Massenarbeitslosigkeit im Radsport "Ein Klöden findet immer Platz"
17.08.2007, 17:55 UhrWenn in knapp zwei Monaten die Radsport-Saison zu Ende geht, wird es zum großen Stühlerücken kommen. Mehr als 100 Profis könnten als Folge der Doping-Skandale dann ohne Job dastehen, unter ihnen womöglich so namhafte Stars wie Toursieger Alberto Contador, der Tour-Dritte Levi Leipheimer, Deutschlands bester Rundfahrer Andreas Klöden oder auch Vize-Weltmeister Erik Zabel.
Der Ausstieg der beiden ProTour-Teams Discovery Channel und Unibet steht bereits fest, eine Zukunft des Teams Astana erscheint unwahrscheinlich, bei Milram wird das Sponsoring für Zabel und Co. überprüft. Aus deutscher Sicht kommt erschwerend hinzu, dass das zweitklassige Wiesenhof-Team - in der Vergangenheit häufig Auffangbecken einheimischer Fahrer - ebenfalls aufhört.
Fehler, zu Astana zu gehen
Auf Klöden-Berater Tony Rominger warten wieder einmal zähe Verhandlungsrunden, auch wenn der Schweizer sagt: "Andreas findet immer einen Platz." Gleichwohl räumt der frühere Tour-Zweite ein: "Wenn man die Entwicklung betrachtet, war es ein Fehler, zu Astana zu gehen. Er hätte wohl doch besser das Angebot von T-Mobile angenommen, aber im Nachhinein ist man immer schlauer."
Dass die Bonner wieder eine Option für Klödens Zukunft sind, stellt Rominger ("Ein gut strukturiertes Team") nicht in Frage. Ob ein mögliches Interesse auf Gegenliebe stoßen würde, ist jedoch eher fraglich. "Das ist momentan absolut kein Thema", sagt Telekom-Kommunikationschef Christian Frommert. Klödens genervte Reaktionen zum Thema Doping scheinen schwer vereinbar mit dem resoluten Kampf für einen sauberen Sport des Rennstalls.
Toursieger Contador noch ohne Team
T-Mobile wird in den nächsten Wochen und Monaten im Zentrum der Spekulationen stehen. "Wir machen bis 2010 weiter, da werden sich viele Fahrer bei uns ins Gespräch bringen", prophezeit Frommert. Kaum ein Team kann derzeit ein ähnlich lange Vertragslaufzeit garantieren.
Ende 2008 steigt auch Credit Agricole aus, zudem laufen die Verträge von Gerolsteiner, CSC und Cofidis aus. "Natürlich hat man Pläne in der Hinterhand", sagt Gerolsteiner-Teamchef zum möglichen Fall, dass die Entscheidung des Getränke-Konzerns Ende August über eine Vertragsverlängerung negativ ausfällt: "Aber allzu zuversichtlich sollte man bei der Sponsorensuche nicht sein."
Davon weiß Johan Bruyneel ein Lied zu singen. Der Discovery-Teamchef war monatelang auf der Suche nach einem Geldgeber - ohne Erfolg. Und das, obwohl das Team in den letzten neun Jahren gleich achtmal die Tour de France gewann. "Ich hatte viele Gespräche mit Unternehmen. Aber die Situation im Radsport ist so schlecht, dass keiner etwas mit uns zu tun haben will", klagte der Belgier.
Für Toursieger Contador dürfte die Suche nach einem neuen Team trotz seiner Klasse nicht ganz einfach sein. Wegen anhaltender Spekulationen um seine - wenn auch vehement bestrittene - Verbindung zum Dopingarzt Eufemiano Fuentes stehen die Chancen, bei einem seriösen Team unterzukommen, eher schlecht.
Schaulaufen ist eröffnet
Auf Werbetour befindet sich neben Discovery-Profi Leipheimer, der nach eigenen Angaben auf dem "Höhepunkt seiner Karriere" steht, auch Michael Rasmussen. Der Däne, der während der Tour von Rabobank entlassen worden war, ließ sich schon vorsorglich am Rande der Deutschland-Tour sehen: Das Schaulaufen der Radprofis ist eröffnet.
von Stefan Tabeling, sid
Quelle: ntv.de