Zu Hause wartet Gerichtsprozess Alexander Zverev zieht das Hammer-Los Rafael Nadal
23.05.2024, 16:02 Uhr
Alexander Zverev jubelt nach seinem Sieg über Jarry im Finale von Rom.
(Foto: Alessandra Tarantino/AP/dpa)
Die Form stimmt, die Konkurrenten schwächeln: Alexander Zverev startet als ein Titelfavorit bei den French Open. Doch in Paris geht es gleich zu Beginn ausgerechnet gegen Altmeister Rafael Nadal auf dessen Abschiedstour. Und zu Hause wartet ein Prozess wegen des Vorwurfs der Körperverletzung.
Alexander Zverev hat bei der Auslosung für die French Open den schwerstmöglichen Auftaktgegner erwischt. Der Tennis-Olympiasieger bekommt es in der ersten Runde mit dem 14-maligen Paris-Champion Rafael Nadal zu tun. Beide standen sich im Stade Roland Garros bereits im denkwürdigen Halbfinale vor zwei Jahren gegenüber, als Zverev gegen Ende des zweiten Satzes umgeknickt war und sich eine schwere Knöchelverletzung zugezogen hatte.
Für Nadal ist es sehr wahrscheinlich der letzte Auftritt bei seinem absoluten Lieblingsturnier. Der 37 Jahre alte Spanier plagt sich immer wieder mit Verletzungen herum und hat angekündigt, dass 2024 wohl sein letztes Jahr auf der Tennis-Tour sein wird. Als bestes Sandplatz-Ergebnis hat Nadal, der wegen seiner vielen Verletzungen in Paris dieses Mal nicht gesetzt ist, in diesem Jahr bislang das Achtelfinale beim Masters-1000-Turnier in Madrid zu Buche stehen.
Beim Masters-1000-Event in Rom war die frühere Nummer eins der Welt zuletzt bereits in der zweiten Runde klar in zwei Sätzen am Polen Hubert Hurkacz gescheitert. Zverev hatte das Turnier in der italienischen Hauptstadt gewonnen und damit eine perfekte Generalprobe für Paris gefeiert. Die deutsche Nummer eins strebt in Paris ihren ersten Grand-Slam-Titel an.
Gelingt Zverev diesmal der große Wurf?
Zweimal stand Zverev schon ganz dicht vor einem Major-Triumph. 2020 beim US-Open-Finale verspielte Zverev gegen seinen österreichischen Kumpel Dominic Thiem eine 2:0-Satzführung. Anderthalb Jahre später begegnete er Nadal bis zur Verletzung auf Augenhöhe. "Die letzten zwei Jahre waren sehr schwierig", sagte Zverev, der nach seiner Fußverletzung lange um den Anschluss an die Weltspitze kämpfte. "Ich wusste nicht, ob ich jemals wieder auf dieser Bühne spielen kann." Die Antwort gab er sich mit seinem Masters-1000-Triumph vergangenen Sonntag in Rom selbst. In italienischen Zeitungen wurde er als "Alexander der Große" gefeiert. Folgt nun in Paris die Krönung?
"Die Sterne stehen extrem gut" - mit diesen Worten hatte Deutschlands Tennis-Ikone Boris Becker seinem Nachfolger schon vor Monaten ein erfolgreiches Tennisjahr 2024 vorausgesagt. Da war aber das Los Nadal in der ersten Runde noch nicht bekannt. Dennoch: Angesichts von Zverevs Topform und der schwächelnden Konkurrenz sind die Chancen nochmals gestiegen. "Es ist immer ein bisschen unfair, weil es den Druck auf ihn erhöht, dass er unbedingt gewinnen muss", sagte Ex-Spielerin Andrea Petkovic bei Sky: "Ich würde eher sagen: Er kann." In bester Barack-Obama-Manier warf Petkovic dem Hamburger vor laufender Kamera auch ein motivierendes "Yes, you can!" zu.
Berechtigte Hoffnungen auf ein Erreichen der zweiten Turnierwoche in Roland Garros macht sich auch Jan-Lennard Struff nach seinem ATP-Sieg in München auf Sand. Bei den Frauen will die frühere Weltranglistenerste Angelique Kerber bei ihrem zweiten Grand-Slam-Turnier nach der Rückkehr aus ihrer Babypause deutlich besser abschneiden als beim Erstrunden-Aus bei den Australian Open. Doch realistische Titelchancen hat aus deutscher Sicht nur Zverev.
Zverevs Konkurrenten schwächeln
Dies drückt sich auch in der Weltrangliste aus, in der der 27-Jährige erstmals seit seiner schweren Fußverletzung wieder in die Top-4 vorgerückt ist. Angenehmer Nebeneffekt: Dadurch geht er mindestens bis zum Halbfinale den drei anderen großen Turnierfavoriten Novak Djokovic, Jannik Sinner und Carlos Alcaraz aus dem Weg - sofern überhaupt alle starten. Alle drei und auch Rekordchampion Rafael Nadal hatten zuletzt mit Verletzungen zu kämpfen.
Klar ist: Zverev will seine Chance nutzen und scheut dafür kein Risiko. Er wolle sein "aggressivstes Tennis spielen", betonte er. Analysen zeigen, dass der Australian-Open-Halbfinalist bei seiner eher schwächeren Vorhand in Sachen Kontrolle und Geschwindigkeit deutliche Fortschritte gemacht hat. Auf seine Rückhand und vor allem seinen Aufschlag kann er sich ohnehin verlassen.
Wie macht sich der Prozessbeginn bemerkbar?
Was spricht also gegen ihn? Zum einen Nadal, der sich in seinem Wohnzimmer immer wieder zu unbändigen Leistungen aufschwang und sich beim letzten Mal in Paris nicht mit einem einzigen Match verabschieden möchte. Zum anderen könnte der während der French Open am 31. Mai angesetzte Beginn des Prozesses wegen des Vorwurfs der Körperverletzung vor dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin Zverevs Konzentration beeinflussen. Schon während der Australian Open war das Thema von internationalen Medien aufgegriffen worden. Auch Zverevs Kontrahenten wurden dazu befragt. Damals hatte er sich davon nach eigener Aussage nicht abgelenkt gefühlt.
Zverev soll eine Geldstrafe von 450.000 Euro (90 Tagessätze zu je 5000 Euro) wegen Körperverletzung zahlen. Er weist den Vorwurf jedoch zurück und hat Einspruch eingelegt. Ihm wird zur Last gelegt, im Mai 2020 in Berlin bei einem Streit eine Frau körperlich misshandelt zu haben. Die mutmaßlich Geschädigte tritt in dem Verfahren als Nebenklägerin auf. Zverev muss selbst nicht vor Gericht erscheinen. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt für Zverev die Unschuldsvermutung.
Quelle: ntv.de, dbe/tno/dpa