Dummheit verhindert WM-Hammer Bundestrainer droht eine ganz bittere Diskussion
13.05.2023, 07:26 Uhr
Moritz Seider und seine DEB-Kollegen lieferten Schweden einen herausragenden Fight.
(Foto: IMAGO/Bildbyran)
19 Torschüsse, aber kein Treffer: Nach der knappen WM-Auftaktniederlage steht bei der Eishockey-WM noch die Null - Grund zur Sorge sehen die deutschen Nationalspieler aber nicht. Dennoch werden die Probleme beim Toreschießen mehr und mehr zum Thema. Der Trainer nimmt sein Team in die Pflicht.
Ein Sieg wäre eine dicke Überraschung gewesen, eine Niederlage (noch) kein Beinbruch - und dennoch hat die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft nach Spiel eins bei der WM in Finnland und Lettland ein Problem und eine unliebsame Diskussion an den Kufen. Denn ein Sieg gegen einen der großen Favoriten bei diesem Turnier wäre absolut in Reichweite gewesen, wenn Deutschland seine Chancen besser genutzt hätte. 19 Mal feuerten die Männer von Bundestrainer Harold Kreis bei der knappen 0:1-Niederlage gegen Schweden auf das Tor des teilweisen herausragenden Goalies Lars Johansson, doch der Puck rutschte nicht über die Linie.
"Es gibt so Tage, an denen Torjäger ihre Tore nicht machen", befand NHL-Rookie John-Jason Peterka, "an denen einfach nichts reingeht." Der 21-Jährige hatte die wohl beste Chance seiner Mannschaft, als er in Überzahl von seinen Kollegen wunderbar freigespielt worden war. Aber der Stürmer der Buffalo Sabres vergab (31.). Grund zur Sorge sehen die deutschen Nationalspieler in ihrem verzweifelten, erneuten Wucher aber nicht.
"Wir hatten die Chancen, da sollten wir jetzt nicht zu viel reininterpretieren", meinte Kapitän Moritz Müller. "Der Abschluss war halt nicht ganz da, wir hatten im Powerplay hier und da noch nicht das nötige Glück, dass am langen Pfosten mal einer steht und die Kelle reinhält." Nun ist es aber eben so: Deutschland tritt bei der WM ohne die besten fünf Torschützen der abgelaufenen DEL-Saison an (insgesamt sind sogar nur zwei der zehn besten Torjäger dabei). Auf vier von ihnen hatte Bundestrainer Harold Kreis bei seinem Turnier-Debüt freiwillig verzichtet, weil er Spieler für andere Rollen bevorzugte. Zudem fiel der erfahrene Münchner Yasin Ehliz kurzfristig verletzt aus. "Wir haben genug Jungs, die Tore schießen können, die Qualität haben", sagte Angreifer Marcel Noebels von den Eisbären aus Berlin. "Mal geht auch ein Hockeyspiel eben 1:0 aus."
Finnland erlebt eine böse Überraschung
Aber um zu verhindern, dass aus dieser noch schwelenden Torjäger-Debatte (schon in der Vorbereitung war die mangelhafte Chancenverwertung immer wieder ein Thema) ein Diskussions-Flächenbrand wird, helfen eigentlich nur erfolgreiche Abschlüsse. Die nächste Gelegenheit dazu bietet sich direkt am Samstagabend (19.20 Uhr live bei MagentaSport und im Liveticker bei ntv.de), wenn es gegen Titelverteidiger Finnland geht. Der große Favorit um Superstar Mikko Rantanen geht allerdings durchaus angeknockt die Partie, denn zum Start gab es gegen die jungen US-Boys eine unerwartete 1:4-Klatsche. Die Amerikaner sind am Montag dritter Gegner der Deutschen.
"Wir nehmen mit, wie wir noch gezielter aufs Tor spielen können. Mehr Schüsse aufs Tor, mehr Verkehr. Aber es war ein sehr guter Wegweiser für die Spiele, die uns noch erwarten", sagte Kreis in aller Gelassenheit. Der 64-jährige Kreis hatte Ende 2022 die Nachfolge von Toni Söderholm angetreten, der das deutsche Team vor zwei Jahren ins WM-Halbfinale geführt hatte. Schon 1979 hatte Kreis' Spielerkarriere im DEB-Trikot mit einem 3:7 gegen Schweden begonnen.
"Man hat nach dem Spiel gemerkt, dass die Spieler frustriert waren", sagte der Bundestrainer. "Sie haben viel investiert, viel gemacht, aber die Tore haben gefehlt. Vielleicht war hin und wieder ein Pass zu viel, statt eines Schusses aufs Tor. Ich kann das leicht sagen, mit einem Blutdruck von 120 zu 80 an der Bande und einem Puls von 60." Besonders bitter: Als eine unnötige Strafzeit von Daniel Fischbuch kurz vor Ende des 2. Drittels quasi abgelaufen war, (nur eine Sekunde war noch zu gehen) erzielte Oscar Lindberg das Siegtor (42.).
"Können gegen die Großen mitspielen"
Nun also direkt die Chance zur Wiedergutmachung und eine Aufgabe, die an Schwere kaum zu überbieten ist. "Natürlich haben die Finnen noch mehr Druck, dadurch dass sie heute verloren haben. Umso härter werden sie kommen", sagte Angreifer Dominik Kahun und Kapitän Moritz Müller befand: "Ich erwarte Finnen, die sehr heiß aus den Startblöcken rauskommen werden. Die versuchen, direkt etwas gutzumachen. Wir müssen cool bleiben, coolen Kopf behalten, auch bei der Kulisse." Laut Müller habe das mutige Spiel gegen Schweden gezeigt, "dass wir gegen die Großen mitspielen können."
Kreis hatte für sein WM-Debüt als Chefcoach ein mutiges deutsches Team angekündigt. Tatsächlich startete seine Auswahl forsch und war zunächst deutlich besser als der elfmalige Weltmeister mit seinen acht NHL-Profis. Aus einer soliden Abwehr mit NHL-Topverteidiger Moritz Seider heraus tat die DEB-Auswahl wesentlich mehr für die Offensive und störte die Schweden immer wieder gut im Spielaufbau. Allerdings fehlte eben das Tor. Deutschland war dem Favoriten auch danach mindestens ebenbürtig. Allerdings befreiten sich die Schweden allmählich vom Druck und brachten nun selbst mehr Schüsse aufs Tor. Es entwickelte sich ein zähes Geduldspiel, in dem Torhüter Mathias Niederberger immer mehr zum Faktor wurde. Der Meister-Goalie vom EHC Red Bull München war erst nach einer dummen Strafe gegen Fischbuch wegen Hakens machtlos.
Quelle: ntv.de, tno/dpa/sid