Streit unter Ausrichter-Städten DFB sucht seine WM-"Kaiserin"
01.11.2007, 17:52 UhrErst wurde gemeinsam gefeiert, nun wird hinter den Kulissen verbissen gekämpft: Nach dem Zuschlag für die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen 2011 rühren die vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) ausgewählten zwölf Spielorte mächtig die Werbetrommel, um nicht doch noch von dem Großereignis in vier Jahren ausgeschlossen zu werden. "Da der Trend der Teilnehmer zu 16 und nicht 24 Mannschaften geht, würden sechs Stadien reichen", erklärte DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach und löste damit hektische Betriebsamkeit in den Städten aus.
DFB-Präsident Theo Zwanziger ist sich der Brisanz bewusst, denn schon bei der Kür der Spielorte für die Weltmeisterschaft 2006 gab es böses Blut. "Die Auswahl der Stadien wird die erste wichtige Aufgabe sein", sagte der 62-Jährige. Kein Wunder, dass die Kandidaten ihre Botschafter nur wenige Stunden nach der WM-Vergabe bereits in Stellung brachten. "Diesmal sind wir ja wohl mit Leverkusen als Spielort dabei", sagte Bayers Sportdirektor Rudi Völler. Für das Sommermärchen im Vorjahr war Leverkusen wegen des zu kleinen Stadions nicht berücksichtigt worden.
Auch in Augsburg rechnet man als einzigem bayerischen Standort fest mit einer Zusage. "Die WM ist für unsere Stadt eine unbezahlbare Chance, sich weltweit positiv darzustellen", sagte Oberbürgermeister Paul Wengert. Sinsheim darf sogar auf die Fürsprache des DFB-Präsidenten hoffen. Dessen Sohn Ralf Zwanziger ist Leiter des im benachbarten St. Leon für 1,3 Millionen Euro entstehenden Frauenfußball-Förderzentrums. "DFB-Boss Zwanziger war Ende August in St. Leon und ist von der Anlage begeistert", sagte Anton Nagl, Vorsitzender des Dietmar-Hopp-Zentrums. Die 30.000 Zuschauer fassende Arena direkt an der Autobahn soll in eineinhalb Jahren fertig sein.
Als Austragungsorte fest stehen bislang nur Berlin, wo das Eröffnungsspiel steigen soll, und Frankfurt als WM-Zentrum und erster Kandidat für das Finale. Bielefeld, Bochum, Dresden, Essen, Magdeburg, Mönchengladbach und Wolfsburg wollen ebenfalls WM-Spiele austragen. Kein Wunder, rechnet die Sponsoringberatungs-Firma "Sport + Markt" bei der WM 2011 immerhin mit einem Umsatzplus für den Einzelhandel von etwa 150 bis 200 Millionen Euro. Das Gastgewerbe könne mit monetären Effekten in Höhe von bis zu 30 Millionen Euro rechnen. "Wir wollen es gemeinsam anpacken und freuen uns darauf. Die Politik, die Gesellschaft und die Medien werden dabei sicher mitziehen", sagte Zwanziger.
In den kommenden Wochen muss der DFB, der mit einem Etat von rund 21 Millionen Euro plant, mindestens vier nationale Sponsoren akquirieren, das WM-Organisationskomitee gründen und einen weiblichen Franz Beckenbauer finden. "Ich kann das nicht alleine entscheiden und will den Gremien nicht vorgreifen. Aber eine Frau soll es sein", sagte Zwanziger zur Suche nach der Galionsfigur im WM-OK. Der DFB braucht eine Person, die der nächsten großen Fußball-Party ein Gesicht verleiht -wie 2006 der oberste WM-Macher Beckenbauer.
Für die Rolle der "Kaiserin" kann der DFB gleich aus mehreren Kandidatinnen auswählen. Hannelore Ratzeburg wird bei der Vergabe der OK-Posten als frisch gekürte Vizepräsidentin ein ebenso gewichtiges Wort mitreden wie Heike Ullrich, die als Abteilungsleiterin Frauen-Fußball über beste Kontakte zum Weltverband FIFA verfügt. Beide werden mit ihrem Know-how in jedem Fall bei administrativen Aufgaben gefordert sein.
Doch auch an in der Öffentlichkeit bekannteren Gesichtern mangelt es nicht. So könnten gleich mehrere Weltmeisterinnen von 2003 dem Anforderungsprofil entsprechen. Nia Künzer hat die Medientauglichkeit als ARD-Expertin bereits bewiesen und nutzt weiter ihren Ruf als "Golden Girl" der vorletzten WM. Doris Fitschen hat als Sponsoring-Managerin beim DFB den nötigen Stallgeruch. Als Idealbesetzung aber könnte sich Steffi Jones herauskristallisieren. Die dunkelhäutige sympathische Frankfurterin besitzt Charme und Charisma und wäre durch ihre bewegte Vita zugleich ein Symbol für den Kampf des DFB für Integration und gegen Fremdenfeindlichkeit.
Von Eric Dobias und Ulli Brünger, dpa
Quelle: ntv.de