Sport

n-tv.de-Interview "Breites Grinsen im Gesicht"

DTM 2002: Scheider (hinteres Auto) ist mit dem Opel Astra nicht konkurrenzfähig.

DTM 2002: Scheider (hinteres Auto) ist mit dem Opel Astra nicht konkurrenzfähig.

Mit seinem Sieg am letzten Wochenende hat sich Timo Scheider den größten Triumph seiner Karriere gesichert. Und die war keineswegs frei von Hindernissen. Im n-tv.de-Interview spricht der frischgebackene Champion über seine Gefühle vor dem Start, die Bedeutung von mentaler Stärke und Fahrstunden mit 180 km/h.

Herr Scheider, zunächst mal herzlichen Glückwunsch zu Ihrem DTM-Sieg. Drei Tage danach, wie fühlen Sie sich denn?

Momentan habe ich immer noch eine Situation, wo ich aufgrund des vielen positiven Feedbacks, das ich derzeit bekomme, den Sieg vom Sonntag nach wie vor nicht richtig verarbeitet habe. Zur Ruhe bin ich bis jetzt noch nicht gekommen. Ich werde auch die nächsten Tage noch viele Termine haben. Aber ich hoffe, dass ich bald mal eine Stunde Ruhe bekomme. Gestern hatte ich zum ersten Mal die Gelegenheit, das Rennen noch mal auf DVD anzuschauen. Das war sehr emotional für mich.

Was haben Sie denn gefühlt, als Sie Ihren fulminanten Start gesehen haben?

Das war der beste Start der ganzen Saison. Ich habe zu Jasmin (Scheiders Lebensgefährtin, Anm. d. Red.) gesagt, das war der beste Start der ganzen Saison. Der kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Einen solchen Start zum wichtigsten Zeitpunkt der gesamten Saison abrufen zu können, war natürlich ein Traum. Ich hatte ein breites Grinsen im Gesicht, als ich das zum ersten Mal von außen gesehen habe.

War Ihnen denn ein bisschen flau vor dem Start? Schließlich hat Ihr Team in einer Nachtschicht noch mal schwer am Auto arbeiten müssen.

Ja, natürlich. Mein Fehler im Qualifying war schon ein kleiner Dämpfer. Ich wusste zwar, dass ich gute Jungs um mich herum habe, aber das waren dennoch alles andere als gute Umstände für ein perfektes Wochenende. Aber nachdem die Jungs bis morgens um fünf Uhr, das Auto komplett auseinandergenommen hatten, habe ich mir schon ein bisschen Sorgen gemacht. Von Aufhängungsteilen über die Aerodynamik bis hin zum Motor wurde alles mögliche gewechselt. Die Frage war schon, ob die Jungs am Sonntag auch fit genug sind nach so einer Nacht. Aber anscheinend hatten die soviel Adrenalin, dass alle hochkonzentriert waren. Denn die Boxenstopps waren mal wieder perfekt.

Haben Sie denn auch vor diesem bedeutenden Rennen Ihre Rituale beibehalten? Wie wichtig sind die für Sie?

Die sind schon wichtig für mich. Das sind Rituale, die ich eigentlich vor jedem Rennen durchgehe. Vor dem Wochenende habe ich mir gesagt, dass ich nicht anders machen möchte als sonst. Ich wollte nicht probieren es besonders gut zu machen, sondern einfach nur alles sauber abzuarbeiten, wie an den vergangenen Wochenenden auch. Das hat wirklich sehr gut funktioniert. Ich bin nur dieses mal etwas reservierter mit meinem Umfeld gegangen, um wirklich hochkonzentriert an meinem Ziel zu arbeiten und ja nicht irgendwelche Flüchtigkeitsfehler zu machen.

Sie haben ja vor einigen Jahren begonnen mit einem Physiotherapeuten und Mentaltrainer zusammen zu arbeiten. Wie viel Anteil am Erfolg hatte denn diese Maßnahme?

Mal eine schnelle Runde zu fahren ist eine Sache, aber auf den Punkt da zu sein ist eine andere. Das habe ich seit Beginn der Zusammenarbeit Ende 2003 gelernt. Ich kombiniere heute alle Trainingseinheiten miteinander. Von Kraft, Ausdauer über Koordination und Meditation. Das Training mit Arno Gantzner war für mich der größte Schritt in meiner persönlichen Weiterentwicklung. Er hat mich wirklich an einen Punkt gebracht, wo ich alles, was ich mir in den letzten Jahren angeeignet habe, auch anwenden und umsetzen konnte. Gute Qualifyings zu fahren mit vier Pole Positions, sechs mal in der ersten Reihe zu stehen und acht mal auf dem Treppchen - das sind gigantische Ergebnisse. Der Druck vor dem letzten Rennen war natürlich sehr hoch. Das ich das genau da perfekt abrufen konnte, war ein Traum für uns alle.

Finden Sie sich denn mittlerweile zurecht auf dem Podium?

(Lacht) Mittlerweile kann ich beim Hochgehen sogar die Augen zumachen.

Welche Rolle spielt denn Ihre Familie für Sie?

Das ist für mich einer der wichtigsten Punkte, dass die Basis zu Hause stimmt. Ich bin froh, dass ich eine Frau habe, die selbst aus dem Motorsport kommt. Daher versteht sie mich sehr gut. Damit ist es viel einfacher seine Sorgen und auch die Ängste, die man mal hat, kund zu tun. Es hilft enorm, wenn einem jemanden mit einem guten Rat oder einer Empfehlung zur Seite steht. Das macht manches ein bisschen einfacher. Da gibt es auch Verständnis dafür, dass man in den letzten Wochen etwas angespannt oder eigenartig war. Das brauche ich zu Hause aber nicht zu erklären. Eigentlich müsste ich mich für manche Sachen entschuldigen, aber das brauchte ich nie, weil alle wussten worum es bei mir ging. Da haben alle genug Feingefühl aufgebracht und das nie negativ aufgenommen.

Es war zu lesen, dass Sie Ihre Fahrstunden mit 180 km/h absolviert haben und dabei mit der Polizei aneinandergeraten sind. Stimmt das?

(Lacht) Ich musste zu meiner Führerscheinzeit schon zu einigen Events. Da lag es natürlich nahe, das Fahrschulschild auf das Auto zu kleben. Dann fuhren der Sohnemann mit dem Herrn Papa los. Dieser bestimmte Vorfall war die Anreise zur Motorshow in Essen. Da ich damals schon Autorennen gefahren bin, musste mein Vater mir nicht mehr viel erklären. Ich bin dann eben meinen Stil so gefahren, aber wir hatten die ganze Zeit zivile Polizei hinter uns, was ich nicht bemerkt hatte. In der Stadt wurde mein Vater dann angehalten und die Polizei legte ihm nahe, dass es doch nicht sein könne, dass man Fahrschule mit 180 Stundenkilometern macht. Mein Vater hat ihnen dann die Situation erklärt und das Ganze ging mit einem Lächeln von beiden Seiten zu Ende.

Wie sind denn Ihre Ziele für die kommende Saison?

Mein Ziel ist es natürlich den Titel zu verteidigen. Ob uns das gelingt wird sich zeigen. Ich möchte natürlich an die Leistung dieser Saison anknüpfen. Aber momentan ist das noch sehr weit weg, muss ich sagen.

Wie verbringen Sie den Winter?


Über den Winter stehen natürlich viele Termine, wie Messen und andere Events, an. Dann werde ich einen Skiurlaub machen. Aber ich will auch wieder meiner Leidenschaft, dem Supermotofahren, wieder etwas intensiver nachgehen. Da freue ich mich sehr drauf, denn ich habe seit Februar nicht mehr auf dem Motorrad gesessen. Das ist für mich jetzt eine schöne Zeit.

Werden Sie sich das Formel-1-Finale ansehen?

Klar, das ich das anschauen werde. Ich schätze momentan den Lewis Hamilton als den Stärkeren ein. Letztes Jahr hat es ja nicht für ihn geklappt. Da konnte er dem Druck nicht standhalten. In diesem Jahr macht er mir aber wirklich einen sehr guten Eindruck. Ich würde daher auf Hamilton tippen. Nicht wegen den Punkten, sondern aufgrund der Performance des Autos inklusive des Fahrers.

Quelle: ntv.de, Mit Timo Scheider sprachen Christoph Wolf und Markus Mechnich.

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen