Abhängig von den Eltern Bühler kritisiert deutsche Sportförderung hart
08.08.2017, 10:57 Uhr
Die Sportförderung in Deutschland macht Hürdenmeister Matthias Bühler richtig wütend.
(Foto: dpa)
Wenn es mit der Sportförderung in Deutschland so weitergeht, "dann geht die Leichtathletik völlig zugrunde". Dieses brutale Urteil fällt Hürdensprinter Matthias Bühler. Die Kosten für sein privates Trainings-Engagement kann er alleine nicht finanzieren.
Der deutsche Meister Matthias Bühler hat nach dem verpassten Finale über 110 Meter Hürden bei der Leichtathletik-WM in London seine Kritik an der deutschen Sportförderung verstärkt. "Es kann nicht sein, dass ein Sportler, der im Ausland mit den besten Athleten seiner Disziplin trainieren möchte, kaum oder gar keine Unterstützung bekommt", sagte der 30-Jährige der "Welt". Der "Süddeutschen Zeitung" sagte er: "Wenn ich die finanzielle Hilfe meiner Eltern nicht hätte, müsste ich sofort mit dem Sport aufhören." Es sei ihm sehr unangenehm, dass er in seinem Alter immer noch von ihnen abhängig sei.
Aufgrund der Situation in Deutschland bei der Förderung des Spitzensports sei dies aber nicht zu ändern. "Die Sportförderung in Deutschland ist einfach unterirdisch. Wir brauchen uns nicht zu wundern, wenn die Leistungen im olympischen Sport immer weiter zurückgehen." Einzig über den Umweg der Bundeswehr sei die staatliche Förderung einigermaßen ausreichend. Aber auch diese Lösung ist seiner Meinung nicht optimal: "Du gehst Jahr für Jahr mit Trainingsrückstand in die Saison, die Weltspitze trainiert da schon längst unter Topbedingungen, während die Deutschen durch Schlamm kriechen oder am Bahnhof rumstehen müssen, Schichtdienst haben, morgens um sieben."
Aus diesem Grund sei er auch in die USA gegangen, um dort unter optimalen Bedingungen zu trainieren. Seit 2013 trainiert er während der Wintermonate bei Weltrekordler Aries Merrit, kann dies aber eigentlich nicht bezahlen. Denn die Kosten von rund 30.000 Euro im Jahr würden durch die Zuschüssen nicht gedeckt. Durch Zuwendungen seines Vereins, die Sporthilfe und Prämien käme er lediglich auf 15.000 bis 20.000 Euro. Der 30-Jährige arbeitet übrigens nebenbei auch noch als IT-Systemkaufmann.
"Es wird von Jahr zu Jahr schwieriger. Es ist hart, Ausrüster zu finden, Sponsoren zu finden, es ist hart, zu leben", sagte Bühler. "Und die jungen Athleten merken das auch." Bei den deutschen Meisterschaften dieses Jahr seien noch elf Athleten über 110 Meter Hürden angetreten. "Elf! Werden es noch weniger, brauchen wir bald nur noch einen Lauf auszutragen." Wenn man das System so weiterbetreibe, würden die Sportler irgendwann abspringen - "und dann geht die Leichtathletik völlig zugrunde".
Quelle: ntv.de, tno/dpa/sid