Hängepartie im Handball Brands Zukunft weiter offen
31.01.2011, 16:24 UhrSchlecht wie nie zuvor schnitt die deutsche Handball-Nationalmannschaft bei der WM in Schweden ab. Bundestrainer Heiner Brand ließ offen, ob er seinen bis 2013 laufenden Vertrag erfüllen wird und kritisierte die Einstellung seiner Spieler. Frühere Teamkollegen Brands glauben an einen Rücktritt. Andere fordern die Verbandsspitze zum Abschied auf.
Die Entscheidung über die Zukunft von Heiner Brand als Handball-Bundestrainer droht zur Hängepartie zu werden. Doch während Verband und Bundesliga-Klubs noch über das Ergebnis rätseln, schlagen drei frühere Weltmeister nach dem WM-Debakel in Schweden Alarm. Einen radikalen Umbruch fordert Erhard Wunderlich. Der Jahrhunderthandballer hat die Führungsspitze des Deutschen Handball-Bundes (DHB) um Präsident Ulrich Strombach zum Rücktritt aufgefordert.
"Die DHB-Führung war mitverantwortlich für das Desaster. Sie muss sich angreifen lassen und den Hut nehmen", sagte der 54-jährige Wunderlich. Der Weltmeister von 1978 wirft der Verbandsspitze grobe Versäumnisse in Sachen Jugendförderung vor. "Diese Herren haben es verpasst, Weichenstellungen vorzunehmen. Und das schon vor zehn Jahren", sagte Wunderlich.
Klühspies glaubt an Abschied
Brand übte derweil im Nachklapp noch einmal scharfe Kritik an der Einstellung seiner Spieler bei der WM. "Es darf nicht sein, dass ich an die Ehre der Jungs appellieren musste. Das tat unheimlich weh", schrieb Brand in seiner "Kicker"-Kolumne und nannte den Auftritt in Schweden einen "sehr schmerzlichen Niedergang".
Der einstige Weltmeister Kurt Klühspies rechnet nach der WM-Schmach mit dem Rücktritt seines besten Kumpels Brand. "Ich befürchte, dass Heiner die Nase voll hat und wir bald einen neuen Bundestrainer sehen werden", sagte der frühere Weltklasse-Rückraumspieler Klühspies in seiner Internet-Kolumne für T-Online. Als Grund nannte der 58-Jährige die Endlosdiskussion zwischen Brand und den Bundesliga-Klubs um die Spielanteile deutscher Akteure. "Es geht ja nicht nur um die Vorfälle in den letzten zwei Wochen. Seit Jahren fordert Heiner Veränderungen von der Liga, passiert ist so gut wie gar nichts", sagte Klühspies weiter. Mit Blick auf die anstehenden Gespräche erklärte er: "Die Liga wird sich deutlich bewegen müssen. Sonst, so sagt es mir mein Bauchgefühl, zieht Heiner den Schlussstrich."
"Die Vereine stehen in der Pflicht"

Brand ist seit 1997 Bundestrainer und hat die Nationalmannschaft unter anderem zu WM- und EM-Gold geführt.
(Foto: dpa)
Die Handball-Bundesliga (HBL) hatte dem DHB nach dem enttäuschenden elften WM-Platz und der damit verpassten Teilnahme am olympische Qualifikationsturnier die Gründung einer "Task Force Nationalmannschaft" vorgeschlagen. "Wir haben aber noch keine Rückmeldung des Verbandes", sagte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann. Beim ersten Krisengipfel mit Brand, DHB-Boss Strombach und Vize Horst Bredemeier in Gummersbach wird die Liga noch nicht mit am Tisch sitzen. Bohmann: "Allerdings treffen wir uns am Mittwoch mit dem DHB zu Gesprächen über den Grundlagenvertrag. Da werden wir auch über die andere Sache sprechen."
Weltmeister-Trainer Vlado Stenzel sieht nach dem enttäuschenden elften WM-Platz in Schweden großen Handlungsbedarf in Reihen der Klubs. "Die Vereine stehen in der Pflicht. Es muss auch schon gute Trainer im Nachwuchsbereich geben. Jeder Bundesligist müsste verpflichtet sein, mindestens eine Junioren- und Jugendmannschaft zu haben. In Kroatien ist das so", sagte Stenzel.
Stenzel will Brand halten
Der "Magier", der die deutsche Mannschaft um Brand und Klühspies 1978 zum WM-Titel geführt hatte, fordert alle Parteien auf, sich an einen Tisch zu setzen und Tacheles zu reden. Stenzel: "Auch die Bundesliga-Trainer müssen dabei sein. Alle zusammen müssen helfen. Sonst ist die Gefahr groß, dass der Handball in der Versenkung verschwindet." Der 76-Jährige hat deshalb einen offenen Brief an Brand geschrieben und darin seine Lösungsansätze präsentiert. Vom Bundestrainer wünscht sich Stenzel, dass er dem Handball erhalten bleibt - egal, ob als Coach oder Sportdirektor.
Die Entscheidung über die Zukunft von Handball-Bundestrainer Heiner Brand wird frühestens am Dienstag fallen. "Wir werden uns am Montagabend zusammentelefonieren und einen Termin ausmachen. Dann müssen wir schauen, ob wir uns am Dienstag treffen", sagte DHB-Vizepräsident Horst Bredemeier und ergänzte: "Es ist auch alles nicht mehr so brandheiß wie noch vor ein paar Tagen."
Quelle: ntv.de, sid