"Schwerer Schlag" für Ding Liren Brisanter Leak überschattet die Schach-WM
25.04.2023, 06:49 Uhr
Ding Liren steht bei der Schach-WM unter Druck.
(Foto: IMAGO/SNA)
Aufregung bei der Schach-Weltmeisterschaft: Ein brisanter Leak überschattet das Geschehen in Astana: Ding Liren bereitete sich offenbar in öffentlich einsehbaren Online-Partien auf das Event vor. Der Schach-Bundestrainer sieht einen gravierenden Nachteil für den Chinesen.
Der neue Schach-Bundestrainer Jan Gustafsson sieht in dem brisanten Leak während der Schach-WM 2023 einen "schweren Schlag" für den knapp zurückliegenden Chinesen Ding Liren. "Natürlich ist es der Sinn der Übung, den Gegner zu überraschen. Wenn man Ideen hat, und die dann wegfallen, ist das ein relativ starker Nachteil", sagte der Hamburger dem Sportinformationsdienst.
Nach der achten WM-Partie in Astana/Kasachstan war bekannt geworden, dass online gespielte Trainingspartien zwischen Ding und seinem Sekundanten Richard Rapport öffentlich einsehbar sind. "Insbesondere mit Weiß will man ja Druck machen. Du arbeitest monatelang an diesen Überraschungen, die sind nicht so leicht zu finden. Wenn du dann die Hälfte der Überraschungen aus Versehen veröffentlichst, dann ist es so gut wie unmöglich, etwas Gleichwertiges an einem Tag zu finden", sagte Gustafsson.
"Es ist amateurhaft, dass sie keine bessere Trainingsmöglichkeit gefunden haben als diese, die von anderen entdeckt werden kann", urteilte NRK-Experte Torstein Bae. "Es ist seltsam, dass das Risiko nicht in Betracht gezogen wurde." Auch Monika Machlik, Norwegens beste Schachspielerin, bezeichnete Dings Training auf lichess.org als "sehr überraschend". Sie sieht dadurch durchaus einen Vorteil für Nepomnjaschtschi. "Ich denke, das hat vor allem etwas mit Psychologie zu tun. Es ist eine sehr unangenehme Nachricht für Ding", so Machlik. In Norwegen ist Schach dank Superstar Magnus Carlsen eine große Nummer, auch in den Medien.
"Der Hype, der darum gemacht wird, ist zu groß"
Auch die beiden Protagonisten der Schach-WM selbst äußerten sich bereits zu den Enthüllungen. "Der Hype, der darum derzeit gemacht wird, ist zu groß. Für mich hat es mehr oder weniger nichts geändert. Ich habe trotzdem das gemacht, was ich mir vorgenommen hatte", sagte Nepomnjaschtschi im Rahmen einer Pressekonferenz. Ding stellte sich unwissend. "Ich weiß nicht, um welche Partien es geht", erklärte der 30-Jährige, der nach zehn Partien und zuletzt drei Remis in Folge einen Punkt Rückstand auf Nepomnjaschtschi aufweist.
Nach elf Partien liegt Ding gegen den Russen Jan Nepomnjaschtschi mit 5,0:6,0 in Rückstand. Für den Triumph werden 7,5 Punkte benötigt. Die nächste Partie steht am Mittwoch (ab 11 Uhr) auf dem Programm. Gesucht wird der Nachfolger von Carlsen. Der Titelverteidiger hatte auf die WM verzichtet. "Carlsen ist natürlich der große Name und der beste Spieler. Also ist es erst einmal schade fürs Schach, dass er nicht dabei ist. Aber man kann die Nummer zwei und drei der Welt auch respektieren, auch sie verbringen ihr ganzes Leben mit Schach", sagte Gustafsson: "Dass die immer nur hören: Ihr seid aber nicht Magnus Carlsen, finde ich nicht besonders fair."
Quelle: ntv.de, tno/sid