Sport

Krise im BeachvolleyballAufruf zur Revolution am Strand

01.09.2022, 20:10 Uhr
imageVon Felix Meininghaus
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Die deutschen Meisterschaften laufen, aber hinter den Kulissen kracht es gewaltig. (Foto: IMAGO/Agentur 54 Grad)

Pionier Frank Mackerodt geht mit dem Deutschen Volleyball-Verband hart ins Gericht. Er wirft den Funktionären vor, den Beachvolleyball trotz aller Erfolge zu missbrauchen, um finanzielle Löcher zu stopfen. Der 59-Jährige ruft dazu auf, sich abzuspalten und eine eigene Organisation zu gründen.

Frank Mackerodt ist ein Typ, den Sportreporter gerne als "Urgestein" bezeichnen. Ein knorriges Mannsbild mit Ecken und Kanten, das in den 80er-Jahren als Hallen-Nationalspieler reüssierte und die große Zeit des Hamburger SV prägte, als die Hanseaten viermal in Folge den Gewinn der Deutschen Meisterschaft feierten. Später gehörte der 59-Jährige zu den Pionieren im Sand, zunächst als Spieler, später als Promotor, der ursächlich dafür verantwortlich war, dass Beachvolleyball hierzulande vom belächelten Freizeitvergnügen weniger Abenteurer zum ernstzunehmenden Leistungssport wuchs, von dem die Besten der Zunft gut zu leben vermögen.

Mackerodt war es auch, der Anfang der 90er-Jahre den Plan vorantrieb, die Deutschen Meisterschaften der Strandartisten in Timmendorfer Strand zu etablieren. Eine brillante Idee, längst ist der Kurort an der Ostsee zum Mekka der Beachvolleyballer aufgestiegen.

Derzeit wird hoch im Norden die 30. Auflage der Titelkämpfe begangen, doch der Macher Mackerodt ist beim Jubiläum außen vor, obwohl der bekennende Hamburger Timmendorfer Strand als "zweite Heimat" bezeichnet. Überhaupt hat sich viel verändert in der lange aufstrebenden Sportart, die seit 1996 olympisch ist. Und zwar nicht zum Guten, wenn man dem Hamburger Geschäftsmann glaubt. Die Schuldigen für die veritable Krise, die Beachvolleyball derzeit erlebt, weiß Mackerodt klipp und klar zu benennen. Es sind die Macher beim Deutschen Volleyball-Verband (DVV), denen Mackerodt vorwirft, den jahrelang boomenden Geschäftszweig ihrer Sportart konsequent nach unten gewirtschaftet zu haben.

Beachvolleyball als "Geldbeschaffungsmaschine"

Dabei ist Beachvolleyball das Aushängeschild des DVV: Zwei olympische Goldmedaillen für Julius Brink und Jonas Reckermann 2012 in London sowie Laura Ludwig und Kira Walkenhorst 2016 in Rio de Janeiro, zwei WM-Titel und zahlreiche Medaillen bei Europameisterschaften, das sind Meriten, von denen die Kollegen unter dem Hallendach nicht einmal zu träumen wagen.

Doch während die Helden nach ihren Triumphen auf den roten Teppichen der Republik herumgereicht wurden, habe die interne Wertschätzung stets zu wünschen übrig gelassen. "Den Verband hat Beachvolleyball nie richtig interessiert", kritisiert Mackerodt. Stattdessen sei das Treiben im Sand "immer nur eine Geldbeschaffungsmaschine, obwohl da die Medaillen gewonnen worden sind". Für Mackerodt ist der DVV ein Verband der "Hallenvolleyballer, der den Beachvolleyball finanziell melkt". Kritik, die namentlich an Verbandspräsident René Hecht gerichtet ist.

Für Mackerodt war der Endpunkt erreicht, als der inzwischen insolvente verbandseigene Vermarkter DVS GmbH die komplette Vermarktung an sich riss und immer weiter Geld einforderte. "Damit sollte der Verlust dem Olympia-Qualifikationsturnier aufgefangen werden." Die Rede ist von mehr als einer halben Million Euro, mit der das Event im Januar 2020 in der Berliner Max-Schmeling-Halle ins Minus ging. Gegen diese Kritik verwahrt sich der DVV in einer Stellungnahme, in der betont wird, Mackerodts Aussage, "dass es sich beim DVV um einen Hallenvolleyball-Verband handelt", sei "schlichtweg falsch". Vielmehr finde beim Verband "eine absolute Gleichbehandlung beider Sportarten statt".

Eigener Verband für Beachvolleyball?

Wie auch immer man die Zustände am Strand beleuchtet, der Ist-Zustand der olympischen Sportart ist besorgniserregend: Sportdirektor Niclas Hildebrand wurde nach internen Querelen freigestellt, zuletzt kündigte Erfolgstrainer Jürgen Wagner wegen fehlender Perspektiven den extra für ihn eingerichteten Job als "Head of Beach" beim Bundesleistungszentrum in Hamburg.

Als sei das nicht schon Imageschaden genug, darbt die deutsche Tour, die mal als zweitgrößte nationale Turnierserie weltweit reüssierte, vor sich hin. Weniger Turniere, eine wesentlich reduzierte Aufmachung und ein Preisgeld, mit dem die Athleten teilweise nicht einmal ihre Kosten zu decken vermögen. Immerhin gibt es Turniere. Noch. Denn wie es nach dieser Saison weitergeht, ist offen. Die verbandseigene Agentur ist handlungsunfähig, zudem gibt es derzeit keinen Ausrichter, der zu den vom DVV aufgerufenen Konditionen an den Start gehen mag. Nun teilte der Verband mit, eine Entscheidung über die Vergabe der Beachtour im kommenden Jahr sei zeitnah zu erwarten.

Mackerodt erfüllt es mit Wut und Wehmut, wie wenig Wertschöpfung sich aus der von ihm protegierten Ware Beachvolleyball derzeit schöpfen lässt: "Dabei haben wir doch sportliche Erfolge und ein Produkt, das in der Lage ist, die Massen zu begeistern." Der Macher von einst ruft offen zur Palastrevolution auf. Für Mackerodt gibt es nur eine Lösung: "Die Beachvolleyballer müssen ihren eigenen Verband gründen. Sonst gehen sie unter."

Quelle: ntv.de

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