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"Absolut unbefriedigend" Bayern in der Krise

Als Ze Roberto nach 78 Minuten vom Rasen ging, schien alles gelaufen. Das Publikum erhob sich spontan und jubelte dem Brasilianer begeistert zu, auch Jürgen Klinsmann bedankte sich schon mal beim überragenden Spieler.

Als nur eine Viertelstunde später aber der Schlusspfiff ertönte, stand der Trainer von Bayern München wie versteinert am Spielfeldrand: Aus einem 3:1 gegen den VfL Bochum war nach 90 Sekunden Tiefschlaf ein 3:3 (2:1) geworden - die Zuschauer pfiffen aus vollem Hals auf den Rekordmeister, der mitsamt Klinsmann weiter in einer veritablen Krise steckt.

Statt halbwegs entspannt am Sonntag auf das Oktoberfest und danach in die Länderspielpause gehen zu können, muss Klinsmann mit unvermindertem Druck leben: Nach drei Bundesliga-Spielen ohne Sieg hat er den schlechtesten Münchner Start in der Meisterschaft seit 31 Jahren zu verantworten.

"Klinsmann raus"

Als "natürlich absolut unbefriedigend" bezeichnete er die jüngsten Resultate, und daher sei es für ihn "auch verständlich", wenn Teile des Publikums schon vernehmbar "Klinsmann raus" riefen. Der Trainer räumte jedoch auch ein, dass ihm der Unmut nahe gehe: "Es tut natürlich ein bisschen weh."

Die Schmerzen aber hatten sich die Bayern selbst zugefügt. Nach Treffern von Daniel van Buyten (15.) und Ze Roberto (45./68.) sowie von Sinan Kaloglu (29.) sahen die Münchner wie der souveräne Sieger aus - und fühlten sich offensichtlich auch so.

"Die Sache war schon durch, vielleicht war sich die Mannschaft ihrer Sache zu sicher", erklärte Klinsmann, der seinen Spielern damit indirekt Fahrlässigkeit und Überheblichkeit vorwarf. Christoph Dabrowksi (84.) und Dennis Grote (85.) nutzten die schon obligatorischen Unzulänglichkeiten in der Münchner Abwehr kaltschnäuzig aus.

Bereits 13 Gegentore

Manager Uli Hoeneß bahnte sich nach dem Spiel erst den Weg in die Bayern-Kabine und danach genervt aus den Katakomben der Arena. "Der ein oder andere, der dann reinkommt, muss sich schon fragen, ob er die Leistung bringt, für die er bezahlt wird", sagte er.

Ein recht klarer Vorwurf an Lukas Podolski, Jose Ernesto Sosa und Tim Borowski, die nach dem zweiten Treffer von Ze Roberto eingewechselt wurden - der Zugang aus Bremen kam dabei in der 78. Minute für den besten Mann auf dem Platz. Taktisch, versicherte Klinsmann, habe er bei den Einwechslungen nichts geändert.

Die Lage ist mehr als misslich für den großen Reformator. 13 Gegentore hat der FC Bayern schon kassiert, nur 21 waren es in der gesamten vergangenen Saison. Bastian Schweinsteiger sah sich daher genötigt, Klinsmann zur Seite zu springen: "Der Trainer steht nicht auf dem Platz, wir Spieler haben die Fehler gemacht."

Wie auch immer: "Wir sind mit dem Ergebnis fahrlässig umgegangen. Das tut sehr weh, weil wir auch in der Tabelle kein Land gewonnen haben", klagte Vorstands-Chef Karl-Heinz-Rummenigge. Die Tabelle ist in München die einzige Wahrheit, die zählt.

Stürmersuche läuft

Diese Wahrheit ist umso bitterer für Klinsmann, weil der FC Bayern ein Schützenfest hätte veranstalten können, wenn nicht gar müssen. Doch Luca Toni, der beste Torschütze der Bundesliga in der vergangenen Saison, weiß derzeit selbst aus besten Chancen nichts zu machen.

Insgesamt fünf gute Gelegenheiten besaß er, zwei davon nach dem 3:1. Ausbeute: null. Für Klinsmanns Anspruch, einen jeden Spieler besser machen zu wollen, steht er aktuell ebenso wenig wie seine beiden Angreiferkollegen Podolski und Miroslav Klose. Die Suche nach anderen Stürmern läuft angeblich.

Wäre es beim 3:1 geblieben, Klinsmann hätte auch über eine Verbesserung der Spielkultur beim FC Bayern sprechen dürfen. Die war tatsächlich zu erkennen, was unter anderem am VfL Bochum lag, der alles andere als destruktiv auftrat, sondern mutig, und zudem erneut große Moral bewies.

Wir haben uns nie aufgegeben", sagte Torschütze Dabrowski nach dem "ganz verrückten" Spiel, und darüber hinaus betonte er: "Wir haben von Anfang an gezeigt, dass wir vor den Bayern keinen Respekt haben." Kein Respekt vor dem FC Bayern - auch eine bittere Wahrheit für Klinsmann.

Quelle: ntv.de, Von Thomas Häberlein und Thomas Niklaus, sid

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