Olaf Ludwig - eine Legende wird 50 "Der Radsport ist am Tiefpunkt"
13.04.2010, 10:31 UhrOlaf Ludwig blickt auf eine einmalige sportliche Karriere zurück. In der DDR groß und erfolgreich geworden, fährt er nach der Wende auch als Profi Erfolge ein. Sein späteres Engagement beim Rennstall T-Mobile wird von der Dopingaffäre um Jan Ullrich ausgebremst. Sein Vertrag als Teamchef bei T-Mobile ist bereits gekündigt. Interviews zu diesem Thema wiegelt er ab. Über das ganze Drumherum will er auch heute noch nicht reden - mit 50 Jahren. Mit dem "Kapitel Radsport" hat er abgeschlossen, wie Ludwig im Interview mit n-tv.de sagt.
n-tv.de: Herr Ludwig, gibt es einen bestimmten Grund, der Sie in den Rennsattel getrieben hat? Ein bestimmtes Ereignis in Ihrer Jugend?
Zum Radsport bin ich durch die Friedensfahrt gekommen. Gera war damals Etappenort. Die Bedeutung der Rundfahrt in der ehemaligen DDR ist wahrscheinlich bekannt. Das Ereignis mitsamt dem Drumherum, das war der Auslöser dafür, dass ich mich dann zwischen Fußball, Leichtathletik und Radfahren für den Radsport entschieden habe.
Sie waren als Amateur in der DDR und als Profi im wiedervereinten Deutschland überaus erfolgreich. Nationale Titel, Olympiasieg, Weltcup-Gesamtsieg und Grünes Trikot bei der Tour de France um nur einige ihrer Erfolge zu nennen. Hatten Sie ein Lieblingsrennen?
Ja, bei den Amateuren war ganz klar die Friedensfahrt mein Favorit und bei den Profis habe ich eine besondere Affinität zum Klassiker Paris-Roubaix.
Obwohl Sie da ja nie gewonnen haben?
Das stimmt. Zweiter, Dritter, Vierter, Siebenter – aber am Ende ist das uninteressant. Paris-Roubaix ist ein Rennen gewesen, wo ich immer berechtigte Chancen gesehen habe, auch ganz vorne zu sein. Und natürlich gibt es rund um den Klassiker auch einen gewissen Mythos – der sich bis heute gehalten hat.
Und daran anschließend: Was war Ihr größter sportlicher Triumph?
Bei den Amateuren ist es sicherlich der Olympiasieg 1988. Bei den Profis wird es da schon etwas schwieriger. Der Weltcupsieg ist sportlich gesehen etwas, das über das ganze Jahr geht. Bei den Rennen, die am Zielstrich entschieden sind: Da ragt sicherlich das Amstel-Gold-Race heraus. Aber auch der dritte Platz bei der Weltmeisterschaft in Oslo 1993 ist für mich persönlich ein sehr, sehr wichtiger Erfolg gewesen.
Mit 50 ist auch die Zeit zurückzublicken: Bereuen Sie etwas in Ihrer Laufbahn?
Ich bin mit meiner Karriere zufrieden. Mit meinen Erfolgen auch. Da bereue ich nichts und würde deshalb auch nichts anders machen.
Ist der Privatmann Olaf Ludwig dem Radsport treu geblieben? Fahren Sie privat noch die ein oder andere Runde?

Olaf Ludwig mit seinem schärfsten Sprintkonkurrenten während seiner Profijahre: Dshamolidin Abdushaparow.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Ich bin fast 25 Jahre Rad um die Wette gefahren. Immer mit dem Leistungsgedanken dabei. Und als ich aufgehört habe, habe ich gesagt: Ich höre auf, weil ich es will und nicht, weil ich es muss, weil ich keinen Vertrag mehr kriege oder verletzt war. Ich habe aber mit meiner leistungssportlichen Karriere abgeschlossen. Wenn ich noch Rad fahre – immer noch zwischen 2000 und 4000 Kilometer im Jahr - dann privat. Just for fun, ohne den Leistungsgedanken. Wenn ich selber auf dem Rad sitze, dann will ich Spaß haben und nicht, schnell oder Erster an einem Berg sein oder einen Ortschild-Sprint gewinnen.
Sie waren mehrere Jahre im Profiradsport tätig. Als Sportler, Teamchef und auch als Funktionär. Was hat Ihnen davon am meisten Spaß gemacht?
Spaß gemacht am meisten? Natürlich die sportliche Laufbahn. Sportler und Funktionär sind zwei komplett verschiedene Welten. Als ich damals zum Funktionär (beim Bund Deutscher Radfahrer, Anm. d. Red.) wurde, wollte ich eigentlich das Verständnis beider Seiten zueinander verbessern. Die Wahrnehmungsebene der Sportler zu den Funktionären und umgekehrt ist ja sehr einseitig. Ich wollte da Brücken schlagen. Ob mir das gelungen ist, weiß ich nicht. Da müssen Sie andere Fragen. Aber ich habe auch gelernt, dass das Leben als Funktionär, sportlicher Leiter oder Manager nicht so ist, wie man sich das als Sportler vorstellt.
Dennoch: Gibt es deutsche Talente, die dem Radsport hierzulande wieder auf die Beine helfen könnten?
Ich verfolge den Sport noch im Internet oder auch mal am Fernsehen. Linus Gerdemann und Gerald Ciolek waren schon Talente zu meiner Zeit. Jetzt kommen Tony Martin und Andre Greipel dazu, die bereits Erfolge eingefahren haben und sicherlich, von ihrem Alter her, auch noch für die Zukunft bereit stehen. Aber man sollte nicht vergessen, dass der Radsport nicht nur Tour de France oder Sprint ist. Es gibt nach wie vor auch sehr gute "Wasserholer": Man muss seine Möglichkeiten einfach erkennen und wie weit man damit kommen kann. Aber Tony Martin ist sicherlich ein Rennfahrer, der im Hinblick auf die großen Rundfahrten, doch einiges verspricht. In drei oder vier Jahren könnte er in der Lage sein, ganz vorne bei der Tour de France mit dabei zu sein.
Was unterscheidet eigentlich den Menschen Ludwig vom Radsportler Ludwig?
Aus meiner Sicht nur sehr wenig, weil auch der Mensch Ludwig auf dem Fahrrad bestehen musste. Allerdings ist auf dem Fahrrad der Erfolg das Ziel. Als Mensch steht die Familie dagegen immer im Vordergrund.
Welche drei Eigenschaften zeichnen Sie aus?
Ich glaube ich bin sehr realistisch, immer realitätsbezogen. Ich kann auch gut analysieren. Das hat mir im Sport sehr gut weitergeholfen. Beispielsweise mit Niederlagen umzugehen oder aus ihnen die richtigen Schlüsse zu ziehen. Und ich bin sehr spontan. Ob das gut ist oder nicht, müssen andere entscheiden.
Welche Ziele hat der Mensch Olaf Ludwig noch?
(Lacht). Man hat schon noch Vorstellungen oder Träume. Aber die behält man doch für sich selber.
Und beruflich?
Das ist momentan schwierig, da etwas zu finden. Wenn man sich alles in allem 35 Jahre mit Radsport beschäftigt hat und der gerade in Deutschland am Tiefpunkt ist. Aber ich muss mich der Aufgabe stellen und suche natürlich jetzt auch neue Herausforderungen. Wie die aussehen könnten, weiß ich aber nicht.
Mit Olaf Ludwig sprach Thomas Badtke
Quelle: ntv.de