Sport

Olympia 2018 in Pyeongchang "Ausdauer wurde belohnt"

Der Moment der Entscheidung. Nun wird gerätselt, wie lange das Ergebnis wohl schon feststand.

Der Moment der Entscheidung. Nun wird gerätselt, wie lange das Ergebnis wohl schon feststand.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nach der Vergabe der Olympischen Winterspiele 2018 ins südkoeranische Pyeongchang kennt die Freude der Sieger keine Grenzen. In München herrscht dagegen Katerstimmung. Dabei sind sich alle weitgehend einig, was letztendlich den Ausschlag für Pyeongchang gegeben hat.

Katarina Witt hielt sich tapfer. Stunden, nachdem sie ob der deprimierenden Niederlage von "München 2018" noch in Tränen ausgebrochen war, griff sie im Deutschen Haus im südafrikanischen Durban zum Mikrofon und sagte: "Wir hätten gerne die Goldmedaille mit nach Hause gebracht." Dann lobte sie die traurigen Mitarbeiter, die ganze Bewerbungsmannschaft, die in zwei Wochen auf der Straße stehen wird. Doch ihre Fassungslosigkeit über das gnadenlose Urteil des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) im Ringen um das Milliardenspiel Olympia konnte sie bei allem Bemühen nicht weglächeln. Das Herz einer leidenschaftlich kämpfenden Sportlerin war gebrochen.

"Die Enttäuschung ist schon sehr groß", bekannte Witt, ohne deren Einsatz während der vergangenen zehn Monate es womöglich noch viel schlimmer gekommen wäre als ohnehin schon. Pyeongchang 63 Stimmen, Annecy 7 - München nur 25, der erste Wahlgang entschied. Das war schon eine Demütigung für die beste deutsche Bewerbung um Olympia seit den Sommerspielen in München 1972. Die Zurückweisung machte Witt nachdenklich. "Vielleicht stimmt der Faktor tatsächlich, dass man über drei Bewerbungen nicht einfach hinweggeht", sagte sie, "wahrscheinlich ist die Entscheidung wirklich schon vorher gefallen." Der Verdacht liegt nahe.

IOC-Vize Thomas Bach tröstet Kati Witt, das Gesicht der Münchner Bewerbung.

IOC-Vize Thomas Bach tröstet Kati Witt, das Gesicht der Münchner Bewerbung.

(Foto: dpa)

Pyeongchang hatte sich bereits für 2010 und 2014 beworben und jeweils im ersten Wahlgang vorne gelegen, um dann im entscheidenden knapp zu scheitern - erst an Vancouver um zwei Stimmen, dann an Sotschi um drei. "Heute", stellte kurz nach der Bekanntgabe der Entscheidung am Mittwoch IOC-Präsident Jacques Rogge fest, "wurde Ausdauer belohnt." Diese Erkenntnis setzte sich bald auch im Deutschen Haus am Indischen Ozean durch. Keiner wollte es so deutlich aussprechen, aber München hatte von Anfang an keine faire Chance. Die Entscheidung für Pyeongchang war bereits vor vier Jahren bei der fragwürdigen Vergabe an Sotschi gefallen.

"Ein gewisser Mitleidseffekt"

Auch Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und IOC-Vizepräsident,  hatte die Fassungslosigkeit im Gesicht gestanden. Er hatte aus der Entscheidung über Olympia 2018 eine Richtungswahl gemacht, die Stimmung bei seinen Kollegen im IOC aber wohl falsch eingeschätzt. "Neue Märkte gegen traditionelle Wintersportorte, dazu noch ein gewisser Mitleidseffekt für Pyeongchang" seien einige der Gründe für die Niederlage gewesen, sagte Bach.

Die Südkoreaner hatten bei ihrer Präsentation noch einmal deutlich gemacht, dass sie jetzt zehn Jahre lang alles getan haben, was das IOC von ihnen verlangt hatte, sie seien bereit - und dann sprachen sie über Loyalität. Sie hätten Loyalität gegenüber dem IOC gezeigt, und nun, das vermittelten sie recht deutlich, erwarteten sie eine Gegenleistung. Was sie nicht sagten: Ihr Sponsor Samsung ist einer der größten Geldgeber des IOC und im Sport.

Eine Entscheidung darüber,  ob München bei der nächsten Olympia-Vergabe noch einmal antritt, wird indes noch etwas auf sich warten lassen. Münchens Oberbürgermeister Christian Ude hielt sich sehr bedeckt, Bach ebenfalls. "Wir können erhobenen Hauptes aus der Bewerbung gehen", eine erneute aber "ist keine Entscheidung, die man über's Knie bricht", so Bach.

Erneute Bewerbung müsste bis 2013 stehen

Ein Teil der Mitglieder des IOC habe mit seinem Votum gegen "München 2018" wohl auch strategisch gewählt, um eigene Chancen bei den nächsten Vergaben der Spiele nicht zu schmälern, "das müssen wir akzeptieren", fuhr Bach fort. So gaben die vier italienischen IOC-Mitglieder mutmaßlich keine Stimme für die deutsche Bewerbung - Rom will sich um die Sommerspiele 2020 bemühen. Und auch die vier abstimmenden Schweizer Mitglieder wollten mit München offenbar nichts zu tun haben, ihr Fokus liegt wohl schon auf den Winterspielen 2022, für die sie gerne eine eigene Kandidatur auf die Beine stellen möchten.

Scheidet 2014 aus dem Amt: Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (Mitte).

Scheidet 2014 aus dem Amt: Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (Mitte).

(Foto: dpa)

"München hatte das beste Konzept und die beste Bewerbung. Die Sache wäre einen zweiten Anlauf wert", sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zu abendlicher Stunde. Ein zweiter Anlauf? Christian Ude, treibende Kraft dieser Bewerbung, scheidet 2014 aus dem Amt - die Nachfolgekandidaten werden sich im Wahlkampf nicht noch Diskussionen über Olympia ans Bein binden wollen. Eine Kandidatur müsste zudem spätestens im Herbst 2013 auf den Weg gebracht werden, gleich nach der Wahl des neuen IOC-Präsidenten, zu der sich womöglich auch Bach stellen will.

Zunächst wird in München ohnehin darüber diskutiert werden, dass 6,5 Millionen Euro der Bewerbungskosten von "München 2018" an der öffentlichen Hand hängen bleiben - auch wenn der aus Bayern stammenden Bundesinnenminister Friedrich sagt: "Die waren gut angelegt." Auch Ude bewertete den Millionen-Aufwand "nicht als Fehlinvestition". Und Michael Vesper, Aufsichtsrat der Bewerbungsgesellschaft, sprach gar von einem "Imagegewinn, der viel mehr wert ist als sechs Millionen."

Macht des Geldes hat gesiegt

Derweil macht die internationale Presse den Budget-Vorteil der Südkoreaner als entscheidenden Faktor für deren Sieg aus.  So schreiben die "Salzburger Nachrichten" von einer "Richtungswahl" des IOC: "Entscheidet man sich für Gigantismus oder für die Rückkehr zu einfacheren Spielen? Die Antwort gab es im ersten Wahlgang klar und deutlich: Das Moderne (Milliarden) besiegte die Tradition." Und Schwedens größte Tageszeitung "Dagens Nyheter befindet: "Mit den Milliarden-Investitionen der Südkoreaner konnten München und das französische Annecy nicht mithalten". Das Geld hat sich gegen das bessere Konzept durchgesetzt, so der Tenor.

Der Jubel in Südkorea ist riesengroß.

Der Jubel in Südkorea ist riesengroß.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Presse des Siegerlandes sieht das naturgemäß etwas anders und freut sich über ein Zeichen des Friedens. So schreibt die südkoreanische Zeitung "Hankyoreh": "Da wir das einzige geteilte Land der Welt sind, werden wir weltweit mehr Aufmerksamkeit bekommen. Und wenn es hilft, eine friedvolle Atmosphäre zwischen Süd- und Nordkorea zu schaffen, wird das mehr wert sein als jeder wirtschaftliche Profit." Das Blatt "JoongAng Ilbo" hebt vor allem die Hartnäckigkeit Pyeonchangs hervor mit den Worten: "Zwölf Jahre der Hoffnungen, Träume und mühevollen Arbeit wurden in der vergangenen Nacht belohnt". Und auf den Straßen und Plätzen des Landes feierten tausende Menschen bis spät in die Nacht die Entscheidung des IOC.

Quelle: ntv.de, sid/dpa

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