Sport

ARD vermutet Unschuld DSV klagt gegen Doping-Berichte

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) und der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) haben nach den Doping- Anschuldigungen im Zuge der Wiener Blutbank-Affäre um rund 30 Sportler Aufklärung gefordert. "Man kann der Sache nur nachgehen, wenn man Fakten hat", sagte DOSB-Präsident Thomas Bach. Daher habe er sich mit IOC- Präsident Jacques Rogge abgestimmt, dass DOSB und IOC schriftlich Unterlagen bei den entsprechenden österreichischen Behörden anfordern. "Es wäre unzulässig, daraus ein Schreckensszenario zu zeichnen", meinte Bach. "Bisher gibt es keine Fakten. Es gibt einen Verdacht, der ziemlich pauschaliert ist."

Unterdessen hat der Deutsche Skiverband (DSV) nach den in der ARD erhobenen Doping-Verdächtigungen rechtliche Schritte gegen die zuständigen Redakteure des TV-Senders eingeleitet. Dies erklärte DSV- Sprecher Stefan Schwarzbach am Rande des Biathlon-Weltcups im Südtiroler Antholz. Der Verband habe alle Quellen ausgeschöpft, "wir haben aber von niemandem die Bestätigung dafür bekommen, dass der DSV darin verstrickt ist", sagte Schwarzbach. Die ARD hatte berichtet, dass unter den mindestens 30 Sportlern, die angeblich Kunden bei der Wiener Blutbank Humanplasma GmbH gewesen sind, rund 20 deutsche Wintersportler seien, die zum Teil der Weltspitze angehörten.

Leistungssport nicht so schnell tot

Auf eine rasche Klärung des Doping-Verdachts drängt Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. "Ich habe die Gerüchte mit großer Sorge gehört. Diese Entwicklung ist für den Sport wahnsinnig problematisch", sagte der für den Sport zuständige Innenminister. "Ich glaube aber nicht, dass der Leistungssport so schnell tot ist. Dafür ist er zu gut und zu schön. Der Sport birgt in sich die Gefahr der Selbstzerstörung. Das gibt es aber nicht nur im Sport", betonte Schäuble. Nach den jüngsten Dopingfällen im Radsport habe er sich angewöhnt, nichts mehr zu glauben, sagte der CDU-Politiker.

Der DSV fordert hingegen Belege für die Doping-Anschuldigungen. "Der DSV erwartet im Sinne einer raschen Aufklärung die Nennung von Namen, sofern diese vorliegen sollten", erklärte der Verband in einer Pressemitteilung. "Dem DSV liegen nach wie vor keinerlei konkrete Informationen über eine mögliche Verwicklung von DSV-Athleten in die zuletzt bekanntgewordene Affäre um eine Wiener Blutbank vor."

Der österreichische Doping-Chefermittler Arnold Riebenbauer, der nach dem Turin-Skandal auf das Blutplasma-Institut in Wien gestoßen war, sagte nichts Belastendes über eine Verstrickung deutscher Wintersportler: "Ich kann keine Namen herausgeben. Zu deutschen Wintersportlern kann ich keine Auskunft geben. Nach meinen Informationen sind neben Radsportlern auch Leichtathleten betroffen."

Derweil hat ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt seine Vorwürfe konkretisiert. "Der DSV steht momentan nicht im Verdacht, aktiv Blutdoping unterstützt zu haben, geschweige denn, Athleten selbst nach Wien geschickt zu haben", erklärte er. Es gehe eher um zurückliegende Fälle, auf die man im Zusammenhang mit dem österreichischen Doping-Skandal bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin gestoßen sei. Dass er noch nicht Ross und Reiter nennen will, begründete Seppelt in einem Interview mit WDR2 so: "Die Russen- und die Ukrainer-Mafia ziehen im Hintergrund der Blutbank ihre Fäden. Deshalb müssen wir unsere Informanten schützen."

Die vier bisher im Zusammenhang mit der Blutbank-Affäre von der ARD namentlich genannten Radprofis haben die Vorwürfe zurückgewiesen. Nach Informationen des TV-Senders sollen Michael Rasmussen (Dänemark), Michael Boogerd (Niederlande), der zweifache Vuelta- Gewinner Denis Mentschow (Russland) und der frühere Gerolsteiner- Profi Georg Totschnig (Österreich) Kunden der Wiener Blutbank gewesen sein. "Ich habe von diesem Institut noch nie gehört", sagte Mentschow der niederländischen Zeitung "de Telegraaf". Auch die drei weiteren beschuldigten Fahrer stritten die Anschuldigungen ab.

ARD erhebt Vorwürfe und vermutet Unschuld

Die ARD wird nach den eigenen Doping-Vorwürfen gegen deutsche Wintersportler das aktuelle Fernsehprogramm nicht ändern. "Derzeit sehen wir keine Veranlassung, bei unseren geplanten Wintersport-Übertragungen Änderungen vorzunehmen. Es gibt zwar neue Dopingvorwürfe, die jedoch bisher nicht für einzelne Sportler belegt sind. Auch bei solchen Vorwürfen gilt zunächst die Unschuldsvermutung", erklärte Programmdirektor Günter Struve. Struve ist in Personalunion auch ARD-Sportkoordinator. ARD und ZDF waren nach dem Doping-Skandal bei der Tour de France 2007 aus der Berichterstattung ausgestiegen.

Der medizinische Leiter der ins Doping-Zwielicht geratenen Wiener Blutplasma-Firma hat ebenfalls alle gegen das Institut gerichteten Anschuldigungen zurückgewiesen. "Seit Bekanntwerden der Vorwürfe war noch kein einziger Ermittler bei uns, weder die Kriminalpolizei, noch ein Drogenfahnder", sagte Lothar Baumgartner.

Die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) hat sich nach Hinweisen auf die Blutbank-Affäre vorsorglich an das Bundeskriminalamt (BKA) gewandt. Dies teilte der NADA-Vorsitzende Armin Baumert mit. Wie der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Christoph Bergner im Sportausschuss mitteilte, sei das BKA aktiv geworden. Bisher seien aber im Fall der 30 verdächtigen Sportler noch keine konkreten Ermittlungsergebnisse verifiziert worden. "Diese haben im besten Fall den Charakter von Gerüchten", sagte Bergner.

Von Andreas Schirmer und Christian Fürst, dpa

Quelle: ntv.de

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