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Historische Wettkämpfe Biles macht Turn-WM zu ihren Festspielen

Schwerkraft? Hält sich Simone Biles nicht mir auf.

Schwerkraft? Hält sich Simone Biles nicht mir auf.

(Foto: imago images/ZUMA Press)

Die deutschen Turner verpassen bei der Heim-WM eine Medaille und sind dennoch mehr als zufrieden. Mehr als 100.000 Zuschauer sorgen für eine mitreißende Kulisse. Und Superstar Biles liefert die Show.

Zum vollkommenen Glück der deutschen Turn-Familie fehlte nur ein Medaille am letzten Tag der Heim-Weltmeisterschaften. Zum Abschluss der Simone-Biles-Show verpassten Sarah Voss und Lukas Dauser an ihren Spezialgeräten Edelmetall. US-Star Simone Biles setzte am Boden mit ihrem fünften WM-Titel in Stuttgart den goldenen Schlusspunkt. 

"Ich bin sehr zufrieden und kann auf eine super WM zurückblicken, mit einem weiteren Highlight am Sonntag", sagte die 19-jährige Voss, die einige Wackler am Schwebebalken hatte, die den tollen Gesamt-Eindruck aber nicht trübten. Auch Dauser ging hohes Risiko, bekam vor 7500 Fans beim Diamidow-Element auf einen Holm am Barren Übergewicht und musste absteigen. 

Die junge Voss, die sich im Mehrkampf sensationell in die Top Ten der Welt katapultierte, ist wohl das größte Versprechen für die Zukunft des deutschen Frauen-Turnens. Im Sog der strahlenden Frontfrau Elisabeth Seitz kann sich die junge BWL-Studentin mit Blick auf die Olympischen Spiele 2020 in Ruhe weiterentwickeln. Großes Potenzial hat auch die erst 16-jährige Emelie Petz.

Sarah Voss am Schwebebalken - das Versprechen der deutschen Turnerinnen.

Sarah Voss am Schwebebalken - das Versprechen der deutschen Turnerinnen.

(Foto: dpa)

Seitz genoss ihre Heim-WM, konnte gar nicht genug bekommen von der mitreißenden Atmosphäre. Auch wenn der Traum von eine Medaille an ihrem Lieblingsgerät Stufenbarren platzte. "Ich habe mir einen Namen gemacht. Letztlich habe ich gesehen, dass ich mit meinen stolzen 25 Jahren noch immer zur Weltspitze gehöre", sagte die Stuttgarterin, die im Vierkampf Sechste geworden war. "Ich habe mir sogar bewiesen, dass ich auch im Mehrkampf dazu gehöre, und zwar ganz vorne. Das ist zusätzliche Motivation für Olympia."

Erfolgreichste Turnerin der Geschichte

Doch US-Superstar Biles überstrahlte alles: Die 22-Jährige schnappte sich nicht nur ihr fünftes WM-Gold im Mehrkampf, sie führte ihr Team auch souverän zum Mannschaftstitel. Die Texanerin war zudem am Sprung, Balken und Boden nicht zu schlagen. Mit nun 25 WM-Medaillen 19 davon in Gold und je drei in Silber und Bronze, ist die Olympiasiegerin die erfolgreichste Turnerin der Geschichte und übertraf auch noch die WM-Bestmarke des Weißrussen Witali Scherbo, der einst 23 Podiumsplätze sammelte. Den Triple-Double (Doppelsalto mit Dreifach-Schraube) des nur 1,42 großen Wirbelwinds am Boden kennt nun fast jeder. Allein der Barren-Sieg blieb Biles verwehrt, den holte die Belgierin Nina Derwael.

"Turn-Oma" Seitz ist noch immer Teil der Weltspitze.

"Turn-Oma" Seitz ist noch immer Teil der Weltspitze.

(Foto: imago images/ZUMA Press)

"Ich hätte Elisabeth Seitz eine Medaille zum Abschluss gegönnt. Aber auch so freue ich mich über das positive Auftreten und die Erfolge unseres Teams", bilanzierte DTB-Präsident Alfons Hölzl. "Wir wollten ein guter Gastgeber sein und ein Feuerwerk entfachen. Ich glaube, das ist uns gelungen." 102.000 Besucher zählten die Organisatoren. Großes Lob gab es vom IOC-Präsidenten Thomas Bach, der am letzten Tag in die Hanns-Martin-Schleyer-Halle weilte. "Es herrschte eine tolle Stimmung, wie wir es von Stuttgart kennen. Man sah allen Athletinnen und Athleten an, dass sie es genossen haben", sagte Bach.

Auf die deutschen Männer wartet viel Arbeit bis Tokio. Immerhin sicherte sich das ersatzgeschwächte Quintett mit Andreas Toba, der im Mehrkampf auf Platz 19 landete, Dauser, Ringe-Finalist Nick Klessing, Karim Rida und Philipp Herder das Olympia-Ticket. DTB-Sportdirektor Wolfgang Willam war erleichtert: "Eine Nicht-Qualifikation wäre einem Erdrutsch nahe gekommen." Vermisst wurde Marcel Nguyen, der sich in dieser Woche einer schweren Schulter-Operation unterzog. Neun Monate bleiben dem 32-Jährigen, um bis Tokio fit zu werden. «Der Traum von Olympia lebt, auch wenn es jetzt ganz knapp wird», sagte er im Krankenbett.

Stuttgart will wieder WM ausrichten

STB-Präsident Wolfgang Drexler kündigte an, dass sich Stuttgart in zehn Jahren wieder als WM-Ausrichter bewerben wolle: "Dafür brauchen wir eine zeitgemäße Infrastruktur. Ich hoffe, dass wir bis dahin eine moderne neue Halle haben." Der Präsident des Internationalen Turnerbundes FIG, Morinari Watanabe, hätte wohl nichts dagegen. "Wir haben noch nie eine solch hervorragende WM gesehen", schwärmte der Japaner. Und nicht nur der Reck-Weltmeister von 1974, Eberhard Gienger, war fasziniert von den Darbietungen: "Das hat mit dem, was wir früher geturnt haben, nichts mehr zu tun. Das Niveau ist sensationell", meinte der 68-Jährige.

Bei den Turnern beeindruckten besonders die Russen als Team-Weltmeister mit dem herausragenden Mehrkampfsieger Nikita Nagorni (3 x Gold). Gefeiert wurden auch Exoten wie der philippinische Boden-Sieger Edriel Carlos Yulo und der Türke Ibrahim Colak mit Ringe-Gold. "Es werden immer wieder neue Stars geboren. Turnen ist auch bei Olympia ein Top-Event", sagte Bach.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa

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