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Highlights, NBA-MVP, Verletzung Chicagos Wunderkind Derrick Rose beendet dornige Karriere

Derrick Rose war zu seinen besten Zeiten kaum aufzuhalten.

Derrick Rose war zu seinen besten Zeiten kaum aufzuhalten.

(Foto: imago/UPI Photo)

Derrick Rose ist der jüngste MVP aller Zeiten, brilliert auf dem Parkett wie kaum ein Zweiter. Spektakuläre Highlights weichen jedoch viel zu früh einer horrenden Verletzungsserie, die seine Laufbahn für immer verändert. Der ultimative "Was wäre wenn" Star hat seinen Frieden gemacht.

Ein Liebesbrief an den Basketballsport - es war die finale Aktion von Derrick Rose als NBA-Profi. Rose, der 2008 an Nummer eins von den Chicago Bulls gedraftet und 2011 jüngster MVP aller Zeiten wurde, gab am Donnerstag seinen Rücktritt vom Hochleistungssport bekannt. Nach 16 Saisons in der National Basketball Association, ikonischen Highlights und einer endlosen Reihe verheerender Verletzungen beendete der dreifache All-Star und ehemalige Rookie des Jahres seine Karriere - eine Woche vor seinem 36. Geburtstag.

Erst vor wenigen Tagen hatten ihn die Memphis Grizzlies überraschend aus seinem noch laufenden Vertrag entlassen - auf eigenen Wunsch, wie sich jetzt herausstellte. "Ich habe alles fürs Spiel gegeben. Ich habe meinen Frieden mit der Entscheidung gefunden", sagte er. "Basketball war nur der Anfang für mich. Jetzt will ich alles für meine Familie geben - sie haben es verdient." Rose ist verheiratet und hat drei Kinder.

Der in Chicago geborene und aufgewachsene Superstar gab seine Entscheidung auf seinem Instagram-Kanal und in Tageszeitungen aller sechs Städte bekannt, in denen er als Profi tätig war: Chicago, New York, Cleveland, Minnesota, Detroit und Memphis. Er bedankte sich bei seinen Fans... und Basketball, seiner "ersten Liebe, die in guten und schlechten Zeiten an mich geglaubt" hat und "immer da war, wenn alles andere unsicher wirkte".

Jüngster MVP aller Zeiten

Aufgewachsen ohne Vater und in bitterer Armut, in einem der berüchtigtsten Stadtviertel der "South Side" von Chicago, entwickelte sich Rose früh zu einem der besten Nachwuchsspieler des Landes. Seine alleinerziehende Mutter und älteren Geschwister beschützten "Pooh" akribisch vor allen Einflüssen von außen, vor allem "Halsabschneidern, Agenten und Blutsaugern, die sich in seinem Ruhm sonnen und ihn nur ausnutzen wollten", schrieb "Sports Illustrated" im Jahr 2006.

Zu Schulzeiten trug er seine Trikotnummer 25 als mahnende Erinnerung an den ermordeten Benji Wilson, ein Jahrhunderttalent aus Chicago, das 1984 Opfer von Gang-Gewalt in der "Windy City" wurde. 2006 traf er den entscheidenden Wurf zur High School Meisterschaft des Bundesstaates Illinois. Rose absolvierte ein Jahr an der Universität von Memphis, ehe er zu den Profis wechselte und ihn die legendäre Franchise aus seiner Heimatstadt im Sommer 2008 an erster Stelle im Draft auswählte.

"D-Rose" erzielte als erster Bulls-Pick seit Michael Jordan zehn oder mehr Punkte in seinen ersten zehn Partien und gewann als einer von nur drei Spielern in der Geschichte des Klubs die Rookie of the Year Trophäe. Sein Weg hinauf ins NBA-Penthouse setzte sich in der Folge ungehindert fort. Roses spektakuläre und furchtlose Spielweise machten ihn zur viralen Highlight-Maschine und zu einem der beliebtesten Spieler ligaweit. Adidas nahm ihn bereits als Rookie unter Vertrag und honorierte seine Leistungen 2012 mit einer exorbitanten Vertragsverlängerung (knapp 190 Millionen US-Dollar über 14 Jahre).

Zwischen 2010 und 2012 wurde er immer ins All-Star Team gewählt. 2011 kam sein Husarenritt durch die Association: Rose führte sein Team mit 25,0 Punkten und 7,7 Assists pro Partie zur besten Bilanz der Liga und auf Platz eins, schaffte den Sprung ins All-NBA Team und gewann die MVP-Trophäe im zarten Alter von nur 22 Jahren. In den Playoffs scheiterten die Bulls erst in den Conference Finals an LeBron James' Miami Heat, die später gegen Dirk Nowitzkis Dallas Mavericks in den NBA Finals sensationell baden gingen. Chicago blieb in der Saison 2010-11 das einzige Playoff-Team, gegen das Nowitzki & Co. keinen einzigen Sieg einfahren konnten.

Verletzungspech, Rücktrittsgedanken, Neuerfindung

Was für die ikonischen Bulls-Teams der 2010er-Jahre und ihren elektrisierenden Point Guard eigentlich erst der Anfang sein sollte, wurde zum demoralisierenden Anfang vom Ende. Roses kometenhafter Aufstieg wurde durch eine verheerende Szene im April 2012 jäh unterbrochen. Im ersten Spiel der Erstrundenserie gegen die Philadelphia 76ers sollte ein Kreuzbandriss im linken Knie seine Laufbahn für immer verändern.

Von diesem Moment an war Rose nie wieder der Spieler, der er einmal war. Der Guard, der in den folgenden Jahren immer wieder von Blessuren zurückgeworfen wurde, verpasste 228 der nächsten 394 regulären Saisonspiele und war nur noch sporadisch in der Lage, auf dem Parkett zu dominieren. Die Bulls wählten eine andere Richtung, er selbst erwog zwischenzeitlich sogar den vorzeitigen Rücktritt.

Ein tränenreicher Trade zu den New York Knicks im Sommer 2016 und die darauffolgende sportliche Neuerfindung revitalisierten Rose und legten so den Grundstein für eine mehr als respektable zweite Karrierehälfte. Bei den Minnesota Timberwolves erzielte er 2018 sein Career High (50 Punkte) und trotzte all seinen Zeitgenossen ultimativen Respekt ab. LeBron James nannte ihn einen "Superhelden", sein Coach Tom Thibodeau "einen der härtesten Typen, die ich kenne", und Dwyane Wade "ein Exempel dafür, niemals aufzugeben". Zwischen 2019 und 2021 ließ Rose immer wieder seine Extraklasse aufblitzen und etablierte sich als einer der besten Ersatzspieler der Liga, ehe er es via zweitem Abstecher nach New York und zuletzt Memphis leise ausklingen ließ.

Hall of Fame Kaliber?

Nur 18 Spieler - von insgesamt fast 5.000 in der Geschichte der NBA - kommen in ihrer Karriere auf mindestens 17 Punkte, 5 Assists, 45 Prozent Trefferquote aus dem Feld und 700 oder mehr Einsätze: Michael Jordan, LeBron James, Magic Johnson, Larry Bird, Oscar Robertson, Jerry West, Steph Curry, Isiah Thomas, Chris Paul, Walt Frazier, Clyde Drexler, Dwyane Wade, Kevin Johnson, Nate Archibald, Reggie Theus, Gus Williams, Kyrie Irving und Derrick Rose.

Diese illustre Gesellschaft zeigt bereits das Dilemma um Rose und dessen in Zukunft sicherlich aufgeregter zu diskutierende Hall of Fame Causa. Hat der Guard, der einst zwar zum wertvollsten Spieler der Saison gewählt wurde, jedoch nur ein Mal den Sprung in ein All-NBA Team und es nie in ein NBA-Finale geschafft hat, die notwendigen Argumente für eine Nominierung in die Ruhmeshalle auf seiner Seite?

Es gibt eine ganze Reihe von Hall of Famern, die Rose weder statistisch noch in puncto "Fame", also Ruhm auf dem Zenit seines Schaffens, das Wasser reichen können. Roses brillantes erstes Karriere-Drittel ist im Alleingang für eine der wenigen echten Ost-Rivalitäten des Millenniums verantwortlich, als sich seine Bulls und James' Teams regelmäßig um die Vormachtstellung in der Conference stritten.

Kompliziertes Vermächtnis... und Frieden

Der "Windy City Assassin" war - wie nur wenige andere Spieler neben ihm - kultureller Referenzpunkt einer ganzen Generation. An seinem immensen globalen Ruhm und Superstar-Status auf mindestens drei Kontinenten konnte auch ein Gerichtsverfahren vor acht Jahren wegen angeblicher Gruppenvergewaltigung einer Ex-Freundin, bei dem Rose keine gute Figur abgab, jedoch von aller Schuld freigesprochen wurde, nichts ändern. Sowohl seine Marke als auch seine Beliebtheit sind intakt.

Für Jerry Reinsdorf, den Teambesitzer der Bulls, repräsentiert Rose wie kein Zweiter "den Kampfgeist, die Ausdauer und das Herz Chicagos. Er ist einer der hartnäckigsten und willensstärksten Sportler, die ich jemals gekannt habe, hat sich immer wieder von Rückschlägen zurückgekämpft, die die meisten für immer gebrochen hätten. Einen Lokalhelden wie ihn Geschichte im Bulls-Trikot schreiben zu sehen, war uns eine Ehre."

Für viele ist Derrick Rose der ultimative "Was wäre wenn..." Spieler. Was, wenn er sich niemals verletzt hätte - oder zumindest nicht immer und immer wieder? Diese Frage wurde seit 2012 bis zum Überdruss gestellt. Was aber, wenn sie völlig am Thema vorbeigeht - und die Geschichte von D'Rose am Ende für das steht, was er geschafft hat, für Beharrlichkeit, für das Erreichte, allen Widerständen zum Trotz?

"Ich glaube, wahrer Erfolg ist, sein Potenzial als Mensch zu erreichen", sagt Rose zum Schluss. "Jeder von uns hat Momente im Leben, in denen er darüber nachdenkt, was alles hätte sein können. Aber selbst, wenn ich könnte, würde ich keine einzige Sache in meinem Leben verändern. All das hat mich erst zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin."

Quelle: ntv.de

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