Nach Horrorfilm im Kopfkino DHB-Team träumt vom Coup
19.01.2011, 13:57 UhrNach dem verschenkten Sieg gegen Spanien stehen Deutschlands Handballer in der WM-Vorrunde unter Druck. Nun muss gegen Titelverteidiger Frankreich ein Sieg her, wenn die Hauptrunde nicht zum bedeutungslosen Schaulaufen werden soll. Das DHB-Team glaubt an seine Chance - vorausgesetzt, der Kopf spielt nicht mit.

Bundestrainer Heiner Brand hat seinem Team die Videoanalyse nach der Pleite gegen Spanien nicht ersparen können.
(Foto: dpa)
Mit einer List wollen Deutschlands Handballer die unnötige Niederlage gegen Spanien vergessen machen und heute ab 18.15 Uhr gegen Frankreich Wiedergutmachung betreiben. Die List sieht Folgendes vor: Den Kopf, den die Mannen von Heiner Brand gegen die Spanier in der Schlussphase verloren hatten, wollen sie diesmal einfach nicht benutzen. Kapitän Pascal Hens hält ihn für verzichtbar: "Gegen Frankreich sind wir Außenseiter, da können wir den Kopf ausschalten."
Auch sonst ist die interne deutsche Analyse des 24:26 gegen Spanien sehr kopflastig ausgefallen. Am Ende stand die Erkenntnis, dass man sich wegen der verschenkten Punkte im Schlüsselspiel nur an die eigene Nase fassen muss. "Der Tenor war die ganze Zeit, dass wir den Mut verloren haben. Das ist das, was alle gewurmt hat und sich keiner erklären konnte", beschrieb der überragende Torwart Johannes Bitter die Befindlichkeit im DHB-Team, nachdem gegen die Spanier ein Drei-Tore-Vorsprung kopflos weggeworfen worden war.
Angst vor der eigenen Courage
Trotz zahlreicher technischer Fehler im Angriffsspiel, die oberflächlich auf handballerische Mängel schließen lassen, hat sich der rätselhafte Einbruch für Spielmacher Michael Haaß komplett "im Kopf abgespielt". Es war, davon ist Haaß überzeugt, die Angst vor der eigenen Courage, nachdem vor dem Spiel niemand so recht an einen Sieg gegen Spanien geglaubt hatte. Als zwölf Minuten vor Schluss dann plötzlich ein Happy End – und damit perspektivisch auch das WM-Halbfinale – so nah schien, haben die Deutschen unbewusst "die Handbremse" angezogen, wie es Linksaußen Dominik Klein beschrieb. Man könnte auch sagen: Im deutschen Kopfkino lief plötzlich ein Horrorfilm.

Spielmacher Michael Haaß war gegen Spanien der einzige Lichtblick im deutschen Rückraum.
(Foto: dpa)
Ohne die Punkte gegen Spanien ist die Ausgangslage vor dem Spiel gegen Frankreich so unangenehm wie befürchtet. Vorausgesetzt, Deutschland qualifiziert sich neben Franzosen und Spaniern für die Hauptrunde, kann das DHB-Team nur noch gegen Frankreich Punkte im Kampf um das Halbfinale sammeln. Mit 0:4 Zählern bräuchte Deutschland ein Handball-Wunder, um doch noch die Vorschlussrunde zu erreichen. Ein Wunder scheint nach dem Einbruch gegen Spanien aber auch nötig, um Frankreich Punkte abzuringen.
Unschlagbare Franzosen
Das letzte WM-Duell gegen die Equipe Tricolore haben die Deutschen auf dem Weg zum Triumph bei der Heim-WM 2007 zwar für sich entschieden, woran auch in Kristianstad gern erinnert wird. Seitdem aber hat Deutschland bei großen Turnieren nichts mehr gewonnen und Frankreich alles. Erst 2008 Olympia-Gold in Peking, dann 2009 WM-Gold in Kroatien und im Vorjahr auch noch EM-Gold in Österreich - ein goldener Hattrick, der im Welthandball zuvor unerreicht war.
In Schweden machen die auf allen Positionen mit Weltklasse-Spielern besetzten Franzosen bislang nicht den Eindruck, dass ihre Erfolgsserie reißen könnte. Die Nettigkeiten Richtung DHB-Team sind nur das: Nettigkeiten. Umso schöner wäre ein deutscher Sieg gegen die Franzosen, und die DHB-Spieler fühlen sich nach dem Spanien-Fiasko durchaus bereit. "Der Bundestrainer hat die richtigen Worte gefunden. Wir dürfen nicht wieder die gleichen Fehler machen. An einem guten Tag können wir Frankreich schlagen", hat Johannes Bitter mehr hoffnungsvoll als überzeugt verkündet. Ein Überraschungssieg, hat Michael Haaß der "Süddeutschen Zeitung" verraten, "könnte der große Befreiungsschlag für uns sein". Es wäre ein kopfloser Coup.
Quelle: ntv.de