Anwärter auf Nadals Tennis-Thron Djokovic bleibt unbesiegbar
04.04.2011, 14:29 Uhr
In einem hochklassigen Endspiel war Novak Djokovic in Miami gegen Rafael Nadal der Bessere, schon wieder.
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Das Jahr 2011 ist für Tennisprofi Novak Djokovic bisher ein einziger Superlativ. Im Traumfinale von Miami feiert der 23-jährige Serbe gegen den Weltranglisten-Ersten Rafael Nadal seinen 24. Sieg in Folge und schickt Roger Federer aufs Altenteil. Djokovic gegen Nadal ist der neue Klassiker im Herrentennis.

Erschöpft und erfolglos: Nadal konnte die unglaubliche Siegesserie von Djokovic nicht beenden.
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Nach dem Endspiel in Miami war Rafael Nadal "fix und fertig". Der Spanier liebt Duelle bis zur totalen Erschöpfung, doch glücklich war er diesmal nicht. Genau 3:21 Stunden hatte Nadal vor 14.625 Zuschauern hochklassiges Tennis geboten, hatte sich und dem Gegner alles abverlangt und dann doch einsehen müssen, dass Novak Djokovic derzeit einfach unbezwingbar ist. Auch für ihn, die unumstrittene Nummer eins der Weltrangliste.
Mit 4:6, 6:3, 7:6 (7:4) triumphierte der Serbe gegen den spanischen Dauerläufer und setzte damit seine unglaubliche Siegesserie im Jahr 2011 fort. Der Sieg in Miami war nicht nur der zweite Finaltriumph in Serie gegen Nadal, den er schon vor zwei Wochen im Endspiel von Indian Wells bezwungen hatte. Es war auch Djokovic' 24. Einzel-Sieg hintereinander.
Historisch guter Saisonstart
In der aktuellen Saison ist der 23-Jährige damit weiter ungeschlagen. Er hat die Australian Open dominiert und auch in Dubai gewonnen, er ist historisch gut in die neue Saison gestartet. Nur John McEnroe (39 Siege in Folge im Jahr 1984) und Ivan Lendl (25 Siege 1986) gelangen in den letzten 30 Jahren längere Erfolgsserien.
Das Finale in Miami ließ nicht nur den geschlagenen Nadal total erschöpft zurück, auch Sieger Djokovic war anschließend völlig ausgelaugt: "Ich wusste bis zum letzten Punkt nicht, wie es ausgehen wird. Er war im ersten Durchgang klar der bessere Spieler. Ich bin anschließend besser in die Partie gekommen. Das war das beste Match, dass ich bislang gespielt habe." Zwei Matchbälle vergab er gegen Nadal, der nach eigener Einschätzung seine "wahrscheinlich beste Hartplatz-Saison in den USA" gespielt und im Halbfinale Roger Federer demontiert hatte.
Den dritten nutzte er mit einer präzisen Vorhand, sie unterstrich eindrucksvoll seine derzeitige Ausnahmestellung im Herrentennis auf Hartplätzen. Dass sich Djokovic vom verlorenen Auftaktsatz und zwei demolierten Schlägern nicht aus der Fassung bringen ließ, ist einer der Gründe, warum der Serbe im Jahr 2011 noch nicht verloren hat. Die mentale Wankelmütigkeit der vergangenen Jahre hat Djokovic überwunden. Rückschläge bringen ihn nicht mehr aus dem Konzept, sie stacheln ihn an.
"Großer Willen, Spiele zu gewinnen"

Spielerisch gereift, mental gefestigt: Djokovic bringen Rückschläge nicht mehr aus dem Konzept.
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"Ich spiele mit sehr viel Selbstvertrauen, habe auf dem Platz ein gutes Gefühl für den Ball. Und ich habe den großen Willen, Spiele zu gewinnen", antwortet Djokovic, wenn er seine Erfolgsserie mit vier Turniersiegen binnen 64 Tagen erklären soll. Praktisch unmöglich sei es für ihn derzeit, den Ball nicht optimal zu treffen: "Ich sehe den Ball fliegen und er ist so groß wie eine Wassermelone."
Die Zeiten, in denen Djokovic die Fans vor allem mit seinen erstaunlich guten Parodien anderer Tennisspieler begeisterte, sind vorbei. Nach seinem ersten Gewinn der Australian Open 2008, einem Triumph der Unbekümmertheit, hat er endlich auf hohem Niveau Konstanz in sein Spiel gebracht. Er ist reifer geworden und hat sich zu einem kompletten Spieler entwickelt. Djokovic hat einen starken Aufschlag und ist nach wie vor ein exzellenter Konterspieler. Inzwischen versteht er es aber auch vorzüglich, offensiv Tempo und Rhythmus eines Spiels zu diktieren. Zudem hat er die Fitness und die Finesse, um auch lange Ballwechsel zu dominieren und zu gewinnen, selbst gegen Dauerläufer Nadal.
Federer auf dem Abstellgleis
Mit seinem erneuten Finalsieg über den Spanier hat Djokovic letzte Zweifel daran beseitigt, wer künftig Nadals Hauptrivale ist. Nicht länger Roger Federer, der das Herrentennis gemeinsam mit Nadal in den vergangenen Jahren dominiert und sämtliche Rekorde gebrochen hat, dem jetzt aber sein Alter zu schaffen macht. Auch nicht der unglaublich begabte Schotte Andy Murray, der nach seiner demütigenden Finalniederlage bei den Australian Open gegen Djokovic scheinbar das Tennisspielen verlernt hat.

Das Duell Nadal gegen Djokovic wird der neue Klassiker im Herrentennis. Wer siegt, ist völlig offen.
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Der neue Klassiker im Herrentennis heißt Djokovic gegen Nadal. Nr. 2 der Welt gegen die Nr. 1, in welcher Konstellation auch immer. Während Djokovic Gedanken an den Sprung auf den Tennis-Thron noch abwehrt, spricht Nadal Klartext: "Es ist zwar nicht so, dass ich seinen Atem im Nacken spüre. Aber Novak wird die Nummer eins werden. Ob in einem Monat, in anderthalb oder in zwei, das hängt auch von mir und meinen Ergebnissen auf Sand ab."
Die Saison auf der roten Asche beginnt in der nächsten Woche mit dem Turnier in Monte Carlo, das Nadal bisher sechs Mal gewonnen hat. Es folgen Madrid und Rom sowie Ende Mai die French Open in Paris. Zwei Wochen später steht dann schon der Rasenklassiker in Wimbledon an und bei all diesen Turnieren ist Nadal der Titelverteidiger.
Bis Wimbledon hat der Spanier in der Rangliste mehr als 7000 Punkte zu verteidigen. Da Allrounder Djokovic 2010 eine ungewöhnlich schwache Sandsaison gespielt und bei keinem dieser Turniere im Endspiel gestanden hatte, stehen die Chancen für den Serben gut, seinen Rückstand von 3170 Zählern auf Nadal wenigstens zu verkürzen. Zumindest einen Sieg gegen den Spanier auf Sand traut sich Djokovic 2011 durchaus zu: "Ich denke, ich habe das Spiel, um Rafa auch auf diesem Belag zu fordern." Es wäre eine Premiere. Eine Überraschung wäre es nach diesem Saisonstart nicht mehr.
Quelle: ntv.de