Paschke erneut auf Podium Deutsche Skispringer haben jetzt ihren "Flugsaurier"
17.12.2023, 18:29 Uhr
Pius Paschke.
(Foto: IMAGO/dieBildmanufaktur)
Mit 33 Jahren ganz oben: Pius Paschke gewinnt in Engelberg - als ältester Deutscher in der Geschichte des Skisprung-Weltcups. Am Tag darauf bestätigt er das Wintermärchen und springt erneut aufs Podium. Für die Tournee haben die Skispringer in den letzten Wochen ordentlich Selbstvertrauen getankt.
Pius Paschke ließ sich nicht lumpen und pfiff im Engelberger Teamhotel eine rauschende Partynacht an - für die Verhältnisse des ruhigen Routiniers rauschend freilich. "Eine Runde Bier für alle", kündigte der frischgebackene Weltcupsieger an: "Mehr packe ich eh nicht." Denn emotional verpacken musste der 33-Jährige vor allem, dass er zuvor ein sportliches Weihnachtsmärchen und vor allem Skisprunggeschichte geschrieben hatte.
"Im Moment ist das alles ein bisschen viel. Viele Gefühle, vieles durcheinander", sagte der Mann mit dem frommen Vornamen, der im deutschen Team immer ein wenig unter dem Label Lückenfüller lief, keine zwei Wochen vor dem Beginn der Vierschanzentournee aber auf einmal eine große Nummer ist: "Endlich zahlt es sich aus." Und wie: 24 Stunden nach seinem Premieren-Triumph sprang Paschke beim Sieg des Österreichers Stefan Kraft als Dritter erneut auf das Podest.
Nach Sieg am Samstag strahlen alle
Sein Coup am Samstag, als er im zweiten Durchgang von Platz sechs zu seinem ersten Weltcupsieg sprang, war einzigartig: Nie war ein Skispringer beim ersten Erfolg älter, zudem löste Paschke Jens Weißflog als ältesten deutschen Gewinner ab. Und praktisch alle freuten sich aufrichtig für den Bilderbuch-Sportsmann.
"Der Pius", sagte Teamkollege Andreas Wellinger, "ist einfach ein geiler Typ." Karl Geiger gönnte es seinem Kameraden "von Herzen. Bei seinem Durchhaltevermögen ist das mehr als verdient". Und selbst der dauercoole Bundestrainer Stefan Horngacher war gerührt: "Jeder weiß, welcher Fighter Pius ist, wie er immer zurückgekommen ist."
Eigentlich ist ein Typ wie Paschke, ist eine Karriere wie die seinige im Leistungssport Skispringen nicht vorgesehen. "Ich habe nie zwingend daran gedacht aufzuhören. Aber ich habe befürchtet, dass ich irgendwann zu alt bin und mich das System ausspuckt", sagte er einmal im Podcast "Flugshow".
128 Springen bis zum ersten Sieg
Mit fast 21 Jahren gab Paschke noch den Vorspringer im Weltcup, in einem Alter, in dem ein Wellinger schon seit rund drei Jahren Olympiasieger war. Daneben war Paschkes Heimat lange der Continental Cup, die zweite Liga des Skispringens, in der er weit über 200 Springen bestritt. Eine harte Schule, eine Knochenmühle. "Ich habe mir dort aber alles Schritt für Schritt erarbeitet, viel gelernt", sagte er: "Manchmal habe ich schon gedacht, puh, bis zum Weltcup, das ist ein weiter Weg. Aber ich habe immer das machen dürfen, was mir Spaß bereitet hat."
Und so blieb er dabei, während viele Teamkollegen hinschmissen. Und wurde spät belohnt: Ende 2017 holte Bundestrainer Werner Schuster den damals 27-Jährigen fix ins Weltcup-Team, Paschke biss sich fest, Erfolge tröpfelten ein: 2020 Team-Vizeweltmeister im Skifliegen, 2021 Team-Weltmeister, Ende November in Kuusamo das erste Weltcup-Podium und nun, im 128. Springen, der erste Sieg.
Als Mittdreißiger steht der Polizeivollzugsbeamte ("In Uniform werde ich nicht erkannt. Ohne Uniform aber auch nicht.") womöglich vor goldenen Jahren, der Sieg von Engelberg muss kein einsamer bleiben - der legendäre Flugsaurier Noriaki Kasai gewann noch mit 42 im Weltcup.
"Der Kasai von Kiefersfelden"
Und so geht Paschke jetzt auch die Tournee an wie bislang alles: ruhig, Schritt für Schritt, mit Urvertrauen. "Ich werde die gleichen Sachen machen, die jetzt auch funktionieren", sagt der "Kasai von Kiefersfelden": "Und dann schauen wir mal."
Und nicht nur Paschke, sondern fast alle deutschen Springer fahren mit viel Selbstvertrauen zur Tournee. Die beginnt mit dem ersten Wettkampf am 29. Dezember in Oberstdorf. Die mannschaftliche Geschlossenheit sowie die Konstanz sind beeindruckend und zeigen sich auch in Zahlen: In acht Wettkämpfen gelangen dem Team von Bundestrainer Horngacher insgesamt zehn Podestplätze. Noch besser als das DSV-Trio Andreas Wellinger, Karl Geiger und Paschke ist bislang nur Kraft. Der Tournee-Champion von 2015 liegt im Gesamtweltcup vorne. In Engelberg belegte er Platz drei und ließ einen Sieg folgen.
"Es ist halt immer so: Wenn der Stefan Kraft einen Sprung richtig gut trifft, wird es für alle schwer", sagte Horngacher über den Ausnahmesportler. Der Coach ist dennoch zuversichtlich. "Wir haben noch eine Woche Zeit, ein paar Dinge zu verbessern, und dann starten wir in die Tournee", sagte er und ergänzte: "Wir freuen uns drauf. Wir gehen es gelassen an. Wir sind gut in Form."
Quelle: ntv.de, sue/dpa/sid