide Augen zu gemacht. Das geht natürlich auf beiden Seiten nicht", sagte Becker.
"Fühle mich als Sportler enttäuscht"
"Wenn er zu viel Bier getrunken oder mal einen Joint geraucht hätte, dann könnte man es vergessen. Aber wir reden über eine der schlimmsten Drogen überhaupt: Crystal Meth ist ein synthetisches Aufputschmittel und eine der gefährlichsten Drogen der Welt. Es kann schon bei der ersten Einnahme süchtig machen und führt langfristig zu geistigen Behinderungen und dann zum Tod."
Schon als junger Tennisspieler sei er von seinem Vater mit Ephedrin und später sogar mit Speed gedopt worden, berichtet der Olympiasieger in seinem Buch. "Wie man damit überhaupt Tennisspielen kann, weiß ich nicht", sagte Becker: "Ich fühle mich als Sportler enttäuscht. Er hat viele Grand Slams gewonnen, einige auch gegen mich. Wenn er die gewonnen hat, weil er auf Speed war, dann ist das einfach unfair und hat im Sport nichts zu suchen."
Doping kein Thema im Tennis

Auf dem Platz hieß der Sieger in den Duellen gegen Agassi meist nicht Becker.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Becker selbst betont, nie etwas mit Doping zu tun gehabt zu haben. Denn, so die schlichte Begründung: "So was ist im Tennis nicht verbreitet, und da muss ich auch für meine Kollegen, ob das ein Roger Federer oder Rafael Nadal ist, meine Hand ins Feuer legen." Zudem hätten diese Betrugsversuche gar keinen Sinn, meinte der Wimbledonsieger, der nur 4 von 14 Vergleichen mit Agassi gewonnen hat. "Wir haben einen koordinativ hochkomplizierten Sport, wo es auf Bruchteile von Sekunden ankommt. Da gibt es meines Wissens keine Droge, die einen weiterbringt. Deshalb ist die Veröffentlichung umso schlimmer."
Dies allerdings ist auch im Fußball eine ebenso beliebte wie verkürzende Argumentationsstrategie, um das Thema Doping pauschal vom Tisch zu wischen und jedwede Diskussion im Keim zu ersticken. Dabei scheint für den neutralen Betrachter unzweifelhaft, dass bei Partien über mehrere Stunden und Turnieren im Wochenrhythmus ausdauersteigernde oder muskelaufbauende Manipulationspraktiken wie Blutdoping oder Steroidgebrauch Betrügern auch im Tennis unfaire Vorteile verschaffen können. Eine ernsthafte Diskussion darüber hat es im Tennis, wie auch im Fußball, bislang noch nicht gegeben. Agassis Beichte könnte ein Anstoß dazu sein.
Quelle: ntv.de, cwo/dpa