Misstrauen und Gewichte-FrustDTM führt Motorsport "ad absurdum"

Große Aufbruchstimmung herrscht in der DTM nach einigen Regeländerungen zu Saisonbeginn. Die ersten Rennen verlaufen entsprechend spannend. Doch die Euphorie kippt innerhalb kurzer Zeit - denn jetzt werden "Kreativität und Genialität der Fahrer bestraft".
Die Akteure im Deutschen Tourenwagen Masters haben keine zwei Monate gebraucht, um die gute Aufbruchstimmung vom Saisonbeginn ins Gegenteil zu verkehren. Statt Zufriedenheit mit den umfassenden Regeländerungen, Lob für den neuen DTM-Chef Gerhard Berger und Euphorie herrschen seit dem dritten Renn-Wochenende Mitte Juni in Budapest Ärger, Verschwörungstheorien und gegenseitiges Misstrauen.
So verkamen die beiden BMW-Erfolge des Kanadiers Bruno Spengler und des Belgiers Maxime Martin auf dem Nürnberger Norisring fast zur Randnotiz. Besonders die Regeländerung zu den Zusatzgewichten in den Autos mitten in der Saison und nachweisbare Anweisungen aus den Kommandoständen beim sechsten Lauf in Budapest, langsamer als möglich zu fahren, lösten reichlich Kopfschütteln aus.
"Für den Sport nicht gut"
"Ich verstehe Fahrer nicht, dass sie sich an solche Vorgaben halten. Das hätte ich in meiner aktiven Zeit niemals gemacht", sagte der frühere Formel-1-Pilot Berger, der seit Mitte März erster Vorsitzender von Veranstalter ITR ist. Vor Budapest war der Deutsche Motor Sport Bund (DMSB) einem Antrag der drei Hersteller Audi, BMW und Mercedes gefolgt, die in die Autos einsetzbaren Gewichte, die für mehr Chancengleichheit sorgen sollen, statt nach jedem Qualifying nach jedem Rennen neu zu berechnen. Das führte dazu, dass Fahrer auf der Strecke langsamer unterwegs waren, um der Marke Vorteile für den nachfolgenden Lauf zu verschaffen.
Berger lehnt die schon zuvor umstrittenen Gewichte ohnehin ab. "Die Gewichtsregelung mit der Formel, etwas legal steuern zu können oder zu taktieren, ist für den Sport nicht gut", sagte der 57-Jährige schon am Hungaroring in Budapest.
Auch viele Fahrer halten nichts davon. "Das Ziel für die Zukunft muss sein: keine Gewichte, kein DRS und Autos, mit denen wir ohne diese ganzen Hilfen überholen können", sagte BMW-Pilot Timo Glock. Der ehemalige Formel-1-Fahrer forderte, sich auf pures "Racing" zu konzentrieren, "so wie es die Fans sehen wollen".
"Genialität der Fahrer wird bestraft"
Noch deutlicher wurde der Chef der DTM-Fahrergewerkschaft DTMDA, Manuel Reuter: "Die Kreativität und die Genialität der Fahrer wird bestraft, so führt man den Sport ad absurdum." Die Aufforderung an die Fahrer, vorgegebene Rundenzeiten zu fahren, hat der DMSB nun für den Rest der Saison mit Androhung einer Strafe untersagt.
Den Vorwurf an Audi, man habe in Ungarn mit einem angeordneten Überholmanöver kurz vor Rennende René Rast statt des schwedischen Ex-Champions Mattias Ekström gewinnen lassen, damit der beim Heimrennen der Ingolstädter auf dem Norisring als DTM-Spitzenreiter starten kann, streitet deren Motorsportchef Dieter Gass jedoch ab: "Wie üblich hatte in Budapest jeder unserer Fahrer die Möglichkeit zu gewinnen. Es ist doch klar, dass Markenkollegen nicht so hart miteinander kämpfen, als wären es Rivalen eines Wettbewerbers."
Berger betonte zudem, dass es unter den drei Herstellern keine Absprachen über Rennsieger gebe, wie oft spekuliert wird. Trotz des Unmuts glaubt er die DTM auf einem guten Weg: "Wir haben spannende und abwechslungsreiche Rennen mit verschiedenen Siegern und Tabellenführern gesehen. Die Fahrer stehen im Mittelpunkt."