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Blake Griffin beendet Karriere Die donnernde Dunk-Maschine schaltet sich für immer ab

Beim Slam-Dunk-Contest 2011 stopfte Blake Griffin den Ball über ein Auto hinweg in den Korb.

Beim Slam-Dunk-Contest 2011 stopfte Blake Griffin den Ball über ein Auto hinweg in den Korb.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Selten ist ein Name synonym mit einer Ära. Blake Griffin und seine "Lob City" Clippers waren eine Ausnahme, ein kulturelles Phänomen, das Massen in den Bann riss. Der ehemalige All-Star und Dunk-Champion zog jetzt einen Schlussstrich unter seine Karriere - unvollendet, aber dankbar.

Er war der König des NBA-Spektakels. Die Sendung "Sportscenter" auf ESPN mutierte zum unaufhörlichen Blake-Griffin-Highlight-Mixtape, seine atemberaubenden Dunks liefen weltweit auf Dauerschleife. Dank ihm wurde nicht nur das legendäre "Lob City" geboren, dank ihm schafften es die Los Angeles Clippers vom jahrzehntelangen Treppenwitz zu Respektabilität und sportlichem Erfolg (in der regulären Saison), zum ersten Mal überhaupt.

Unzählige Momente fallen ein, wann immer sein Name fällt: Alley-Oop-Galas mit CP3. Der Dunking über ein Auto während des All-Star-Wochenendes in Los Angeles. Air Jordan Werbespots. "The Blake face", als ihn Chris Pauls Sohn in einer Pressekonferenz nachäffte. Ikonische Poster gegen Kendrick Perkins, Pau Gasol oder Serge Ibaka.

Seine Persönlichkeit, sein Humor und seine selbstironische Art zementierten ihn als Publikumsliebling, ungeachtet seiner Ring-verbiegenden, der Schwerkraft trotzenden Flugeinlagen, die Fans, Medienleute und Mitspieler in jaulende Bewunderer verwandelten. Jetzt hat Blake Griffin seine aktive Basketballkarriere beendet. Der ehemalige Slam-Dunk-Champion zieht nach 14 Jahren, sechs All-Star-Nominierungen und unzähligen Höhen und Tiefen den Schlussstrich unter eine bewegende Profi-Laufbahn.

Modellathlet für Hollywood

Griffins steiler Aufstieg begann in der Einöde Oklahomas, wo der Modellathlet bereits im Schulalter als Basketball-, Football- und Baseball-Star begeisterte. An der Universität von Oklahoma avancierte er als Sophomore zum einstimmigen Spieler des Jahres - und zum begehrtesten Draftobjekt des Landes. Die L.A. Clippers gewannen seine Draft-Rechte und wählten ihn 2009 an erster Stelle aus. Die Clippers waren zu jenem Zeitpunkt der Running Gag der Liga, hatten während ihrer 25 Jahre in Los Angeles nur viermal die Postseason erreicht und eine einzige Playoff-Serie gewonnen. Griffin verpasste mit einer Knieverletzung die gesamte Saison 2009/10, übernahm aber ab 2010/11 die Liga. Und wie!

Mit 22,5 Punkten, 12,1 Rebounds und 3,8 Assists pro Partie zeigte der Highflyer eine der dominantesten Debüt-Saisons aller Zeiten und wurde einstimmig zum Rookie des Jahres gewählt - als erster Frischling seit David Robinson (1989-90). Fans und Experten waren hin und weg, Coaches hievten ihn auf Anhieb ins All-Star-Team der Western Conference - als ersten Rookie seit Tim Duncan 1998. Beim All-Star-Wochenende in Los Angeles gewann er den Slam-Dunk-Contest, als er über ein unter dem Korb geparktes Auto flog.

Chris Paul (links) und Blake Griffin machten die Clippers vom Versager- zum Vorzeige-Team.

Chris Paul (links) und Blake Griffin machten die Clippers vom Versager- zum Vorzeige-Team.

(Foto: imago images/ZUMA Wire)

Die Ankunft von All-NBA-Point-Guard Chris Paul im folgenden Sommer änderte alles für diesen chronisch erfolglosen Klub: Die Clips gewannen sechsmal in Folge mehr als 60 Prozent ihrer Partien, erreichten sechsmal in Folge die Playoffs und etablierten sich als eines der besten Teams der NBA. Chronisches Verletzungspech verhinderte zwar den ultimativen Durchbruch in den Playoffs, aber "Lob City" war geboren - ein heute legendäres Synonym für den frei-fließenden, spielfreudig-attraktiven Basketball dieser Truppe, die häufiger als alle anderen über Ringniveau abschloss und die NBA-Diaspora Abend für Abend aus dem Sessel riss.

Gleichzeitig machten Griffin, CP3 & Co. die Clippers cool und angesagt. Endlich war dieses Team keine Lachnummer mehr, sondern eine zweite, respektable Destination in der Stadt der Engel, wo die Lakers seit jeher den Ton angaben. Nebenbei entwickelte sich eine gesunde, flammende Rivalität zwischen den beiden Mitbewohnern im Staples Center, die bis heute anhält.

Die Donald-Sterling-Saga

Doch was folgte, war einer der größten Skandale aller Zeiten im US-Profisport: 2014 tauchten Tonband-Mitschnitte des damaligen Clippers-Bosses Donald Sterling auf, der seiner Geliebten verbieten wollte, "schwarze Männer zu meinen Spielen" (O-Ton) zu bringen. Ein Teambesitzer in der National Basketball Association, ohnehin berüchtigt für seine kontroverse, asoziale und geizig-knauserige Art, der sich offen rassistisch äußerte - das sprengte den Rahmen.

Griffins Dunk über Kendrick Perkins ist legendär.

Griffins Dunk über Kendrick Perkins ist legendär.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Sterling war der Liga nicht nur aufgrund seiner anhaltenden Inkompetenz in 33 Jahren als "Owner" ein Dorn im Auge gewesen. Die Besucherzahlen bei Clippers-Heimspielen waren stets die niedrigsten. Der Klub sparte Geld, wo immer es ging. Sterlings Name tauchte in zahlreichen Anti-Diskriminierungsklagen auf, sowohl bei seinen Privatgeschäften, als auch von ehemaligen Team-Angestellten wie dem Hall-of-Famer Elgin Baylor. Sterling nannte schwarze Mieter in seinen Sozialwohnungen "Stinker, die Ungeziefer anziehen"; seinem einstigen General Manager Baylor soll er die Direktive erteilt haben, ein "ganz besonderes Team" zusammenzustellen, das ausschließlich aus "armen, schwarzen Youngstern aus dem Süden besteht, gecoacht von einem weißen Mann". Seine Plantagenbesitzer-Mentalität und lüsterne Art zeigte sich auch in der Umkleidekabine und bei seinen zahlreichen Partys, wo er seine Spieler zur Schau stellte, während er offen mit ihren Körpern und sexuellen Vorzügen prahlte.

Als die Audio-Aufnahmen an die Öffentlichkeit gelangten, standen die Clippers inmitten ihrer Playoff-Serie gegen Golden State. Die meisten Team-Sponsoren kündigten innerhalb von 48 Stunden ihre Engagements mit dem Klub, Coach Doc Rivers reichte seinen Rücktritt ein, sollte Sterling weiterhin Teambesitzer bleiben. Angeführt von Griffin inszenierten die Spieler einen öffentlichen Protest, als sie vor Spiel vier gegen die Warriors ihre Clippers-Trainingsanzüge demonstrativ auf links wendeten und in einen Haufen an der Spielfeldmitte warfen. Die Öffentlichkeit nahm Notiz, selbst US-Präsident Barack Obama meldete sich zu Wort. Der neue Commissioner Adam Silver suspendierte Sterling lebenslang und zwang ihn zum Verkauf der Franchise.

Karriereabend und Vermächtnis

Der ehemalige Microsoft-Boss Steve Ballmer, einer der reichsten Menschen der Welt, kaufte die Clippers wenige Wochen später für zwei Milliarden US-Dollar - damals der höchste je gezahlte Preis aller Zeiten für einen NBA-Klub. Griffin hatte sie zu jenem Zeitpunkt längst in eine Destination verwandelt. Stars wie Kawhi Leonard, Paul George und James Harden sollten nicht viel später anheuern und helfen, die Erfolgsstory weiterzuschreiben. "Wir waren die alten Clippers", sagte Griffin einst. "Wir waren ein Gespött in den Augen der Öffentlichkeit. Sie lachten uns alle aus." Der Bolide und die Lob-City-Clippers änderten dieses Narrativ für immer. Seit Griffins Profidebüt hat nur ein Team mehr Spiele in der regulären Saison gewonnen (Golden State), nur drei haben seit 2012 mehr Playoff-Partien absolviert.

Seine Präsenz wirkt nach - auch wenn der ganz große Erfolg stets ausblieb. Wie viele Superstars vor ihm schaffte es auch Griffin nie, den NBA-Titel zu gewinnen. Als ihn die Clippers im Januar 2018 nach Detroit tradeten, hatten ihn jahrelange Verletzungsprobleme längst seiner Explosivität und unvergleichlichen Sprungkraft beraubt. Er stellte sein Spiel radikal um, entwickelte quasi über Nacht einen halbwegs verlässlichen Dreierwurf und reifte zu einem der komplettesten Stars der Liga. 2018/19 führte er komplett überforderte Pistons weitestgehend im Alleingang in die Playoffs und schaffte nach vier Jahren die Rückkehr ins All-Star- und All-NBA Team. Es sollte seine letzte Hochwassermarke bleiben. Letzte Stationen als Rollenspieler in Brooklyn und Boston signalisierten den langsamen Fade-Out in einer markanten Karriere.

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Ob Blake Griffin ein sicherer Hall-of-Famer ist, darüber werden sich Experten und Gatekeeper in den kommenden Jahren streiten. Nicht zu bestreiten ist hingegen sein Vermächtnis in der NBA-Geschichte. Sowohl als einer der besten und gefürchtetsten Dunker aller Zeiten, neben Legenden wie Michael Jordan, Vince Carter, Dominique Wilkins, Shawn Kemp oder Julius Erving. Als auch in sportkultureller Hinsicht. Er veränderte die öffentliche Wahrnehmung der L.A. Clippers und war einer der Protagonisten während der Sterling-Saga, die ebenfalls eine Trendwende symbolisierte, in der Art und Weise, wie die Liga mit problematischen Teambesitzern umgeht (Suns-Owner Robert Sarver musste seinen Klub im Jahr 2022 nach rassistischen und sexistischen Äußerungen ebenfalls verkaufen).

Griffin war stets mehr als donnernde Dunks und Elite-Statistiken. Er stand für die emotionalen und menschlichen Aspekte des Basketballs. Die Höhen und Erfolge nahm er ebenso stoisch an wie die vielen Verletzungen und Rückschläge, sowie das immerwährende Scheitern vor dem ultimativen Ziel Meisterschaft. Am Ende überwiegt für ihn - allen Wehen zum Trotz - "tiefe Dankbarkeit für alles, die Siege und Auszeichnungen, die Strapazen und Lektionen". Griffin beendet seine Karriere mit durchschnittlich 19,0 Punkten, 8,0 Rebounds und 4,0 Assists pro Spiel.

Quelle: ntv.de

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