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Fans treiben Schotten in WahnsinnDie verstörende Geschichte hinter dem Darts-Eklat des Jahres

16.12.2025, 11:08 Uhr
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Cameron Menzies verpasst mal wieder das Doppelfeld. (Foto: IMAGO/Action Plus)

Er verlor die Kontrolle. Er schlug gegen einen Tisch. Er verschwand mit blutiger Hand. Doch Cameron Menzies ist, so legt ein Medienbericht in England nun nahe, kein Wut-Monster, sondern ein Produkt einer toxischen Fankultur im Darts. Diese zeigt sich besonders bei der laufenden WM in London.

Als der Schotte Cameron Menzies nach seiner 2:3-Niederlage gegen den Engländer Charlie Mamby die Kontrolle verlor und mit voller Wucht auf seinen Tisch schlug, Wasserflaschen und andere Dinge herunterfielen, da hatte die Darts-WM ihren ersten Eklat. Der 36-jährige Schotte hatte sich danebenbenommen, seine Emotionen hatten ihn an einen wütenden Ort geführt und es blieb ihm nur der Rückzug.

"Ich möchte mich entschuldigen. Es gibt dafür keine Entschuldigung, aber ich hatte zuletzt keine einfache Zeit", ließ er den übertragenden Sender Sky in einer eilends zusammengeflickten Stellungnahme verkünden. "Mein Onkel Gary ist kürzlich verstorben. Hätte ich gegen Charlie gewonnen, wäre mein zweites Match am Tag seiner Beerdigung gewesen. Das ist nicht spurlos an mir vorbeigegangen."

Eine Ermahnung des Schiedsrichters Kirk Bevins und laute Buhrufe aus dem Saal hatten ihn zuvor mit blutiger Hand von der Bühne gespült. Menzies war am Ende. Hinter ihm schritt Matt Porter, der Boss der Professional Darts Corporation (PDC). Wut und Blut wurden mit Häme beantwortet. Das johlende Publikum bekam den Buhmann, den es sich zuvor mit ergiebiger Parteinahme produziert hatte.

"Die dunkelste Zeit in meinem Leben"

Doch das Bild enthüllte nicht die ganze Geschichte, berichtet nun der englische "Guardian". Die Geschichte dahinter ist eine der dunklen Frustration und eine, die sich im Vorjahr bei einer 1:3-Niederlage in der ersten Runde der letztjährigen Darts-WM entwickelte.

Damals verlor Menzies gegen den Außenseiter Leonard Gates. Der Texaner bekam die Liebe des Publikums und Menzies den Rest. Er wurde verhöhnt, als er die Double-Felder nicht traf und bald auch, als er die Singles verpasst. Nach seiner Niederlage verließ er die Bühne in Tränen. "Schottland wird vermöbelt, egal, wo sie hinkommen", sangen die Engländer und im Krankenhaus lag sein Vater nach einer schweren Herzoperation.

"Letztes Jahr, das war die dunkelste Zeit in meinem Leben", erzählte Menzies noch in der vergangenen Woche in einem Podcast. "So schlimm kann es in diesem Jahr überhaupt nicht werden." Da wusste er noch nicht, was auf ihn zukommen würde, war einigermaßen guter Dinge. Im Zuge der Ereignisse hatte der Schotte Hilfe bei einem Sportpsychologen gesucht. So richtig euphorisch klang er im Podcast trotzdem nicht. "Ich habe jetzt mehr positive als negative Gedanken", sagte er. "Es hat geholfen, aber es ist noch ein langer, langer Weg."

Ein Eklat, der tolle Bilder produziert

Dieser lange Weg nun führte ihn in die erste Runde und den ihm gegenüber offen feindseligen Alexandra Palace. Was andere Darts-Profis aushalten, hielt die Nummer 26 der Welt nicht aus. Der Saal bemerkte das und freute sich darüber, das Spiel gegen den jungen Engländer Mamby zu kippen.

Die Stimmung kippte in Richtung Wahnsinn, nahm den kommenden Untergang voraus. Menzies wurde immer nervöser, verlor die Kontrolle über sein Spiel und seine Gedanken. Als Mamby Match-Darts vergab, verzweifelte Menzies. Der Schotte verrechnete sich, vergab den Ausgleich und verlor erst das Spiel und dann die Kontrolle.

"Das ist die dunkle Seite des Dartsports", schrieb der "Guardian". "Man nehme einen Mann mit einer Vorgeschichte psychischer Probleme, platziere ihn vor einem Publikum, das seinen Schmerz genau kennt, addiere ein paar Biere und etwas englischen Nationalismus, und schau einfach was passiert." In diesem Fall: Ein Eklat, der zudem spektakuläre Bilder produziert. Was er mit dem Anti-Helden des Alexandra Palace macht, ist da nachrangig.

Quelle: ntv.de, sue

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